Johann Wolfgang von Goethe Zitate
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Das unmittelbare Gewahrwerden der Urphänomene versetzt uns in eine Art von Angst: wir fühlen unsere Unzulänglichkeit; nur durch das ewige Spiel der Empirie belebt, erfreuen sie uns.
Hoffnung! O, der süße einzige Balsam des Lebens bezaubert oft meine Seele.
Wenn man so den moralischen Schneeballen seines Ich ein Jahr weiter gewälzt hat, er hat doch um ein Gutes zugenommen. Gott verhüte Tauwetter.
Zu allen Zeiten sind es nur die Individuen, welche für die Wissenschaft gewirkt, nicht das Zeitalter. Das Zeitalter war’s, das den Sokrates durch Gift hinrichtete, das Zeitalter, das Hussen verbrannte: die Zeitalter sind sich immer gleichgeblieben.
Die Symbolik verwandelt die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild, und so, daß die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe.
Man kann die Menschen sehr leicht durch tolle und unschickliche Darstellungen irre machen; aber man lege ihnen das Vernünftige und Schicksale auf eine interessante Weise vor, so werden sie gewiß danach greifen.
… wie denn die alte Natur fort und fort überall Neues und Dauerndes hervorbringt…
Das letzte Brett, das mich hinüberführt, Soll meiner Freiheit erste Stufe werden!
Verwaiste Väter sind beklagenswert, Allein verwaiste Kinder sind es mehr.
Ich mag nun von gar nichts mehr wissen als etwas hervorzubringen und meinen Sinn recht zu üben. Ich liege an dieser Krankheit von Jugend auf krank, und gebe Gott, dass sie sich einmal auflöse.
Diejenigen, die das einzige grundklare Licht aus farbigen Lichtern zusammensetzen, sind die eigentlichen Obskuranten.
Schreibe nur, wie du reden würdest, und so wirst du einen guten Brief schreiben.
Es bleibt wohl dabei, meine Lieben, daß ich ein Mensch bin, der von der Mühe lebt.
Ihr alle fühlt geheimes Wirken Der ewig waltenden Natur, Und aus den untersten Bezirken Schmiegt sich herauf lebend’ge Spur.
Übrigens gehorchen die niederen Monaden* einer höheren, weil sie eben gehorchen müssen, nicht aber, dass es ihnen besonders zum Vergnügen gereichte. Es geht dieses auch im ganzen sehr natürlich zu.
Ein verständiger Mensch ist viel für sich, aber für das Ganze ist er wenig.
Wenn ich nicht sinnen oder dichten soll, so ist das Leben mir kein Leben mehr.
Das artige Wesen, das, entzückt, sich selbst und andre gern beglückt, das möchte ich Seele nennen.
Laß mein Aug den Abschied sagen, Den mein Mund nicht nehmen kann! Schwer, wie schwer ist er zu tragen, Und ich bin doch sonst ein Mann.
Alt ist das Wort, doch bleibet hoch und wahr der Sinn, Dass Scham und Schönheit nie zusammen, Hand in Hand, Den Weg verfolgen über der Erde grünen Pfad.
Das Lebendige hat die Gabe, sich nach den vielfältigsten Bedingungen äußerer Einflüsse zu bequemen und doch eine gewisse errungene entschiedene Selbständigkeit nicht aufzugeben.
In ganz gemeinen Dingen hängt viel von Wahl und Wollen ab; das Höchste, was uns begegnet, kommt wer weiß woher.
Nicht größern Vorteil wüßt‘ ich zu nennen als des Feindes Verdienst erkennen.
Die Gabe der Dichtkunst hat das Eigne besonders darin, dass sie den Besitzer nötigt, sich selbst zu enthüllen.
Wer in dem Gestern Heute sah, dem geht das Heut nicht allzu nah, und wer im Heute sieht das Morgen, der wird sich rühren, wird sich sorgen.
Ein Schauspielhaus nämlich kann leer nicht beurteilt werden, es mag angelegt und verziert sein, wie es will, so ist ein zahlreiches Publikum doch die beste Zierde.
Manches ist dem Menschen zugängig, manches nicht; einiges erreichbar auf diese, anderes auf jene Weise.
Das Opfer, das die Liebe bringt Es ist das Teuerste von allen; Doch wer sein Eigenstes bezwingt, Dem ist das schönste Los gefallen.
Jede der deutschen Akademien hat eine besondere Gestalt; denn weil in unserem Vaterlande keine allgemeine Bildung durchdringen kann, so beharrt jeder Ort auf seiner Art und Weise und treibt seine charakteristischen Eigenheiten bis auf Letzte.
Groß sind des Berges Kräfte, da wirkt Natur so übermächtig frei, der Pfaffen Stumpfsinn schilt es Zauberei.
Wenn durch die Phantasie nicht Dinge entständen, die für den Verstand ewig problematisch bleiben, so wäre überhaupt zu der Phantasie nicht viel.
Gar leicht gehorcht man einem edlen Herrn, Der überzeugt, indem er uns gebietet.
Das sogenannte Aus-sich-Schöpfen macht gewöhnlich falsche Originale und Manieristen.
In einer Stadt wie Frankfurt befindet man sich in einer wunderlichen Lage, immer sich kreuzende Fremde deuten nach allen Weltgegenden hin und erwecken Reiselust.
Je älter man wird, desto mehr verallgemeinert sich alles, und wenn die Welt nicht ganz und gar verschwinden soll, so muß man sich zu denen halten, welche sie aufzubauen im Stande sind.
Gewiß ist der allein glücklich und groß, der weder zu herrschen noch zu gehorchen braucht, um etwas zu sein.
Eitelkeit ist eine persönliche Ruhmsucht: man will nicht wegen seiner Eigenschaften, seiner Verdienste, Taten geschätzt, geehrt, gesucht werden, sondern um seines individuellen Daseins willen. Am besten kleidet die Eitelkeit deshalb eine frivole Schöne.
Jedes Ereignis mit Ehrfurcht betrachten und eine höhere Leitung darin erkennen!
Es ist, als wenn die Welt nur für die Groben und Impertinenten da wäre, und die Ruhigen und Vernünftigen sich nur ein Plätzchen um Gottes willen erbitten müßten.
Alles, was entsteht, sucht sich Raum und will Dauer; deswegen verdrängt es ein anderes vom Platz und verkürzt seine Dauer.
Wir sind nie entfernter von unseren Wünschen, als wenn wir uns einbilden, das Gewünschte zu besitzen.
Ungeduld ist es, die den Menschen von Zeit zu Zeit anfällt, und dann beliebt er sich unglücklich zu finden.