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Jeder, der nur einmal seine Überzeugung in sich zum Schweigen bringt, ist unrein, geistlos, zu allem Schlechten fähig; denn die Möglichkeit und der Anfang ist da!
Rahel Varnhagen von EnseEin Stein kann eine Geschichte haben, aber nur eine Kreatur mit Bewusstsein ein Schicksal. Die meisten Menschen haben nur eine Geschichte.
Rahel Varnhagen von EnseWas ist am Ende der Mensch anders, als eine Frage? Zum Fragen, nur zum Fragen, zum ehrlichen, kühnen Fragen und zum demütigen Warten auf Antwort, ist er hier.
Rahel Varnhagen von EnseEifersucht ist Beschämung - Beschämung, die Rechnung ohne den Wirt gemacht zu haben. Unsere Wünsche, unsere Neigungen brachten wir in Anschlag, nicht die des anderen.
Rahel Varnhagen von EnseAn sich arbeiten; klar machen, was uns verwirrt und drückt; und wären es die größten Schmerzen, zum größten Bankrott führend, heißt ja gut sein.
Rahel Varnhagen von EnseJe mehr Einsicht, desto mehr Ein- und Zustimmung wird das Leben uns abgewinnen, wenn es auch noch mehr Arbeit fordert.
Rahel Varnhagen von EnseDie Berliner leben aber frisch drauf los: Und das ist Gewinn, also haben sie Recht.
Rahel Varnhagen von EnseIch war gestern in der größten Harmonie über alle mir bekannte[n] Dinge, und in der vollständigsten Seelenruhe; und fühlte, daß das Glück ist; und fühlte dabei in vollstimmigsten zugleichtönenden Akkorden alles Leben meines Herzens.
Rahel Varnhagen von EnseAlles andere läßt sich bei mir wenigstens gar nicht erzwingen. Am allerwenigsten das Gebet; das Gebet durch Gebet.
Rahel Varnhagen von EnseEinen gepackten Reisewagen und einen Dolch sollte ein jeder haben; daß, wenn er sich fühlt, er gleich abreisen kann.
Rahel Varnhagen von EnseDas Bedürfnis zum Glücke - ist uns doch der höchste Bürge für dessen Existenz: und so auch mit unserm Schimmerchen von Vernunft.
Rahel Varnhagen von EnseGenüsse drängen sich auch im schlechtesten Zustand noch an. Die Sonne scheint! Wir leiden, wir klagen.
Rahel Varnhagen von EnseEs ist ein krankhafter, schwächlicher Geisteszustand, auf Lob, und nicht auf Inhalt des Lobes zu halten.
Rahel Varnhagen von EnseLiebe ist die größte Überzeugung. Ist diese zu überwinden, so lieben wir nicht mehr.
Rahel Varnhagen von EnseAuch ist der Schmerz, wie ich ihn kenne, auch ein Leben; und ich denke, ich bin eins von den Gebilden, die die Menschheit werfen soll, und dann nicht mehr braucht, und nicht mehr kann.
Rahel Varnhagen von EnseWir machen keine neuen Erfahrungen. Aber es sind immer neue Menschen, die alte Erfahrungen machen.
Rahel Varnhagen von EnseJe weniger ein Mensch selber zärtlich sein kann, je nötiger hat er's, daß man's mit ihm sei: Aber nur Herzen erschließen Herzen.
Rahel Varnhagen von EnseOb eine Wahrheit grob ist oder nicht, darüber kann man ihr als solcher nichts anhaben; sie entspricht ihrem Wesen, wenn sie wahr ist; und wo sie hintrifft, das ist der Ort, der sie zur Grobheit oder Höflichkeit macht.
Rahel Varnhagen von EnseBei allem Mißlingen hofft meine ewig närrische Seele doch immer das Unglaublichste. Wir lassen nicht vom Glück!
Rahel Varnhagen von EnseVorgeben aber, wir finden etwas gut, was wir nicht so finden, engagiert uns zu künftiger Lüge: und sie bricht.
