Zitate von Emanuel Geibel
page 3
Wandlung ist das Geheimnis der Welt. In steter Entfaltung unabsehlich gestuft bildet das Leben sich aus.
Lehr‘ nur die Jungen weisheitsvoll, wirst ihnen keinen Irrtum sparen; was ihnen gründlich helfen soll, das müssen sie eben selbst erfahren.
Nur zu Hause ist der Mensch ganz. In der Heimat wurzeln, O welche Zauber, Liegen in diesem kleinen Wort: Daheim.
Kann mich der Tod so bald entseelen, Was nützt mir alles Glück der Welt? Um froh zu sterben, will ich leben.
Es ist der Glaub‘ ein schöner Regenbogen, Der zwischen Erd‘ und Himmel aufgezogen, Ein Trost für alle, doch für jeden Wandrer Je nach der Stelle, da er steht, ein andrer.
Wie er gestürmt und geliebt, erzählt am Herde der Ahnherr; aber dem Enkelgeschlecht deucht es ein Märchen zu sein.
So Lob als Tadel unverdrossen Laß, Künstler, über dich ergehn! Du weißt, der Schaum ist bald zerflossen, Doch was du tüchtig schufst, bleibt stehn.
Leere Drohung, übler Brauch, wird des Feindes Hohn nur schärfen; Kannst du keine Blitze werfen, Freund, so laß das Donnern auch!
Der hat’s wahrhaftig als Poet nicht hoch hinausgetrieben, in dessen Liedern mehr nicht steht, als er hineingeschrieben.
Tadle mir einzelnes nicht an großen Naturen. der Fittich, der im Schreiten sie hemmt, trägt sie zu himmlischem Flug.
Witz ist ein schelmischer Pfaff, der keck zu täuschendem Eh’bund zwei Gedanken, die nie früher sich kannten, vermählt; Aber der nächste Moment schon zeigt dir im Hader die Gatten, und vor dem schreienden Zwist stehst du betroffen und – lachst.
Religion und Theologie sind grundverschiedene Dinge, eine künstliche Leiter zum Himmel die, jene die angebor’ne Schwinge.
Willst du Großes, laß das Zagen, Tu nach kühner Schwimmer Brauch. Rüstig gilt’s die Flut zu schlagen, doch es trägt die Flut dich auch.
Gebt ihr dem Göttlichen irdische Form, wie wollt ihr es hindern, daß sie das irdische Los alles Vergänglichen teilt? Alternd erstarrt sie zuletzt, und im Dunkeln verkümmert der hohe Inhalt oder zersprengt, sich zu befreien, das Gefäß.
Freude schweift in die Welt hinaus, bricht jede Frucht und kostet jeden Wein; riefe dich nicht das Leid nach Haus, du kehrtest nimmer bei dir selber ein.
Und war die Freude noch so süß – Ein Wölkchen kommt gezogen, Und vom geträumten Paradies Ist jede Spur verflogen.
Frühling ist die schöne Jahreszeit, in der der Winterschlaf aufhört und die Frühjahrsmüdigkeit beginnt.
Die Freiheit hab‘ ich stets im Sinn getragen, Doch haß‘ ich eins noch grimmiger als Despoten; Das ist der Pöbel, wenn er sich den roten Zerfetzten Königsmantel umgeschlagen.
Wenn’s etwas gibt, gewaltiger als das Schicksal, so ist’s der Mensch, der’s unerschüttlich trägt.
Und darum ist so süß der Traum, Den erste Liebe webt, Weil schneller wie die Blüt‘ am Baum Er hinwelkt und verschwebt.
Bruder, sprachen die Gänse zum Schwan, wir lassen dich gelten, aber bemüh‘ dich nun auch, daß du das Schnattern erlernst.
Ihr wißt’s, wie wir so selig waren, So selig und so rein dabei – Nein, wie man’s ist mit achtzehn Jahren: Es war im schönen Monat Mai.
Das Herz hat auch seine Ostern, wo der Stein vom Grabe springt, den wir dem Staub nur weihten. Und was du ewig liebst, ist ewig dein.
Was die Epoche besitzt, das verkündigen hundert Talente, aber der Genius bringt ahnend hervor, was ihr fehlt.
Liebe, die von Herzen liebt, Ist am reichsten, wenn sie gibt; Liebe, die von Opfern spricht, Ist schon rechte Liebe nicht.
Proben gibt es zwei, darinnen Sich ein Mann bewähren muß: Bei der Arbeit recht beginnen, Beim Genießen rechter Schluß.
Wer dem Genuß nachjagt, der schmiedet sich selber die Fessel. Freiheit findest du nur, wenn du entsagen gelernt.
Nur zu oft vom Born entfernt Trübt die Welle sich, die klare; Heil, wem das Unmittelbare Blieb, als er die Kunst gelernt!
Das Schwerste klar und allen faßlich sagen, Heißt aus gedieg’nem Golde Münzen schlagen.
Sollt‘ ein schönes Glück mich kränken, Weil es allzurasch entfloh? Kurz Begegnen, lang Gedenken Macht die Seele reich und froh.
Und ob die Brust auch blutet, Nur vorwärts in die Bahn! Du weißt, am vollsten flutet Gesang dem schönsten Schwan.
Am guten Alten in Treue halten; am kräftigen Neuen sich stärken und freuen wird niemand gereuen.
Soll ewig denn als Pförtnerin Am Kirchtor die Dogmatik steh’n? Gönnt endlich Jedem einzugeh’n, Der sich bekennt zu eures Heilands Sinn.