Johann Wolfgang von Goethe Zitate
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Der herrliche Kirchengesang: Veni Creator Spiritus ist ganz eigentlich ein Appell ans Genie; deswegen er auch geist- und kraftreiche Menschen gewaltig anspricht.
Vom heut’gen Tag, von heut’ger Nacht verlange nichts, als was die gestrigen gebracht.
Wer ist so gebildet, daß er nicht seine Vorzüge gegen andre manchmal auf eine grausame Weise geltend machte!
Niemand wollte gestehen, dass eine Idee, ein Begriff der Beobachtung zu Grunde liegen, die Erfahrung befördern, ja das Finden und Erfinden begünstigen könne.
Nun ging mir eine neue Welt auf. Ich näherte mich den Gebirgen, die sich nach und nach entwickelten.
Neue Knospen keimen. Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.
Ein altes Wort bewährt sich leider auch an mir, daß Glück und Schönheit dauerhaft sich nicht vereint.
Da lachte die Vergifftrinn (Vergifterin) noch: Ha sie (die Ratte) pfeift auf dem letzten Loch Als hett sie Lieb im Leibe
Freiheit ist ein herrlicher Schmuck, der schönste von allen, und doch steht er, wir sehn’s, wahrlich nicht jedem an.
Jeder Schriftsteller schildert sich einigermaßen in seinen Werken, auch wider Willen, selbst.
Die französischen Bonmots besonders, sie nehmen sich herrlich zwischen dem deutschen Gemisch alberner Albernheit aus.
Man muß seine Irrtümer teuer bezahlen, wenn man sie loswerden will, und dann hat man noch von Glück zu sagen.
Das ist Italien das ich verließ. Deutsche Redlichkeit suchst du in allen Winkeln vergebens;Leben und Weben ist hier, aber nicht Ordnung und Zucht; Jeder sorgt nur fuer sich, misstraut dem Andern, ist eitel, Und die Meister des Staats sorgen nur wieder fuer sich.
Der Mensch erfährt, er sei auch, wer er mag, ein letztes Glück und einen letzten Tag.
Wer einen Stein nicht allein erheben mag, der soll ihn auch selbander liegen lassen.
Unsere Narrheiten bezahlen wir gar gerne selbst, zu unsern Tugenden sollen andere das Geld hergeben.
Hypothesen sind die Wiegenlieder, mit denen die Lehrer die Schüler einlullen.
Der Mantel der Unwahrheit ist überall durchlöchert; je mehr man auf einer Seite ihn ausspanne, desto mehr läßt er auf der andern Blöße sehen.
Es gibt nur zwei wahre Religionen, die eine, die das Heilige, das in und um uns wohnt, ganz formlos, die andere, die es in der schönsten Form anerkennt und anbetet. Alles, was dazwischen liegt, ist Götzendienst.
Die Hauptsache ist, daß man lerne, sich selbst zu beherrschen. Wollte ich mich ungehindert gehen lassen, so läge es wohl in mir, mich selbst und meine Umgebung zugrunde zu richten.
Dichtern sieht man ja überhaupt wohl nach, wenn sie das Vorrecht sagen zu können, was sie fühlen, gegen den Freund, gegen die Geliebte vielleicht übermäßig ausüben.
Wenn man nicht trinken kann, soll man nicht lieben. Doch sollt ihr Trinker euch nicht besser dünken: Wenn man nicht lieben kann, soll man nicht trinken.
Ein reiner Reim wird wohl begehrt, doch den Gedanken rein zu haben, die edelste von allen Gaben, das ist mir alle Reime wert.
Und wärst du auch zum fernsten Ort, Zur kleinsten Hütte vorgedrungen; Was hilft es dir, du findest dort Tabak und böse Zungen.
Der Haß ist ein aktives Mißvergnügen, der Neid ein passives; deshalb darf man sich nicht wundern, wenn der Neid so schnell in Haß übergeht.
Es kommt nicht darauf an, daß die Freunde zusammenkommen, sondern darauf, daß sie übereinstimmen.
Knaben, denen ja doch alles zum Scherze dienen muß, sich am Schall der Worte, am Fall der Silben ergötzen, und durch eine Art von parodistischem Mutwillen den tiefen Gehalt des edelsten Werks zerstören.
Galilei führte die Naturlehre wieder in den Menschen zurück und zeigte schon in früher Jugend, dass dem Genie ein Fall für tausend gelte, indem er sich aus schwingenden Kirchenlampen die Lehre des Pendels und des Falles der Körper entwickelte.
Die Natur hat jederzeit recht, und das gerade am gründlichsten, wo wir sie am wenigsten begreifen.
Läßt mich das Alter im Stich? Bin ich wieder ein Kind? Ich weiß nicht, ob ich oder die andern verrückt sind.
Die Form will so gut verdaut sein als der Stoff; ja, sie verdaut sich viel schwerer.
Denn man verdient wenig Dank von den Menschen, wenn man ihr inneres Bedürfnis erhöhen, ihnen eine große Idee von ihnen selbst geben, ihnen das Herrliche eines wahren, edlen Daseins zum Gefühl bringen will.
Und wie der Dichter eher ist als der Kritiker, so müssen wir auch vieles sehen, lesen und hören, ehe wir uns einfallen lassen wollen zu urteilen.
Aber leiten Zu dem ewig Guten, ewig Schönen, Ist der Götter Werk; die laßt gewähren.
Eigentlich ist es nur des Menschen, gerecht zu sein und Gerechtigkeit zu üben; denn die Götter lassen alle gewähren: Ihre Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte.
Zwar pflegt uns vom Guten das Letzte, was uns gebracht wird, immer als das Beste zu erscheinen.
Bei den Griechen, deren Poesie und Rhetorik einfach und positiv war, erscheint die Billigung öfter als die Mißbilligung. Bei den Lateinern ist es dagegen umgekehrt, und je mehr sich die Poesie und Redekunst verdirbt, desto mehr wird der Tadel wachsen und das Lob in sich zusammenziehen.