Sigmund Graff Zitate
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Der Arzt, der Prediger, der Richter und der Politiker oder Staatsmann hätten niemals zu Brotberufen ausarten dürfen.
Neid ist etwas Hässliches. Trotzdem strahlen alle Leute, wenn sie hören, dass man sie beneidet.
Humor erfordert Distanz zu uns selbst. Wenn der Egoist Humor entwickeln will, wird er sarkastisch.
Ich sehe die Zeit voraus, in welcher der fernsehfreie Tag nicht nur gefordert, sondern zur Notwendigkeit wird.
Einer der verhängnisvollsten Irrtümer ist es, geschickte Redner für ebenso geschickte Politiker zu halten.
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach den Gefühlen, die sie in uns auslösen.
In der Art, mit der jemand fremden Personen vorgestellt wird, gelangt auf eine fast unmerkliche und unfassbare Weise sein gesellschaftlicher Tageskurs zum Ausdruck.
Wenig ist so beschämend für uns, als wenn sich jemand plötzlich als unser Freund erweist, den wir nie im Leben dafür gehalten haben.
Misserfolge stellen sich am leichtesten ein, wenn man seinem Erfolg treu bleiben will anstatt seiner Art.
Der Fortschritt schraubt sich selbst immer höher: das Bedenkliche ist nur, dass der Mensch an ihm festgeschraubt zu sein scheint.
Man kann auch Zeit schenken. Die Zeit für einen Brief zum Beispiel. Die Zeit sorgt, dass diese Zeit ein immer selteneres und vornehmeres Geschenk wird.
Die Planierraupe der Politik ist die Vereinfachung. Man vereinfacht die Dinge, um sie zu verdeutlichen oder zu verdunkeln.
Wenn jemand ein Problem erkannt hat und nichts zur Lösung beiträgt, ist er selbst ein Teil des Problems.
Der Geizkragen macht zahllose Testamente. Sie haben für ihn den Reiz einer Geldausgabe, von der er weiß, dass er sie nie erlebt.
Die beklagenswerte Eintönigkeit der Herrenmode hängt mit dem Irrglauben ihrer Träger zusammen, dass nur sie nach dem anderen Geschlecht Ausschau hielten.
Dummheit nützt häufiger als sie schadet. Darum pflegen sich die allerschlausten dumm zu stellen.
Das Trugbild der Diktatur ist die unfehlbare Meinung: das der Demokratie die unabhängige Meinung.
Gäste strengen uns am wenigsten an, wenn man sie mit Dingen unterhält, für die sie kein Interesse zu heucheln brauchen.
Was zuerst geächtet werden muss, sind die gerechten Kriege: Es gibt zwar keine, aber dennoch sind sie der Grund, aus dem es immer wieder andere gibt.
Der Freund braucht kein guter Gesellschafter zu sein. Man erkennt ihn daran, dass es auch schön ist, mit ihm zu schweigen.
Die Zahl derer, die wir lieben, lässt sich nicht beliebig vergrößern. In demselben Grade, in dem wir einen neuen Menschen in unser Herz aufnehmen, wird unmerklich ein anderer daraus verdrängt.
Wer allen Menschen misstraut, pflegt am wenigsten vor sich selbst auf der Hut zu sein.
Die Masse schätzt Freiheit in der Form von Freizeit, weiß mit ihr aber ohne Wagen wenig anzufangen.
Ein Journalist wird man um so leichter, je leichter man schreibt, ein Dichter, je schwerer man schreibt.
Als Vorspeise bei Gesellschaften, die rasch in Stimmung kommen sollten, hat sich ein auflockernder kleiner Klatsch bewährt. Er sichert im Handumdrehen die Solidarität der Anwesenden.
Die meisten Freundschaften brechen sich auf dem Duzfuß das Bein. Das kommt daher, weil die Freundschaft im Gegensatz zur Liebe eine Kunst der Distanz ist.
Die Häufigkeit des Fotografierens hat ein allgemeines Absinken der inneren Vorstellungskraft zur Folge. Fotos von wahrhaft geliebten Menschen sollten eigentlich entbehrlich sein. Das Herz, das für jemanden schlägt, bedarf keiner optischen Stütze.
Der Karneval ist der stets missglückte Versuch des Spießers, das Unerlaubte in seine Moral einzubeziehen.
Die Frauen, von denen die Männer meinen, sie seien ihnen über den Weg gelaufen, haben sich ihnen in den meisten Fällen in den Weg gestellt.