Zitate von Georg Christoph Lichtenberg
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Es erfordert außerordentlich viel Talent, einem vernünftigen Manne etwas Neues und Wichtiges so leicht vorzutragen, daß er sich freut, es jetzt zu wissen.

Da er seinem Vater bei der Zeugung nun einmal so mißlungen war, wagte auch später kein Kupferstecher sein Glück an ihm.

Er hat mich einiger Fäden des frömmsten Geifers gewürdigt und sein geweihtes Pfui über mein Werkchen ausgespuckt.

Man muß keinem Werk, hauptsächlich keiner Schrift, die Mühe ansehen, die sie gekostet hat.

Es ist eine Frage ob in den Wissenschaften und Künsten ein Bestes möglich sei, über welches unser Verstand nicht gehen kann. Vielleicht ist dieser Punkt unendlich weit entfernt, ohnerachtet bei jeder Näherung wir weniger vor uns haben.

Es ist eine alte Regel: Ein Unverschämter kann bescheiden aussehen, wenn er will, aber kein Bescheidener unverschämt.

Eine seltsamere Ware, als Bücher, gibt es wohl schwerlich in der Welt. Von Leuten gedruckt, die sie nicht verstehen; von Leuten verkauft, die sie nicht verstehen; gebunden, rezensiert und gelesen von Leuten, die sie nicht verstehen; und nun gar geschrieben von Leuten, die sie nicht verstehen.

Einer erzeugt den Gedanken, der andere hebt ihn aus der Taufe, der dritte zeugt Kinder mit ihm, der vierte besucht ihn am Sterbebette, und der fünfte begräbt ihn.

Der Mensch ist vielleicht halb Geist und halb Materie, so wie der Polype halb Pflanze und halb Tier. Auf der Grenze liegen immer die seltsamsten Geschöpfe.

Große Leute fehlen auch, und manche darunter so oft, dass man fast in die Versuchung gerät sie für kleine zu halten.

Ich glaube nicht, daß unter der sogenannten studierenden deutschen Jugend die Summe leerer Köpfe je größer gewesen ist als jetzt.

Der Mann hatte immer von der einen Seite ein sehr ehrliches Gesicht, wenn er einen dicken Backen hatte, und waren beide Backen geschwollen, so bekam er an den Mundwinkeln die beiden Cherubs-Fältchen.

Ich habe den Tod sehr nahe gesehen, und seit der Zeit sind mir eine Menge von Dingen, die die Welt fürchtet, eine Kleinigkeit.

Die Seele legt, so wie der Magnet den Feilstaub, das Gesicht um sich herum.

Es gibt so genannte Mathematiker, die sich gerne ebenso für Gesandte der Weisheit gehalten wissen möchten als manche Theologen für Gesandte Gottes, und ebenso das Volk mit algebraischem Geschwätz, das sie Mathematik nennen, als jene mit Kauderwelsch hintergehen, dem sie den Namen biblisch beilegen.

Sein Tintenfaß war ein wahrhafter Janus-Tempel, wenns zugepropft war, so wars in der ganzen Welt Friede.

Bücher mit einem sehr einnehmenden, gut erfundenen Titel taugen selten etwas. Vermutlich ist er vor dem Buche selbst erfunden, vielleicht von einem andern.

Wenn es uns im Dunkel irgendwo sticht, so können wir gemeiniglich mit einer Nadelspitze die Stelle finden. Was für einen genauen Plan muß die Seele von ihrem Körper haben!

Da sie sahen, daß sie ihm keinen katholischen Kopf aufsetzen konnten, so schlugen sie ihm wenigstens seinen protestantischen ab.

Man sagt: das Adlerauge der Kritik. In vielen Fällen wäre es besser, zu sagen: die Hundsnase der Kritik.

Laß dich von deiner Lektüre nicht beherrschen, sondern herrsche über sie!

Den ganzen Tag, hör ich, sei unter euch die Frage: Ob ich auch selbst das tue, was ich sage? Nein, ich, als Seelenarzt, treib’s, wie’s ein Doktor treibt: Kein Doktor in der Welt verschluckt, was er verschreibt.

Ich sehe nicht ein, warum manche Teile des menschlichen Körpers mit Haaren bewachsen sind, als damit beim Baden sich das Wasser länger darin hält und durch seine Kühlung jene Teile stärkt und kühlt, weil sie es am meisten von Nöten haben.

Ein gewisser Freund, den ich kannte, pflegte seinen Leib in drei Etagen zu teilen, den Kopf, die Brust und den Unterleib, und er wünschte öfters, daß sich die Hausleute der obersten und untersten Etage besser vertrügen.

Hüte dich, dass du nicht durch Zufälle in eine Stelle kommst, der du nicht gewachsen bist, damit du nicht scheinen mußt, was du nicht bist! Nichts ist gefährlicher und tötet die innere Ruhe mehr, ja ist aller Rechtschaffenheit mehr nachteilig als dieses.

Die große Regel: Wenn dein Bißgen an sich nichts Sonderbares ist, so sage es wenigstens ein bißgen sonderbar.

Unser Leben kann man mit einem Wintertag vergleichen. Wir werden zwischen 12 und 1 des Nachts geboren, es wird 8 Uhr, ehe es Tag wird, vor 4 des Nachmittags wird es wieder dunkel, und um 12 sterben wir.

Keine Erfindung ist wohl dem Menschen leichter geworden, als die eines Himmels.

Er hatte gar keinen Charakter, sondern wenn er einen haben wollte, so mußte er immer erst einen annehmen.

Es schadet bei manchen Untersuchungen nicht, sie erst bei einem Räuschchen durchzudenken und dabei aufzuschreiben.

Das Rauchen im Dunkeln ist wirklich eine angenehme Beschäftigung, und wenn man sonst wohl ist, so denke ich, kommt es unmittelbar nach dem Küssen im Dunkeln.

Jetzt sucht man überall Weisheit auszubreiten, wer weiß, ob es nicht in ein paar hundert Jahren Universitäten gibt, die alte Unwissenheit wieder herzustellen.

Wer eine Scheibe an seine Garten-Tür malt, dem wird gewiß hineingeschossen.

Der Rheinwein ist der beste, in welchen der Rhein und die Mosel gar nicht geflossen ist.

Wir müssen glauben, daß alles eine Ursache habe, so wie die Spinne ihr Netz spinnt, nur Fliegen zu fangen. Sie tut dieses, ehe sie weiß, daß es Fliegen in der Welt gibt.

Alles sollte erlernt werden, nicht um damit anzugeben, sondern um es anzuwenden.

Wer gegen sein Gesinde gut ist, ist meistens im Grunde gut: man verstellt sich nicht leicht gegen Leute, die man für ihre Dienste bezahlt und von einem abhängen, die man der Ehre der Verstellung gegen sie nicht würdig achtet, und die man nicht fürchtet.

Bücher, die man junge Leute will lesen machen, muß man ihnen nicht sowohl selbst empfehlen, als in ihrer Gegenwart loben. Sie finden sie hernach von selbst, so ist es mir gegangen.

Ein Buch ist ein Druckwerk, aus dem Leser gewöhnlich etwas ganz anderes herauslesen, als der Autor hineingeschrieben hat.

Der schönste gestirnte Himmel sieht durch ein umgekehrtes Fernrohr leer aus.