Rahel Varnhagen von EnseWarum verbietet man den Kindern so ausdrücklich Leugnen und Ausreden? die man braucht! man erzieht sie ja für den Tummel der Welt, und nicht für einen positiven Himmel, der ein rotes Herz und ungeflecktes Gewissen genau belohnt?
Rahel Varnhagen von EnseHoch steht über aller Begeisterung, allem Enthusiasmus, selbst über allem Genie und Talent - die Gesinnung.
Rahel Varnhagen von EnseNicht die Menschen hassen ihr Vaterland, welche sehr unglücklich waren, wohl aber die, welche sich allda ungebührlich aufgeführt und Tadel zugezogen haben; und diese sind es auch allein, die nach ihrem Lande zurückzukehren meiden. Die ersteren behalten immer eine erinnerungsvolle Vorliebe dafür.
Rahel Varnhagen von EnseEin gebildeter Mensch ist nicht der, den die Natur verschwenderisch behandelt hat; ein gebildeter Mensch ist der, der die Gaben, die er hat, gütig, weise und richtig und auf die höchste Weise gebraucht: der mit festen Augen hinsehen kann, wo es ihm fehlt, und einzusehen vermag, was ihm fehlt.
Rahel Varnhagen von EnseWer nicht in der Welt wie in einem Tempel umhergeht, der wird keinen in ihr finden.
Rahel Varnhagen von EnseImmer Gerechtigkeit für andere: Mut für uns selbst. Das sind zwei Tugenden, worin alle andern bestehen.
Rahel Varnhagen von EnseDie Art der Verbindung ausgezeichneter Gaben, ihr Gleichmaß und Zusammenstimmung ist unleugbar von höherem Werte, als die einseitige Virtuosität.
Rahel Varnhagen von EnseMan hat sich gar nicht, wenn man sich nicht streng faßt; man hat keinen andern, wenn man ihn nicht mit Liebe faßt.
Rahel Varnhagen von EnseFrei sein kann gar nichts anders heißen, als seiner innersten Natur sklavisch folgen zu dürfen. Absolute Freiheit, absoluter Wille ist etwas Unmenschliches.
Rahel Varnhagen von EnseJeder Mensch wird von seiner Zeit verschwemmt; von allen, die mit ihm leben. Nur auftauchen kann das bißchen Bessere im Charakter.
Rahel Varnhagen von EnseUnd am Ende braucht Liebe nur zu lieben. Können muß sie dies; sonst kommt jeder günstige Zufall umsonst.
Rahel Varnhagen von EnseNun weiß ich mit einem Male, warum es mich so empört, wenn ein Mensch, was ihm ungesund ist, immer wieder genießt; nicht allein, weil es von der unangenehmsten Wirkung und tierisch ist; sondern weil es nicht einmal tierisch ist; die Tiere wissen, was ihnen heilsam ist, und vermeiden das Gegenteil.
Rahel Varnhagen von EnseEs wird eine Zeit kommen, wo Nationalstolz ebenso angesehen werden wird wie Eigenliebe und andre Eitelkeit; und Krieg wie Schlägerei.
Rahel Varnhagen von EnseWeißt du, warum wir hoffen? Wir können nicht ohne Bild leben. Ohne Hoffen haben wir kein Bild in der Seele; da ist nichts.
Rahel Varnhagen von EnseMan ist nicht eifersüchtig, wo man liebt, aber da, wo man geliebt sein will.
Rahel Varnhagen von EnseIch laß es mir nicht ausreden. Glückseligkeit ist in, außer, neben uns, durch uns und ohne uns zu finden.
Rahel Varnhagen von EnseWissen um unser Wissen ist Philosophie; Ergebenheit und Voraussetzung, wo wir zu wissen aufhören, Religion.
Rahel Varnhagen von EnseFreiheit haben, ist nur das, was wir notwendig gebrauchen, um das sein zu können, was wir eigentlich sein sollten; und zu haben, was wir eigentlich haben sollten.
Rahel Varnhagen von EnseEs ist nicht allein sehr schwer, die Wahrheit hier in der Welt zu finden; sondern man muß sie auch noch verleugnen!
Rahel Varnhagen von Ense