Johann Wilhelm Ludwig Gleim Zitate
seite 1

Zurück ins schon gelebte Leben Sieh selten nur, wenn’s traurig macht, Und, Rechenschaft davon zu geben, Dir nicht das Herze lacht!

Tugend und Freude Sind ewig verwandt: Es knüpfet sie beide Ein himmlisches Band.

Erkenne, suche, lieb‘ und ehre, was gut und schön ist, und vermehre nach Möglichkeit mit weiser Wahl des Guten und des Schönen Zahl! Das ist die ganze Sittenlehre.

Der ist ein Stolzer, der in sich Bescheidenheit nicht sucht, Und sucht er sie, nicht findet! Stolz macht uns klein und lächerlich, Und groß ist, wer ihn überwindet!

Ob du von Adel seist, ob nicht? ist nicht die Frage; die Frag‘ ist, ob du edel seist.

Wer Samenkörner streut, der nehme sich in Acht, daß ihm es einmal nicht gereue! Welch Unglück haben in die Reihe Der Dinge Worte nicht gebracht!

Siehst du vom hohen Harz ein Ungewitter kommen, Geh deinen Weg mit schellerm Schritt! Und hast du guten Muth mit auf den Weg genommen, So nimm ihn weiter mit!

Du lebst für dich allein, willst nicht für andre leben! Solch Leben lebt‘ ich nicht, und wolltest du sogleich Mir deine Tonnen Goldes geben; Was wär’s? Ich wäre ja nur reich!

Wer’s ehrlich meint mit sich, der hasse Selbst-Betrüger, Wer klug sich dünkt, der wird nicht klüger!

Auf deine Schultern nimm nicht eine dir zu schwere, Dem Esel aber leichte Last! Bei Stärkern, die dich sehn, gereicht’s dir nicht zur Ehre, Daß deine Kraft du nicht vorher gemessen hast.

Welche Freude, welche Freude Kann des Menschen Herz empfinden, Wenn es noch unschuldig ist.

Es finde dich der Tod im Garten, auf dem Wall, Zu Haus im Schlaf-Rock, oder auch auf Reisen, Heiß ihn willkommen überall, Er läßt sich doch nicht weiter weisen.

Nur wer glücklich ist, kann glücklich machen. Wer’s tut, vermehrt sein eignes Glück.

Ist Böses wohl geschehen, ist Gutes unterblieben? Die Götter können dich, du selbst kannst dich nicht lieben!

Was ich nicht kann, das laß‘ ich bleiben, Sprach Peter Squenz, mit sich vergnügt; Ich konnte niemals Prosa schreiben. Beweist sein Vers nicht, daß er lügt?

Du Denker! Denker! Du mußt nicht zufrieden seyn, Bis der Gedanke steht so vest wie Marmorstein!

Wer Wohltat dir erwies, sei deines Danks gewiß: Die du erwiesest, die vergiß.

Das Senf-Korn, zornig hingeschmissen In Deinen Haufen Weizen-Korn, Wirst, wenn du’s suchen willst, Du lange suchen müßen! Such es! und strafe dich! und hüte dich vor Zorn!

Bist du der weise Mann, der seines Willens König Seyn lehrt, so sei es selbst; thu viel, und rede wenig!

Verliere deinen Freund um keinen kleinen Zwist; Wenn aber sein Vergehn kein kleiner Fehler ist, Wenn seinem Herzen Gift am hellen Tag entschlüpfte, Dann reiß‘ das Band entzwei, das dich an ihn verknüpfte!

Der ist ein edler Mann, der seines Tuns sich freuet Und vieles tat, und den von allem nichts gereuet.

Geh, wo du gehen kannst, die goldne Mittelstraße, und miß der Dinge Wert mit ihrem rechten Maße.

Das Leben ist ein Spiel, wie alle Spiele sind: Wer’s nicht versteht, verliert, Und wer’s versteht, gewinnt.

Ob ich in Gottes Welt, der ungeheuren Einen, Ein Sand-Korn oder Plato bin, Ist gleichviel nicht, sollt‘ ich meinen!

Sprich nicht viel; die Welt ist schlimm. Sie lockt dich aus, Sie forscht dich aus, Sie bringt’s heraus, Dies ist ihr Ziel – sprich nicht viel!

Das Unglück ist ein Sturm, das Glück ein Sonnen-Blick, Ertrage, wenn du kannst, das Unglück wie das Glück.

Dem, der sich weise dünkt, dem sag auf’s leiseste: Wer sich zu weise dünkt, ist nicht der weiseste!

Du kannst verlornes Geld erwerben, Kannst Güter wieder erben; Verlornen Namen stellt kein König wieder her!

Warum ist auf der Welt die Zahl der Klugen klein? – Weil’s so bequem ist, dumm zu sein.

Unterm Arm die krumme Sichel, Gehen wir ins Feld, Mit der Harke, mit dem Stichel Gehen wir ins Feld!

Beiseit mit der Geburt; ich frage: Was du bist? Man ist ja das nicht selbst, was man geboren ist.

Die Menschen, die du liebst, und die dich wieder lieben, Bewahr‘ dir Gott für Armut und vor Neid; Die schwerste Tugend auszuüben Ist die Dankbarkeit!

Wirken, Schöpfer sein des Guten, oder auch des Schönen, das, o Mensch, ist, „Gott gefallen, ist Verdienst“.

An jeden Ort, wohin du gehest, Nimm deinen Maaßstab mit, zum Schmaus, zum Tanz, zum Spiel; Und fügt sichs, daß du stille stehest, Dann frage: War’s zu viel?

Dahin gelassen gehn, wohin das Schicksal zieht, Soll jeder, der den Faden sieht.

Siehst du das falsche Glück dir lächeln oder lachen, So denk‘, o Mensch, wie gut du bist, Und sorge, daß es dir nicht etwa schädlich ist, Glück muß uns ja nicht schlechter machen!

Der ist ein schlechter Mann, der immer seinen Mund zum Reden offen hat, und immer ohne Grund!

Die Laster stritten, wer von ihnen am eifrigsten gewesen sei, dem Bösen auf der Welt zu dienen; den Preis erhielt die Heuchelei.

Die Weisheit, welche nicht, Wie du, verständlich spricht, Die laß nicht in dein Haus: Sie gibt sich nur für Weisheit aus!

Ein Leben haben wir, und dies nur eine Leben, Dies, dies verschwenden wir im blinden Ohngefähr! Als wärs zu sparsamer Benutzung nicht gegeben, Als wenn’s das zwanzigste von tausend Leben wär‘!