Johann Wolfgang von Goethe Zitate
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Im Ganzen ist der Stil eines Schriftstellers ein treuer Abdruck seines Innern: Will jemand einen klaren Stil schreiben, so sei es ihm zuvor klar in seiner Seele; und will jemand einen großartigen Stil schreiben, so habe er einen großartigen Charakter.
Aber wenn man sich ganz fühlt, und still ist und die reinen Freuden der Liebe und Freundschaft genießt, dann ist durch eine besondere Sympathie jede unterbrochene Freundschaft, jede halb verschiedene Zärtlichkeit wieder auf einmal lebendig.
Dieses Italien ist ein so abgedroschnes Land, daß, wenn ich mich darin nicht selbst als in einem verjüngenden Spiegel sähe, so möchte ich gar nichts davon wissen.
So taumel‘ ich von Begierde zu Genuß, und im Genuß verschmacht‘ ich nach Begierde.
Das Wahre war schon längst gefunden, hat edle Geisterschaft verbunden: das alte Wahre, faß es an!
Die Menschen wundern sich, daß ich es besser weiß wie sie, und es ist kein Wunder: sie halten sehr oft für falsch, was ich denke.
Das ist Weibergunst! Erst brütet sie mit Mutterwärme unsere liebsten Hoffnungen an, dann gleich einer unbeständigen Henne verläßt sie das Nest und übergibt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tod und der Verwesung.
Ich hasse die Leute, die nichts bewundern, denn ich habe mein Leben damit zugebracht, alles zu bewundern.
Ich kenne freilich ihrer Menschen genug, die das Beste und Größte, was ihnen von außen gebracht werden kann, in ihrer Vorstellungsart erst möglichst verkleinern müssen, um es mit ihrem kümmerlichen Wesen nur einigermaßen verbinden zu können.
Es kommt mir nichts so teuer vor als das, wofür ich mich selbst hingeben muß.
Autorität: ohne sie kann der Mensch nicht existieren, und doch bringt sie eben soviel Irrtum als Wahrheit mit sich.
Wie also Hunger das beste Gewürz bleibt, so wird Müdigkeit der herrlichste Schlaftrunk sein.
Am Ende des Lebens gehen dem gefaßten Geiste Gedanken auf, bisher undenkbare; sie sind wie selige Dämonen, die sich auf den Gipfeln der Vergangenheit glänzend niederlassen.
Ich habe keine Wünsche als die ich würcklich mit schönem Wanderschritt mir entgegen kommen sehe.
Wissenschaften entfernen sich im Ganzen immer vom Leben und kehren nur durch einen Umweg wieder dahin zurück.
Der Mensch erkennt nur das an und preiset nur das, was er selber zu machen fähig ist.
Was ist der Unterschied zwischen Axiom und Enthymem? Axiom: was wir von Haus aus, ohne Beweis anerkennen; Enthymem: was uns an viele Fälle erinnert und das zusammenknüpft, was wir schon einzeln erkannten.
Nichts taugt Ungeduld, noch weniger Reue: Jene vermehrt die Schuld, diese schafft neue.
Hypothesen sind Gerüste, die man vor dem Gebäude aufführt und die man wieder abreißt, wenn dieses fertig ist. Sie sind dem Arbeiter unentbehrlich; nur muß er das Gerüst nicht für das Gebäude ansehen.
Denn wir merken erst, wie traurig und unangenehm ein trüber Tag ist, wenn ein einziger, durchdringender Sonnenblick uns den aufmunternden Glanz einer heitern Stunde darstellt.
Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt, Man sieht sich um und fragt – wer mitgenießt.
Ich habe gefunden, daß alle wirklich klugen Menschen… darauf kommen und bestehen, daß der Moment alles ist.
Sag mir, worauf die Bösen sinnen? Andern den Tag zu verderben, Sich den Tag zu gewinnen: Das, meinen sie, heiße erwerben.
Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.
Zeige man doch dem Jüngling des edel reifenden Alters Wert und dem Alter die Jugend, daß beide des ewigen Kreises sich erfreuen und so sich Leben im Leben vollende!
Die Kunst ist ein ernsthaftes Geschäft, am ernsthaftesten, wenn sie sich mit edlen heiligen Gegenständen beschäftigt; der Künstler aber steht über der Kunst und dem Gegenstande: über jener, da er sie zu seinen Zwecken braucht, über diesem, weil er ihn nach eigener Weise behandelt.
Wenn man aber weiter nichts vom Leben hätte, als was unsere Biographen und Lexikonschreiber von uns sagen, so wäre es ein schlechtes Metier und überall nicht der Mühe wert.
Liebe und Verlangen, süßer Genuss, glückliche Befriedigung! färbt nicht jeder dieser Momente mit andern Farben eine geliebte Schönheit?
Durch das, was wir Betragen und gute Sitten nennen, soll das erreicht werden, was außerdem nur durch Gewalt oder auch nicht einmal durch Gewalt zu erreichen ist.
Es darf sich einer nur für frei erklären, so fühlt er sich denselben Augenblick als bedingt. Wagt er es, sich für bedingt zu erklären, so fühlt er sich frei.
Liberalität muß man suchen in den Gesinnungen, und diese sind das lebendige Gemüt. – Gesinnungen sind aber selten liberal, weil die Gesinnung unmittelbar aus der Person, ihren nächsten Beziehungen und Bedürfnissen hervorgeht.
Wahrheitsliebe zeigt sich darin, daß man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß.
Überhaupt haben die Dilettanten und besonders die Frauen von der Poesie sehr schwache Begriffe.
Er scheint wenig üble Laune zu haben, und du weißt, das ist die Sünde, die ich ärger hasse am Menschen als alle andren.
Von niemandem etwas weiter verlangen, als was er geben kann und will, ihm weiter nicht anbieten, als was ihm gemäß ist!
Die Notwendigkeit, immer unter Menschen zu sein, hat mir gut getan. Manche Rostflecken, die eine zu hartnäckige Einsamkeit über uns bringt, schleifen sich da am besten ab.
Überhaupt, da man in jungen Jahren einen gewissen selbstgefälligen Dünkel nicht leicht ablegt, so äußert sich dieser besonders darin, dass man sich im kurz Vorhergegangenen verachtet.
Gleich zu sein unter Gleichen, das läßt sich schwer erreichen; du müßtest ohne Verdrießen wie der Schlechteste zu sein dich entschließen.