Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Das Schlechte, an das sogar die Bosheit nicht mehr glaubt, an das glaubt noch die Albernheit.
Wer sich keine Annehmlichkeiten versagen kann, wird sich nie ein Glück erobern.
Es ist keine Sünde, ein Dummkopf zu sein, aber die größten Sünden werden von Dummköpfen begangen.
Menschen, die viel von sich sprechen, machen – so ausgezeichnet sie übrigens sein mögen – den Eindruck der Unreife.
Der Verstandesmensch verhöhnt nichts so bitter wie den Edelmut, dessen er sich unfähig fühlt.
Der kleinste Fehler, den ein Mensch uns zuliebe ablegt, verleiht ihm in unseren Augen mehr Wert, als die größten Tugenden, die er sich ohne unser Zutun aneignet.
Kein Leiden braucht so viel Anteilnahme und findet so wenige wie das selbstverschuldete.
Ihr jubelt über die Macht der Presse – graut euch nie vor ihrer Tyrannei?
Man muss eine Arbeit lieben, verändern oder verlassen. Nur in ganz unglücklichen Fällen muss man sie akzeptieren.
Die Langeweile, die in manchem Buche herrscht, gereicht ihm zum Heil; die Kritik, die schon ihren Speer erhoben hatte, schläft ein, bevor sie ihn geschleudert hat.
Wenn die Neugier sich auf ernsthafte Dinge richtet, dann nennt man sie Wissensdrang.
Müde macht uns die Arbeit, die wir liegen lassen, nicht die, die wir tun.
Den Menschen, den nur Neider hassen, Den muß der Neid selbst gelten lassen.
Nichts ist weniger verheißend als Frühreife; die junge Distel sieht einem zukünftigen Baume viel ähnlicher als die junge Eiche.
Schillertag Dem Tage Heil, an dem in allen Weisen Wir unsern Schiller jubelvoll lobpreisen! Noch gestern hätte keiner ihm gehuldigt, Der sich vorher bei Goethe nicht entschuldigt.
Von einer Frau, die gefallen soll, kann man nicht auch noch erwarten, daß sie ehrlich ist.
Was liegt dem Narren an einem vernünftigen Menschen? Die wichtige Person für ihn ist der andere Narr, der ihn gelten läßt.
Wer Gleichheit zu schaffen verstände, müßte der Natur Gewalt antun können.
Nur der das Leiden kennt, Kennt auch ein heiß Erbarmen: Der selber darbt, der gibt: Großmütig sind die Armen.
Immerwährender Fortschritt ist nur um den Preis immerwährender Unzufriedenheit zu erkaufen.
Wie lang‘ hat sich geübt im Täuschen und im Lügen, wer endlich sagen darf: Mich kann man nicht belügen?
Sag etwas, das sich von selbst versteht, zum ersten Mal, und Du bist unsterblich.
Der Platz des Unparteiischen ist auf Erden zwischen den Stühlen; im Himmel aber wird er zur Rechten Gottes sitzen.
Was wir unseren besten Freunden nicht anvertrauen würden, rufen wir ins Publikum.
Wenn man nicht aufhören will, die Menschen zu lieben, darf man nicht aufhören, ihnen Gutes zu tun.
Der Verstand und das Herz stehen auf sehr gutem Fuße miteinander. Eines vertritt oft die Stelle des anderen so vollkommen, daß es schwer ist, zu entscheiden, welches von beiden tätig war.
Den Mann, der einmal sein Ehrenwort gebrochen hat, möchtet ihr nicht mit einem Hölzchen anrühren, aber der Mann, der alle Augenblicke seinen Eid bricht, büßt an seinem Ansehen bei euch nicht das geringste ein.
Den Menschen, die große Eigenschaften besitzen, verzeiht man ihre kleinen Fehler am schwersten.
Um ein öffentliches Amt glänzend zu verwalten, braucht man eine gewisse Anzahl guter und – schlechter Eigenschaften.
Talent ist viel und nichts. Was du daraus machst, und was dieses „Du“ für ein Ding ist, darauf kommt es an. Zuerst mache du dich, dann wirst du vielleicht etwas machen aus deinem Talent.
Wir entschuldigen nichts so leicht wie Torheiten, die uns zuliebe getan wurden.
Du staunst, weil ein anderer etwas tut, was dir unbegreiflich ist? Wer weiß, ob du nicht heute noch etwas tust, das dir selbst unbegreiflich sein wird.
Auch die Tugend ist eine Kunst, und auch ihre Anhänger teilen sich in Ausübende und in bloße Liebhaber.
Die Sittlichkeit verfeinert die Sitte und die Sitte wiederum die Sittlichkeit.
Die Änderung, die unser Naturell im Laufe des Lebens erfährt, sieht manchmal aus wie eine Änderung unseres Charakters.
In jedem tüchtigen Menschen steckt ein Poet und kommt beim Schreiben zum Vorschein, beim Lesen, beim Sprechen oder beim Zuhören.