Zitate von Emanuel Geibel
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Rasch wie der Wind umspringt, so wechseln das Herz und die Welle, Heut weitleuchtende Ruh, morgen chaotischer Sturm.
Drei Dinge vermag ich nur ganz zu loben, die stets zu echtem Heil den Grund gelegt: Gesundheit, Mut und heitern Blick nach oben.
Ist denn die Blume nur da zum Zergliedern? Weh dem Geschlechte, das, anstatt sich zu freun, jegliche Freude zerdenkt!
Das ist das alte Lied und Leid, dass dir Erkenntnis erst gedeiht, wenn Mut und Kraft verrauchen. Die Jugend kann, das Alter weiß, du kaufst nur um des Lebens Preis die Kunst, das Leben zu gebrauchen.
Sorgen sind meist von der Nesseln Art, sie brennen, rührst du sie zart; fasse sie nur an herzhaft, so ist der Griff nicht schmerzhaft.
Nur das steht fest im ew’gen Wühlen: Wer die Gewalt hat, übt Gewalt, und wieder: wer nicht hören will, muß fühlen.
Gibt die Not dich wieder frei, Prüfe dich mit frommem Eifer; Ach, und wardst du drin nicht reifer, Sprich noch nicht: sie ist vorbei.
Ihr kommt, das Haus mir umzukehren, Und steckt mir’s über’m Kopf in Brand, Und will ich meiner Haut mich wehren, So schimpft ihr mich intolerant.
Wahrlich ein köstliches Gut ist tief eingehendes Wissen, aber zuletzt doch nur, weil es ein Können gebiert.
Ich blick‘ in mein Herz und blick‘ in die Welt, Bis vom schimmernden Auge die Träne mir fällt. Ach, die Schranken so eng, und die Welt so weit!
Daß dir zu hoch kein Gipfel ist, ei, laß mich’s an der Tat erproben! Statt deine Schwingen mir zu loben, fliege, so du ein Adler bist!
Wen sehnsüchtiger Drang nach den Wundern der Fremde hinaustrieb, Lernt in der Fremde – wie bald! – innigstes Heimatsgefühl.
Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen nennt ihr die Dinge sich entwickeln lassen. Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, das man zur rechten Stunde nicht getan?
Und plötzlich stand vor meiner Seele mir Mein ganzes Glück, mein ganzes Leid von weiland; Und tiefe Sehnsucht fiel mich an nach dir, Du meiner Jugend fern verscholl’nes Eiland.
Wenn, was Gott dir zur Freude beschert, Deine Torheit in Leid verkehrt, Wird er dich künftig der Müh überheben, Und das Leid dir schon fertig geben.
Undank ist ein arger Gast; Aber an den angetanen Liebesdienst den Freund zu mahnen, Ist so arg wie Undank fast.
Laß mir die Knaben vom Feste, denn sie haben noch nichts erlebt! Das ist am Wein das Beste, daß die Erinnerung darüber schwebt.
Wenn Schuld und Kummer dich bedrängen, Die Beicht‘ erleichtert dir das Herz; Der Dichter beichtet in Gesängen Sich rein von Leidenschaft und Schmerz.
Wenn du dich selbst zu vollenden begehrst, leb‘, als müßtest du morgen sterben, streb‘, als ob du unsterblich wärst.
Mut, Mut! Dem Leid der Lust die Stirn entgegen, die Welt ist immer noch des Schönen voll.
Solang du weilst auf Erdenbahnen, dem Irrtum, Freund, entgehst du nicht; doch läßt dich Irrtum Wahrheit ahnen: Irrtum ist Farbe, Wahrheit Licht.
Nicht wer Staatstheorie doziert, ein Politiker ist nur, wer im gegebenen Fall richtig das Mögliche schafft.
Der Mann fragt Bücher, Freunde, Welterfahrung, Das Weib vernimmt des Herzens Offenbarung.
Nicht das Bild, das die Seele dir füllt, schon macht dich zum Dichter, sondern die Gabe des Worts, die es in Andern erweckt.
Die schöne Form macht kein Gedicht, Der schöne Gedanke tut’s auch noch nicht; Es kommt drauf an, daß Leib und Seele Zur guten Stunde sich vermähle.
Wer einmal Liebe nahm und Liebe gab auf Erden, kann selbst im tiefsten Gram nie ganz unselig werden.
Fülle die Jugend mit würdigem Stoff und in froher Begeisterung lehre sie glühn! Die Kritik kommt mit den Jahren von selbst.
Die Zeit ist wie ein Bild von Mosaik, zu nah beschaut, verwirrt es nur den Blick; willst du des Ganzen Art und Sinn verstehn, so mußt du’s, Freund, aus rechter Ferne sehn.
Wohl mit jedem Bekenntnis verträgt sich ein frommes Gemüt, aber das fromme Gemüt hängt nicht vom Bekenntnis ab.
Studiere nur und raste nie! Du kommst nicht weit mit deinen Schlüssen; das ist das Ende der Philosophie, zu wissen, daß wir glauben müssen.
Was ich wünschte vor manchem Jahr, Hat das Leben mir nicht beschert, Aber es hat mich dafür gelehrt, Dass mein Wunsch ein törichter war.
Fließend Wasser ist der Gedanke, Aber, durch die Kunst gebannt In der Form gediegne Schranke, Wird es blitzender Demant.
Nur dem Befreundeten gilt, was du bist. Die entferntere Menge mißt dich, o Künstler, mit Fug einzig nach dem, was du kannst.