Karl Kraus Zitate
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Warum tadeln mich so viele? Weil sie mich loben und ich sie trotzdem tadle.
Karl KrausMir wern kan Richter brauchen, um zu entscheiden, daß Wien schöner ist als Berlin. Aber das ist ja gerade das Unglück.
Karl KrausPublizistische Themen: Nicht auf die Größe der Zielscheibe, auf die Distanz kommt es an.
Karl KrausGerüchte Warum man so viel mir nachsagen kann Und wie ich dennoch bin heil? Etwas ist stets an den Dingen dran, Nämlich das Gegenteil.
Karl KrausAls zum erstenmal das Wort „Friede“ ausgesprochen wurde, entstand auf der Börse eine Panik. Sie schrien auf im Schmerz: Wir haben verdient! Lasst uns den Krieg! Wir haben den Krieg verdient!
Karl KrausDas ist der Triumph der Sittlichkeit: Ein Dieb, der in ein Schlafzimmer gedrungen ist, behauptet, sein Schamgefühl sei verletzt worden, und erpresst durch Drohung mit der Anzeige wegen Unsittlichkeit die Unterlassung der Anzeige wegen Einbruchs.
Karl KrausDie Ideensumme eines literarischen Aufsatzes sei das Ergebnis einer Multiplikation, nicht einer Addition.
Karl KrausWenn ich sicher wüßte, daß ich mit gewissen Leuten die Unsterblichkeit zu teilen haben werde, so möchte ich eine separierte Vergessenheit vorziehen.
Karl KrausEiner, der Aphorismen schreiben kann, sollte sich nicht in Aufsätzen zersplittern.
Karl KrausAuch das Gesicht des Arztes muß eine unleserliche Schrift sein, nicht nur sein Rezept.
Karl KrausDer Schwache zweifelt vor der Entscheidung. Der Starke hernach.
Karl KrausViele werden einst Recht haben. Es wird aber Recht von dem Unrecht sein, das ich heute habe.
Karl KrausPsychoanalyse ist mehr eine Leidenschaft als eine Wissenschaft.
Karl KrausEs gibt zwei Arten von Schriftstellern. Solche, die es sind, und solche, die es nicht sind. Bei den ersten gehören Inhalt und Form zusammen wie Seele und Leib, bei den zweiten gehören Inhalt und Form zusammen wie Leib und Kleid.
Karl KrausIhr, die so vieles hat, fehlt eines bloß und alles drum.
Karl KrausWenn eine Kultur sich am Ende befindet, ruft sie nach den Priestern.
Karl KrausIch war selten verliebt, immer verhaßt.
Karl KrausKunst ist das, was Welt wird, nicht was Welt ist.
Karl KrausEine Frau, die gern Männer hat, hat nur einen Mann gern.
Karl KrausDie Einsamkeit wäre ein idealer Zustand, wenn man sich die Menschen aussuchen könnte, die man meidet.
Karl KrausEin Feuilleton schreiben heißt auf einer Glatze Locken drehen.
Karl KrausDas Leben ist eine Anstrengung, die einer besseren Sache würdig wäre.
Karl KrausDas Geheimnis des Agitators ist, sich so dumm zu machen, wie seine Zuhörer sind, damit sie glauben, sie seien so gescheit wie er.
Karl KrausTugend und Laster sind verwandt wie Kohle und Diamant.
Karl KrausSie sagte sich: Mit ihm schlafen, ja – aber nur keine Intimität.
Karl KrausWenn zwei streiten, hält meist der eine die Klinge und der andere das Heft in der Hand.
Karl KrausWird in Deutschland der dramatische Knoten noch immer aus der Jungfernhaut geschürzt?
Karl KrausWozu schreite ich durch das Leben? Schreite, statt zu fragen, dann wird dir Antwort werden.
Karl KrausUnter den vielen deutschen Dingen, die jetzt auf -ol ausgehen, dürfte Odol noch immer wünschenswerter als Idol sein.
Karl KrausFrisörgespräche sind der unwiderlegliche Beweis dafür, daß die Köpfe der Haare wegen da sind.
Karl KrausFluch dem Gesetz! Die meisten meiner Mitmenschen sind traurige Folgen einer unterlassenen Fruchtabtreibung.
Karl KrausHierzulande gibt es unpünktliche Eisenbahnen, die sich nicht daran gewöhnen können, ihre Verspätungen einzuhalten.
Karl KrausDas sind die wahren Wunder der Technik, daß sie das, wofür sie entschädigt, auch ehrlich kaputt macht.
Karl KrausZu meinen Glossen ist ein Kommentar notwendig. Sonst sind zu zu leicht verständlich.
Karl KrausAlle sind von mir beleidigt, nicht einzelne. Und was die Liebe betrifft, sollen alle rabiat werden und nicht die, die betrogen wurden.
Karl KrausEs gibt Frauen, die nicht schön sind, sondern nur so aussehen.
Karl KrausDie wahre Grausamkeit ist von keinem Machtmittel beschränkt.
Karl KrausMancher rächt an einer Frau durch Gemeinheit, was er durch Torheit an ihr gesündigt hat.
Karl KrausDie Mission der Presse ist, Geist zu verbreiten und zugleich die Aufnahmefähigkeit zu zerstören.
Karl KrausPhantasie hat ein Recht, im Schatten des Baumes zu schwelgen, aus dem sie einen Wald macht.
Karl KrausDie Begierde des Mannes ist nichts, was der Betrachtung lohnt. Wenn sie aber ohne Richtung läuft und das Ziel erst sucht, so ist sie wahrlich ein Greuel vor der Natur.
Karl KrausWitzigkeit ist manchmal Witzarmut, die ohne Hemmung sprudelt.
Karl KrausSchon mancher hat durch seine Nachahmer bewiesen, daß er kein Original ist.
Karl KrausLeute, die über den Wissensdurst getrunken haben, sind eine gesellschaftliche Plage.
Karl KrausIhre Brauen waren Gedankenstriche – manchmal wölbten sie sich zu Triumphbogen der Wollust.
Karl KrausHeutzutage ist der Dieb vom Bestohlenen nicht zu unterscheiden: beide haben keine Wertsachen bei sich.
Karl KrausDer Philosoph denkt aus der Ewigkeit in den Tag, der Dichter aus dem Tag in die Ewigkeit.
Karl KrausDie Phrase und die Sache sind eins.
Karl KrausIn der Welt ist immer die Lust, ein Herz zu kränken, weil eine Tasche beleidigt war.
Karl KrausSoldaten, die nicht wissen, wofür sie kämpfen, wissen doch einmal, wofür sie nicht kämpfen.
Karl Kraus