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Die Welt muss romantisiert werden. So findet man ihren ursprünglichen Sinn wieder. Romantisieren ist nichts als eine qualitative Potenzierung. Das niedere Selbst wird mit einem besseren Selbst in dieser Operation identifiziert. So wie wir selbst eine solche qualitative Potenzenreihe sind.
NovalisPoesie im strengern Sinn scheint fast die Mittelkunst zwischen den bildenden und tönenden Künsten zu sein.
NovalisDas Leben eines gebildeten Menschen sollte mit Musik und Nicht-Musik schlechthin so abwechseln wie mit Schlaf und Wachen.
NovalisAlle Zufälle unseres Lebens sind Materialien, aus denen wir machen können, was wir wollen. Wer viel Geist hat, macht viel aus seinem Leben.
NovalisVielen wahren Büchern geht es wie den Goldklumpen in Irland: sie dienen lange Jahre nur als Gewichte.
NovalisWer die Wahrheit verrät, verrät sich selber. Es ist hier nicht die Rede vom Lügen, sondern vom Handeln gegen die Überzeugung.
NovalisNichts ist romantischer, als was wir gewöhnlich Welt und Schicksal nennen. Wir leben in einem kolossalen Roman.
NovalisDer Verheiratete verlangt Ordnung, Sicherheit und Ruhe - er wünscht, als Familie, in einer Familie zu leben - in einem regelmäßigen Hauswesen - er sucht eine ächte Monarchie.
NovalisDas Wahre erhält sich immer, das Gute dringt durch, der Mensch kommt wieder empor, die Kunst bildet sich, die Wissenschaft entsteht, und nur das Zufällige, das Individuale verschwindet.
NovalisAlle geistige Berührung gleicht der Berührung eines Zauberstabs. Alles kann zum Zauberwerkzeug werden.
NovalisEin einstürzender Thron ist wie ein fallender Berg, der die Ebene zerschmettert, und da Ruinen und ein totes Meer hinterläßt, wo sonst fruchtbares Land und lustige Wohnstätte war.
NovalisAuch im Schlimmsten entsteht eine Progression. Wenn man sich gehen läßt, so entsteht allmählich ein Ungeheuer in seiner Art. So in Brutalität, in Grausamkeit, in Frömmelei usw.
NovalisDie Welt ist Resultat eines unendlichen Einverständnisses, und unsre eigne innere Pluralität ist der Grund der Weltanschauung.
NovalisSollte es nicht auch drüben einen Tod geben, dessen Resultat irdische Geburt wäre? Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn der Mensch stirbt, wird er Geist.
NovalisNicht bloß das Reflexionsvermögen begründet die Theorie. Denken, Fühlen und Anschaun ist eins.
NovalisJede Menschengestalt belebt einen individuellen Keim im Betrachtenden. Dadurch wird diese Anschauung unendlich, sie ist mit dem Gefühl einer unerschöpflichen Kraft verbunden und darum so absolut belebend.
NovalisZur Wissenschaft ist der Mensch nicht allein bestimmt, der Mensch muß Mensch sein, zur Menschheit ist er bestimmt, Universaltendenz ist dem eigentlichen Gelehrten unentbehrlich.
NovalisDie Menschen sind durch nichts als Meinungen beschränkt. Daher ließe sich durch Meinung jeder Mensch erheben und erniedern.
Novalis