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Es gibt keine Demütigung, die man nicht verzeiht, nachdem man sich für sie gerächt hat.
Luc de ClapiersDie Leute der feinen Gesellschaft unterhalten sich nicht über so Unbedeutendes, wie es das Volk in ihren Augen ist, dieses aber gibt sich nicht mit so Leichtfertigem ab, wie jene es sind.
Luc de ClapiersNaturgaben, die weder eine lange Lehrzeit noch das Glück erringen kann, ist man zu achten gezwungen.
Luc de ClapiersWir loben häufig die Menschen um ihrer Schwäche und tadeln sie um ihrer Kraft willen.
Luc de ClapiersWas wir einen glänzenden Gedanken nennen, ist meist nur ein bestechender Ausdruck, der uns mit Hilfe eines Körnleins Wahrheit einen auffallenden Irrtum annehmbar macht.
Luc de ClapiersDer Ehrgeiz ist Geschicklichkeit, der Mut Weisheit, die Leidenschaften Geiz, der Geist Wissenschaft oder alles das Gegenteil, denn es gibt nichts, was nicht gut oder schlecht, nützlich oder schädlich sein könnte, je nach Gelegenheit und Umständen.
Luc de ClapiersZu den großen Wahrheiten kann man sich nur mit dem Schwung der Begeisterung erheben. Kalten Blutes diskutiert man, aber erfindet nichts. Vielleicht muß sich Verstandesschärfe erst mit der Leidenschaft verbinden, um einen wahren Philosophen zu schaffen.
Luc de ClapiersEs gibt vielleicht mehr oberflächliche Geister in der großen Welt als in den unteren Gesellschaftsschichten.
Luc de ClapiersDie wahren Politiker kennen die Menschen besser als die Berufsphilosophen. Ich möchte sagen, sie seien die wahren Philosophen.
Luc de ClapiersBeredsam ist, wer, selbst ohne es zu wollen, mit seiner Überzeugung oder Leidenschaft Geist und Herz anderer erfüllt.
Luc de ClapiersÜbertriebener Argwohn ist nicht minder schädlich als das Gegenteil. Für jenen, der stets fürchtet, hintergangen zu werden, werden die meisten Menschen nutzlos.
Luc de ClapiersWas wir Frieden nennen, ist meist nur ein Waffenstillstand, in dem der Schwächere so lange auf seine Ansprüche verzichtet, bis er eine Gelegenheit findet, sie mit Waffengewalt von neuem geltend zu machen.
Luc de ClapiersDie Gaben der Natur und des Glücks sind nicht so selten wie die Kunst, sie zu genießen.
Luc de ClapiersEs ist eine törichte Einbildung, man könne andern einreden, was man selbst nicht glaubt.
Luc de ClapiersStärke oder Schwäche unseres Glaubens hängen weit mehr von unserem Mut als von unserer Erkenntnis ab.
Luc de ClapiersDer Leichtgläubigkeit dienen die Menschen ebenso fanatisch und blind wie dem Aberglauben. Wie es Frömmler gibt, die Cromwell jeden Verstand absprechen, gibt es Leute, die Pascal und Bossuet für unbedeutende Geister halten.
Luc de ClapiersDie meisten Menschen werden alt in einem kleinen Gedankenkreis, der nicht einmal aus ihnen selbst stammt; es gibt vielleicht weniger enge als unfruchtbare Geister.
Luc de ClapiersAlle, die ein niedriges Gewerbe treiben, Diebe wie Dirnen, machen sich eine Ehre aus ihren Verbrechen und sehen die ehrbaren Leute als Narren an: im Grunde verachten die meisten Menschen die Tugend, aber nur wenige die Ehre.
Luc de ClapiersAlle Menschen halten sich großer Stellungen würdig; die Natur aber, welche sie für solche nicht geeignet gemacht hat, bewirkt auch, daß sie sich in geringen auch sehr zufrieden fühlen.
Luc de ClapiersEin wenig Bildung und gutes Gedächtnis, einige Selbstständigkeit in den Ansichten und gegenüber Vorurteilen - wie billig glaubt sich doch der Geist den Ruhm der Bedeutung erkaufen zu können!
Luc de ClapiersDie großen Persönlichkeiten waren in ihrer Zeit und in den meisten Fällen Menschen mit der größten Beredsamkeit.
Luc de ClapiersWir sind weniger beleidigt von der Verachtung der Dummköpfe als von der nur mittelmäßigen Schätzung seitens geistreicher Leute.
Luc de ClapiersSchande und Mißgeschick gehen oft Hand in Hand. Denn Armut bringt öfter Schmach als das Laster.
Luc de ClapiersDie Großen verkaufen ihre Protektion zu teuer, als daß man sich zu irgendwelcher Dankbarkeit verpflichtet fühlen sollte.
Luc de ClapiersAm günstigsten wäre es, von Natur aus standhaft und aus Überlegung nachgiebig zu sein.
Luc de ClapiersUnsere Irrtümer und Uneinigkeiten in der Moral kommen oft daher, daß wir postulieren, die Menschen könnten völlig gut oder völlig lasterhaft sein.
Luc de Clapiers