Zitate von Søren Kierkegaard
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Von dem ethischen Individuum kann man sagen, es sei wie das stille Wasser, das einen tiefen Grund hat, während der, der ästhetisch lebt, nur oberflächlich bewegt ist.

Gott nötig zu haben ist nichts, dessen man sich schämen müsste, sondern es ist die Vollkommenheit, und es ist am traurigsten, wenn etwa ein Mensch durchs Leben ginge, ohne zu entdecken, dass er Gott nötig hat.

Gib nie einen Menschen oder die Hoffnung auf ihn lieblos auf, denn es könnte selbst der verlorene Sohn, der am tiefsten gesunkene, doch noch gerettet werden.

Die Christenheit hat, ohne es recht selber zu merken, das Christentum abgeschafft; daraus ergibt sich, daß, wenn etwas geschehen soll, versucht werden muß, das Christentum wieder in die Christenheit einzuführen.

Denn das Traurige im echten Humor besteht darin, daß er ehrlich und ohne Täuschung rein menschlich beleuchtet, was es heißt, ein Kind zu sein.

Welch verführerischen Reiz hat doch ein Geheimnis! Aber es liegt ein Fluch darauf.

Die Frau hat mehr Angst als der Mann. Dies liegt nun nicht daran, daß sie weniger physische Kraft usw. hat, denn von dieser Art von Angst ist hier überhaupt nicht die Rede; sondern es liegt daran, daß sie sinnlicher und doch ebenso wesentlich geistig bestimmt ist wie der Mann.

Wie doch der Mensch am Leben hängt; mit welch zweideutiger Angst, es zu verlieren, es zu behalten!

Jesus Christus will nicht Bewunderer, sondern Nachfolger. Der Bewunderer ist die billigste Volksausgabe des Nachfolgers.

Es ist das Unglück der Christenheit, das Christentum zu einer bloßen Lehre gemacht zu haben.

Das Ewige ist, den blauen Bergen gleich, die Grenze für die Zeitlichkeit, wer aber kraftvoll in der Zeitlichkeit lebt, gelangt nicht zur Grenze.

Deshalb ist die Natur so groß, weil sie es vergessen hat, daß sie ein Chaos war; aber der Gedanke an das Chaos kann zu jeder Zeit wieder auftauchen.

Jedesmal, wenn die Philosophie sich häutet, schlüpfen Dummköpfe in die abgelegte Haut.

Gott schafft alles aus nichts – und alles, was Gott gebrauchen will, macht er zuerst zu nichts.

Wer sich selber ewig besitzt, kann weder zu früh noch zu spät in die Welt kommen, und wer sich selber in seinem ewigen Wert besitzt, der findet auch einen Platz in diesem Leben, welchen er ganz und voll ausfüllen kann.

Der archimedische Punkt außerhalb der Welt ist eine Betkammer, wo ein wahrer Beter in aller Aufrichtigkeit betet – und er soll die Erde bewegen.

Das größte Examen, dem ein Mensch sich zu unterwerfen hat, wozu ihm auch das ganze Leben angewiesen ist, das ist: Christ werden und Christ sein.

Zur Erkenntnis der Wahrheit bin ich vielleicht gekommen, zur Seligkeit sicherlich nicht.

In des Geistes Leben ist kein Stillstand, eigentlich auch kein Zustand, alles ist Aktualität, Tathaftigkeit.

Ein einzelner Mensch kann einer Zeit nicht helfen oder sie retten, er kann nur ausdrücken, daß sie untergeht.

Die Energie, in der ich meiner selbst ethisch bewußt werde, die ist’s also, worauf es ankommt, oder richtiger, ich kann meiner nicht ohne Energie ethisch bewußt werden.

Ein Kuß ist eine symbolische Handlung und hat nichts zu bedeuten, wenn das Gefühl, das er bezeichnen soll, nicht vorhanden ist; und dieses Gefühl kann nur unter bestimmten Verhältnissen vorhanden sein.

Mut habe ich zu zweifeln, ich glaube an allem; Mut zu kämpfen, ich glaube mit allem.

Ein Selbstmord ist der negative Ausdruck für die unendliche Freiheit. Er ist eine Form der unendlichen Freiheit, aber die negative Form. Wohl dem der die positive findet.

Ich kenne nur eine Sorge, die mich zur Verzweiflung bringen und alles in Verzweiflung stürzen könnte: die Sorge, daß die Reue eine Täuschung sei, eine Täuschung nicht über die Vergebung, die sie sucht, sondern über die Verantwortung, die sie voraussetzt.

Meine Ansicht von diesem Leben ist eine völlig sinnlose. Ich nehme an, daß ein böser Geist ein paar Brillen auf meine Nase gesetzt hat, in welchen das eine Glas nach einem ungeheuren Maßstabe vergrößert, während das andre Glas nach eben solchem Maßstabe verkleinert.

Ein Mann kann nie so grausam sein wie ein Weib: die Mythologie, die Märchen, die Volkssagen bestätigen das. – Wie oft liest man im Volksmärchen von einer Jungfrau, die kaltblütig mit ansieht, wie ihre Freier das Leben daransetzen, sie zu gewinnen.

Je mehr Leute es sind, die eine Sache glauben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Ansicht falsch ist. Menschen, die recht haben, stehen meistens allein.

Christus ist das Vorbild, und dem entspricht die Nachfolge. Es gibt eigentlich nur eine einzige wahre Art, auf die man Christ sein kann: der Jünger. Der Jünger hat unter anderem auch dies Kennzeichen: für die Lehre leiden.

Das Böse in unsrer Zeit ist nicht das Bestehende mit seinen vielen Mängeln, nein, das Böse in unsrer Zeit ist gerade diese böse Lust, dies Buhlen mit dem Reformieren-wollen.

Von nichts kann man nicht leben, hört man oft, besonders vom Pfarrer. Und gerade die Pfarrer bringen es zuwege: das Christentum existiert nicht, – aber sie leben davon.

Alles ist eine Modesache: Gottesfurcht ist eine Modesache und die Liebe und die Krinoline und ein Ring in der Nase.

Als geistlos bestimmt ist der Mensch eine Sprechmaschine geworden, und es steht dem nichts im Wege, daß er ebenso gut einen philosophischen Schwulst auswendig lernen kann wie ein Glaubensbekenntnis und ein politisches Rezitativ.

Man muß einem jungen Mädchen seine Freiheit lassen; nur soll man ihm keine Gelegenheit geben, sie zu benutzen.

Das Leben ist mir ein bitterer Trank geworden, und dennoch muß ich ihn einnehmen wie verordnete Tropfen, langsam, zählend.

Mein Entweder Oder bedeutet also zunächst nicht die Wahl zwischen Gut und Böse; es ist die Wahl, wodurch man sich unter den Gegensatz von Gut und Böse stellen oder nicht stellen will.