Zitate von Søren Kierkegaard
page 4

Alles im Leben ist Modesache: die Gottesfurcht, die Liebe, die Krinoline und der Nasenring.

In der Liebe wagen die vorsichtigsten und scheuesten Menschen oft die verzweifeltsten Sachen.

Mit der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Menschen verhält es sich wie mit zwei Türen, die sich nur gleichzeitig öffnen und schließen lassen.

Die Welt, so mangelhaft sie auch ist, sie ist dennoch schön und reich. Denn sie besteht ja aus lauter Gelegenheiten zur Liebe.

An sich ist Müßiggang durchaus nicht Wurzel allen Übels, sondern ist, im Gegenteil, ein geradezu göttliches Leben, solange man sich nicht langweilt.

Die Menschen sind doch sonderbare Wesen. Die Freiheit, die sie haben, benutzen sie nicht, aber verlangen die, die sie nicht haben: Sie haben Denkfreiheit, und verlangen Redefreiheit.

Was die Philosophen von der Wirklichkeit sagen, ist oft geradeso täuschend, wie wenn man bei einem Trödler auf einem Schilde liest: „Hier wird gerollt.“ Käme man nun mit seiner Wäsche, um sie gerollt zu bekommen, so wäre man angeführt: denn das Schild steht da bloß zum Verkaufe.

Die Welt wird untergehen im allgemeinen Jubel witziger Köpfe, die meinen, es handle sich nur um einen schlechten Scherz.

In der endlichen Verzweiflung schließe ich mich ein mit dem Endlichen; in der absoluten Verzweiflung schließe ich mich auch für das Unendliche.

Bewunderung ist glückliche Selbstverlorenheit, Neid unglückliche Selbstbehauptung.

Erstens ist erforderlich, daß Du nicht den Spiegel ansiehst, den Spiegel betrachtest, sondern Dich selbst im Spiegel siehst.

Man sagt so gerne und oft, der Mensch sei ein geselliges Tier: im Grund ist er ein Raubtier wie nicht nur sein Gebiß beweist; und das Geschwätz von Geselligkeit und Gemeinschaft ist teils vererbte Heuchelei, teils wohlberechnete Hinterlist.

Die Verzweiflung ist ein Sichselbstverzehren, doch ein ohnmächtiges Sichselbstverzehren, das nicht kann, was es will.

Ist nicht das, was für den Weisen am allerschwersten zu verstehen ist, gerade das Einfältige? Der Einfältige versteht das Einfältige direkt, aber wenn es der Weise verstehen soll, wird es unendlich schwierig.

Durch Arbeit macht sich der Mensch frei; durch Arbeit wird er der Herr der Natur; durch Arbeit zeigt er, daß er mehr ist als die Natur.

Liebe ist Hingebung, Hingebung aber ist nur möglich, wenn man aus sich selber herausgeht.

Verliebt sein: wie schön! Wissen, daß man es ist: wie interessant! Das ist der Unterschied.

Als Weib haßt sie mich – als begabtes Weib fürchtet sie mich – und als guter Kopf – liebt sie mich.

Daß die Welt nicht vorwärtskommt, sondern zurückgeht, hat offenbar seinen Grund darin, daß die Menschen einander um Rat fragen, statt sich jeder mit Gott zu beraten.

Einmal war es so: Der Mensch verstand nur wenig, aber das Wenige bewegte ihn tief. Heute versteht er viel, aber es bewegt ihn nicht mehr oder doch nur oberflächlich.

Nein, Müßiggang ist nicht die Wurzel alles Bösen; Müßiggang ist das wahre Gute. Die Langweile ist die Wurzel des Bösen; sie muß man bekämpfen. Wer keinen Sinn für Müßiggang hat, der hat sich noch nicht zu echter Humanität erhoben.

Nie lasse man sich auf eine Ehe ein. Die Eheleute geloben einander „auf ewig“ Liebe. Wenn die Betreffenden stattdessen „bis Ostern“ sagten, sagten sie etwas, was man vielleicht halten könnte.

Wie schön ist’s, verliebt zu sein, wie interessant, zu wissen, daß man es ist. Ja, das ist der Unterschied.

Laßt uns wieder zum Ethiker gehen. Er sagt; was jeder Mensch ausrichtet und ausrichten kann, ist das, daß er seine Arbeit im Leben tun kann.

Hoffen heißt: die Möglichkeit des Guten erwarten; die Möglichkeit des Guten ist das Ewige.

Der Zustand der Welt ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: Was rätst Du? Ich würde antworten: schaffe Schweigen.

Die Sonne scheint für dich – deinethalben, und wenn sie müde wird, fängt der Mond an, und dann werden die Sterne angezündet.

Es ist mir zumute wie einer Schachfigur, von der der Gegenspieler sagt: Mit der Figur kannst du nicht ziehen. Zu was ich zu brauchen bin? Zu nichts, oder zu – allem. Das läßt auf seltene Fähigkeiten schließen!

Was ist denn Sanftmut anderes als: die schwere Last leicht tragen, wie Ungeduld und Verdrießlichkeit nichts anderes sind, als: die leichte Last schwer tragen.

In einem Theater brach hinter den Kulissen Feuer aus. Der Pierrot trat an die Rampe, um das Publikum davon zu unterrichten. Man glaubte, es sei ein Witz und applaudierte. Er wiederholte seine Mitteilung; man jubelte noch mehr. So, denke ich mir, wird die Welt eines Tages untergehen.

Wer das Schicksal erklären soll, der muß ebenso zweideutig wie das Schicksal sein.

An der Kraft zu vergessen kann man eigentlich die Elastizität eines Menschen messen.

Es geht den meisten Systematikern in ihrem Verhältnis zu ihren Systemen wie einem Mann, der ein ungeheures Schloß baut und selbst daneben in der Scheune wohnt.

Wer sich selbst seines ewigen Wertes bewußt geworden ist, sich also im Sinne der Ewigkeit besitzt, der kommt weder zu früh noch zu spät zur Welt, der hat auch nicht über ein unbedeutendes Leben zu klagen.

Es gibt zwei Arten von Christen: den Nachfolger Jesu, und dann die billigere Ausgabe davon: den Bewunderer Jesu.

Erst die innere Geschichte ist die wahre Geschichte, aber diese kämpft mit dem, was das Lebensprinzip der Geschichte ist – mit der Zeit; und kämpft man mit der Zeit, dann hat gerade das Zeitliche und jeder kleine Moment seine große Realität.

Wenn das Christentum so leicht und gemütlich wäre, wozu hätte Gott in seiner Schrift Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, mit ewigen Strafen gedroht?