Zitate von Søren Kierkegaard
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Wer immer das Beste hofft, der wird alt, vom Leben betrogen; und wer immer auf das Schlimmste vorbereitet ist, der wird zeitig alt; aber wer glaubt, der bewahrt eine ewige Jugend.

Siehst Du, mein junger Freund, dieses Leben ist Verzweiflung, verbirg es vor andern, vor Dir selbst kannst Du es nicht verbergen, es ist Verzweiflung.

Wie oft liest man im Volksmärchen von einer Jungfrau, die kaltblütig mit ansieht, wie ihre Freier das Leben daransetzen sie zu gewinnen.

Mein Leben ist wie eine ewige Nacht. Sterbe ich einmal, so kann ich mit Achilles sagen: „Du bist vollbracht, Nachtwache meines Daseins.“

Müßiggang als solcher ist keineswegs eine Wurzel des Übels, im Gegenteil, er ist ein wahrhaft göttliches Leben, wenn man sich mir nicht langweilt.

Keiner verirrt sich so weit weg, daß er nicht zurückfinden kann zu Dir, Du, der du nicht bloß bist wie eine Quelle, die sich finden läßt.

Es gibt eine Anschauung vom Leben, welche meint, daß da, wo die Menge ist, auch die Wahrheit sei, daß es der Wahrheit selber ein Bedürfnis sei, die Menge für sich zu haben.

Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden.

Der Zweifler ist ein Gepeitschter; er hält sich auf der Spitze wie ein Kreisel, kürzere oder längere Zeit, je nachdem die Schläge der Peitsche fallen. Stehen kann er so wenig wie der Kreisel.

Was ist die Bedeutung der Freundschaft? Gegenseitige Assistenz mit Rat und Tat. Darum schließen zwei Freunde sich so eng aneinander an, und zwar obgleich einer dem andern oft nur im Wege steht.

Dagegen glaube ich an die Richtigkeit des Satzes, daß kein Mensch es ertragen kann, das Unendliche zu sehen.

Klug zu handeln ist nämlich Halbheit, womit man unleugbar in der Welt am weitesten kommt.

Bekanntlich gibt es Insekten, die im Augenblicke der Begattung sterben. So ist’s mit aller Freude: der Moment des höchsten und herrlichsten Genusses im Leben kommt in Begleitung des Todes.

Wahrlich, es gibt etwas, das dem Christentum und dem Wesen des Christentums mehr zuwider ist als jede Ketzerei, als jedes Schisma, mehr als alle Ketzereien und Schismen zusammen, und das ist, daß man Christentum spielt.

Nichts ist so geschwinde wie des Auges Blick, und dennoch ist er empfähig (kommensurabel) für des Ewigen Gehalt.

Das einzige absolute Entweder – Oder, das es gibt, ist die Wahl zwischen gut und böse.

Dem Unbedingten gegenüber ist nur das „Entweder-Oder“ die wirkliche Umarmung; jedes „bis zu einem gewissen Grade“ ist theatralisch, ist ein Griff ins Leere, eine Einbildung.

Es ist ganz wahr, was die Philosophie sagt, daß das Leben rückwärts verstanden werden muß. Aber darüber vergißt man den andern Satz, daß vorwärts gelebt werden muß.

Wenn der Gute klug ist, weiß er, wie die Welt das Gute haben will: unwahr, angenehm gemacht; weiß er, wie die Menge gewonnen werden will, die gefürchtete, die fordert, „dass der Lehrer vor den Zuhörern zittere und ihnen schmeichle“.

Der Mensch muß so leben, daß er Stunden und Zeiten hat, da er sein Gemüt sammelt, daß sein Leben an Durchsichtigkeit gewinne.

Unsere Epoche gestattet nicht, still zu stehen und sich zu vertiefen; schon bedächtiges Gehen ruft Verdacht hervor.

Wenn ein Mädchen nicht gleich auf den ersten Blick so tiefen Eindruck auf einen macht, daß sie das Ideale erweckt, so ist die Wirklichkeit im allgemeinen nicht sonderlich wünschenswert.

So wenig die Ehe zugesteht, daß man zwei Herren dient, so wenig mag sie die Überläufer.

Ich ziehe deshalb den Herbst dem Frühjahr vor, weil das Auge im Herbst den Himmel, im Frühjahr aber die Erde sucht.

Das Dasein jemandes, der da ist, zu beweisen ist das unverschämteste Attentat, da es ein Versuch ihn lächerlich zu machen ist.

Das Tragische liegt doch nicht darin, daß die Aussage des Orakels zweideutig ist, sondern darin, daß der Heide es nicht zu unterlassen wagt, sich bei ihm Rats zu holen.

Die Zeit und die Geschichte haben diejenigen gerechtfertigt, die gegen den Strom schwammen und mit den Überzeugungen ihrer Zeit aufeineinderprallten.

Der eigentliche Genuss liegt nicht in dem, was man genießt, sondern in der Vorstellung.

Wenn du etwas mitteilst, das existentiell höher steht, als deine eigene Existenz, so darfst du es nur so mitteilen, daß es zu deiner Demütigung dient.

Hinter der Welt, in der wir leben, fern im Hintergrund liegt eine andre Welt, die zu jener ungefähr in demselben Verhältnis steht wie die Szene, die man im Theater zuweilen hinter der wirklichen Szene sieht, zu dieser steht.

Was eilt man wohl so sehr unter die Leute zu bringen, und was hat anderseits mehr Verbreitung, als: Geschwätz! O, schaffe Schweigen.

Überhaupt ist es unglaublich, wie schlau und erfinderisch die Menschen sind, um der letzten Entscheidung zu entgehen.

Die Bibel ist nicht dazu da, daß wir sie kritisieren, sondern dazu, daß sie uns kritisiert.

Meine Weisheit ist nicht zum Gebrauch für jedermann; Klugheitslehren verschweigt man klugerweise.

Das ist die Verwirrung mit uns, daß wir zugleich der Pharisäer sind und der Zöllner.