Zitate von Carl Ludwig Schleich
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Wenn das Auge die Schönheit eines Menschenleibes mit Strahlenfingern abtastet, fühlt man noch einmal den prüfenden Schöpfergedanken: Und Gott sah, daß alles gut war.

Frauen sind den Männern, was einem Bündel loser Seiten ein schöner Einband ist. Sie sind wie die Goldschmiede, denn sie geben dem Wesen des Mannes Schliff und Fassung.

Der Weise ohne Humor ist undenkbar, weil er weiß, daß es Wissen über dem Verstande gibt.

Warum müssen immer Juristen und nie Kenner des Lebens die Geschicke der Völker lenken?

Das Schönste am Menschen ist sein Auge. Es empfängt den Quell des Lebens, das Licht, und gibt es wieder zurück als Strahl der Dankbarkeit. Die Sonne schuf das Menschenauge, um sich selbst und ihre Schönheit darin zu bewundern. Das Weltall glüht in unseren Augen und es verglimmt in unseren Tränen.

Der Ursprung der Religionen kann ebenso leicht aus der Dankbarkeit, dem Glück, etwas Tödlichem entronnen zu sein, hergeleitet werden als aus der Feigheit, sich einem allmächtigen Beschützer gegen Bedrohungen zu befreunden.

Ein wunderlicher Mosaikarbeiter ist der Traum, aber seine Bausteine stammen alle aus den Brüchen der Erfahrung.

Bewußtsein ist die Beobachtung des Ichs, das Innewerden dessen, daß ich ein Ich bin. Das Ich ist kondensierte Seele. Das Ich ist die Brücke vom Geist zur Seele.

Ich weiß, daß ich die Welt nur irrend schaue, Doch ist es alles mein Gesicht: Die Sonne über all das Schattengraue, Dies bißchen Eigen, Gott, das nimm mir nicht!

Es ist ein Tasten in der Welt, als wären wir alle abgestürzt und suchten in der Finsternis nach irgendeinem Stützpunkt zum Aufschwung.

Wo aber ist auch nur ein Schatten eines Beweises vorhanden dafür, daß eine Idee Formen schaffen kann? Wo kommt das vor? Nun, ich will es gleich sagen, bei der Hysterie!

Wir verschwenden unsere Zufriedenheiten und rechnen wie Geizhälse mit unseren Widerwärtigkeiten.

Die zarteste Schwingung der Seele ist der Traum. Es ist als wenn ein müder Falter mit seinen Flügeln über Nervensaiten streift.

Die Ehe ist ein gewagtes physiologisches Experiment, ein Versprechen, das der Geist gibt, aber der Leib vielleicht nicht halten kann.

Des Menschen ganzes geistiges Gefüge drängt, seine Seele schreit nach Wissen und nicht nur nach Beruhigungsmitteln, wie ein Leidender, der um Heilung fleht, und dem man Morphium reicht!

Denn überall sieht der Verstehende den Weg, auf dem alles vermeidbar gewesen wäre.

Wenn Tiere lachen könnten, besäßen sie vielleicht eine vollendete Kritik unserer Zivilisation. Aber sie hätten sich vielleicht schon bis zum Aussterben totgelacht. Ich möchte wohl einmal z.B. die Glossen eines Affen über den Zylinderhut oder die eines Hahnes über unsere Hochzeitspräliminarien hören!

Was soll man von sich selber sagen? Ich kenne mich nicht besser als irgendein anderer, der mir ein Rätsel wäre.

Die Psyche der Bedrückten fordert einen gerechten, der Herrschenden einen duldsamen, der Freudefähigen einen lachenden Gott.

Die größten Tyrannen sind die, die wir lieben, und die, welche uns mit vollendetem Egoismus auf das allernaivste beiseite schieben.

Der schönste Geruch dieser Erde ist der Duft eines frischgewaschenen Kinderhalses.

Das Talent ist ein Notar der Vergangenheit, es vollstreckt die Testamente des Genies. Das Genie aber ist ein Erblasser, der Ahne ohne Vorfahren, von dem die ganz Menschheit erbt.

Verlieren wir nicht unser Ich oft lange vor unserem Tode? Es schläft uns ein, lange, ehe man unsern Leib im Staube schlafen läßt.

Wer nicht an Unsterblichkeit glaubt, gleicht jemand, der den Sonnenaufgang leugnet, weil er erblindet ist.

Die Freude ist das kostbarste Lebenselexier. Sie ist eine herrliche Medizin zur Verlängerung unseres Lebens.

Es gibt keine Summe, gegen die ich mein Ich eintauschte. Es gibt kein Glück, für das ich mein Unglück hergäbe.

Lachen ist Ebbe und Flut unseres Zwerchfells. Es ist eine Form forcierter Atmung aus Lustgefühl: Sehnsucht nach Gleichgewicht.

Wer seine Müdigkeit künstlich bekämpft: Nikotin, Alkohol, Tee, Kaffee – legt seinem treuesten Wächter eine Binde um die Augen.

Entzückende Menschen findet nur der, der jeden Augenblick erwartet, sie zu treffen.

Die Antike war humorlos. Wo ist der Humor der Griechen? Welch ein Fortschritt von Homer bis Wilhelm Busch.

Ein gutes Zeichen, die Echtheit der Gefühle zu erprüfen, sind die Pupillen. Ein Mensch, der mit engen Pupillen eine Liebeserklärung macht, heuchelt.

Das Heilige, das Reine, das Rührende an einer Frau ist, daß in ihrem Leibe die Unsterblichkeit schlummert. Denke jede daran, daß sie die Natur als Ahne eines ganzen Volkes geträumt hat.

Sauberkeit sei eine Sittlichkeit. Reine Hände sind schreckhaft, schmutzige sollten uns zittern machen. Unsauberkeit ist die Visitenkarte der Gefahr.

Wie groß, wie sicher fühlt man sich in der Welt, wenn man liebt, und wie hilflos müßten wir sein, wenn wir uns vorstellen könnten, niemanden mehr zu lieben.