Jean Paul Zitate
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Der aus dem gemeinen kriechenden Stand Emporgekommene will stolz sein und kann es nicht, und ihm entfährt immer Höflichkeit gegen die alten Gegenstände.
Die Leserinnen eines Dichters sind alle seine heimlichen Liebhaberinnen – die Jünglinge machen es mit Dichterinnen auch nicht besser -.
Alles Vergnügen kommt von ungefähr und fället aus den Wolken; an dem, das man lange erwartet, ist selten viel.
Der Autor vermengt das Vergnügen, das ihm ein Buch als Künstler gibt, mit dem, das es andern als Lesern gibt.
Niemand könnte sich verhaßter und langweiliger machen als einer, der in allen Sozietäten Menschen nur lobte.
Willst du die Mängel deiner guten zukünftigen Frau leicht voraus wissen, so gib nur auf diejenigen Acht, welcher der Braut von den Eltern und Geschwistern, oft nur leise und lächelnd vorgeworfen werden. Diese folgen ihr als die gewisseste Mtgift.
Man kann gegen ein Laster mit dem größten Nachdruck predigen und es doch ausüben, ohne zu heucheln.
Die verschiedenen Erden und Nebenerden über und um uns sind nur entferntere Weltteile; der Mond ist nur ein kleineres entlegneres Amerika, und der Äther ist das Weltmeer.
Die Leidenschaft macht die besten Beobachtungen und die elendesten Schlüsse. Sie ist ein Fernrohr, dessen Feld desto heller, je enger es ist.
Der Eitelkeit oder ihrem Scheine entgeht niemand, wenn ihn nicht eine große Idee erfüllt, die ihn gegen sein Selbst verblendet.
So hetzt einen Menschen eine einzige Lüge in Irrgängen herum; es ist eben so unmöglich, mit einer Lüge, als mit einer Kinder-Blatter durchzukommen: eine überdeckt den ganzen Menschen mit Pocken-Materie.
Keine Versprechungen werden schwerer und später gehalten als die, bei welchen die Zeit der Erfüllung nicht bestimmt ist. Daher geben viele oft dem Freunde das geborgte Geld nicht zurück.
Man muß nicht seine Vorzüge auskramen, um den andern zu gewinnen, sondern ihn gewinnen, um jene auszukramen. Die Höflichkeit etc., womit ich jemand aufnehme, ist die Grundierung, worauf er mein Bild aufträgt.
Individualität ist überall zu schonen und zu ehren als Wurzel jedes Guten. Ich bin, was ich bin, und werde schwerlich anders.
Die Stöße, die uns der Wagen des Schicksals gibt, lassen unser Inneres noch in Ruhe und Gleichmut. Aber Wunden, die uns der Mensch, seine Meinung und Betragen gegen uns gibt, wirren in uns alles durcheinander. Das Ich fühlt sich von seinesgleichen erschüttert.
Die Ministerin war im Gespräche […] auf den Satz geraten, daß Kindern keine Schule nötiger sei als die der Geduld, weil entweder der Wille in der Kindheit gebrochen werde oder im Alter das Herz.
Die Kraftlosigkeit liebt Gesetzlosigkeit, denn nicht die Schwäche, nur die Kraft will immer dasselbe, und dasselbe heißt eben Gesetz.
Man will nicht nach seinem Äußerlichen geschätzt sein, und andre schätzt man doch mit den Augen.
Es ist falsch, daß gewisse Laster einen großen Geist beweisen. Nicht das Laster selbst, sondern die Mittel, durch die man es ausübt, bestätigen die Größe.
Es gibt eine wichtige ungeheure Weltgeschichte, die der Sterbenden; aber auf der Erde werden uns ihre Blätter nicht aufgeschlagen.
Kraft und Liebe sind zwei Gegensätze des inneren Menschen; aber Religion ist die göttliche Gleichsetzung beider und der Mensch im Menschen.
Stets zwischen zwei Disteln reift die Ananas. Aber stets zwischen zwei Ananassen reift unsere stechende Gegenwart, zwischen der Erinnerung und der Hoffnung.
Es ist leichter, die Menschen zu lieben, als zu ertragen – viele heftig zu lieben, als keinen zu hassen.