Zitate von Gregor Brand
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Katholische Bauern gingen nicht selten von Pontius zu Pilatus, jüdische Intellektuelle von Marx zu Freud. Das Ergebnis war in beiden Fällen meist gleich enttäuschend.
Was die neuerungssüchtigen Abendländer gern vergessen: Es ist nichts Schlechtes, Gutes zu repetieren.
Wie kann die Welt von mir verlangen, mich selbst zu kennen, wenn sie mich in jedem Spiegel anders aussehen läßt?
Am liebsten sind mir die Schriftsteller, die mich nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Schreiben bringen.
Mit jedem guten Gedicht von mir und mit jeder klugen Bemerkung steigt meine Achtung vor meinen Vorfahren.
Wie es Menschen gibt, die kein Blut sehen können, so gibt es welche, die keinen Gott sehen können.
Auch wenn die Flucht nach vorn oft Anerkennung einbringt, so bleibt sie doch eine Flucht.
Mit viel Alkohol erscheint manches vielleicht zweifach, aber vieles sicher auch einfach.
Wie viele frische Gedanken mögen schon alten modernden Aufzeichnungen entnommen worden sein?
Die rituellen Segnungen von Priestern sind ein blasser Schatten gegenüber dem freundlichen Zuwinken einer schönen Frau.
Jede Pädagogik, in der nicht Begabung und deren Vererbung eine zentrale Rolle spielen, ist auf Treibsand gebaut.
Je mehr man weiß, desto mehr fällt einem ein – wenn man sein Wissen nicht wie einen Felsblock vor den Eingang seines Denkens legt.
Wäre die mittelalterliche Kunst frei und demokratisch gewesen, dann wären die Kirchen voller erotischer und pornographischer Darstellungen.
Ich finde es gut, daß die Menschen lieber die Zeit als den Raum totschlagen. Jeder hat seine eigene Zeit, aber der Raum ist für viele da.
Gebot der wahren Nächstenliebe. Du sollst über die Leiden, Schmerzen und Probleme der Dir Nahestehenden viel besser Bescheid wissen und Dich mehr sorgen als über den Kummer der Fernen.
Für diejenigen, die denken können, sollte eher optimale Denkfähigkeit Maß des Essens sein als optimale Figur.
Arisierung. Seit einigen Jahrzehnten begreifen immer mehr Menschen, daß schon die griechische Namensform „Jesus eine unzulässige Arisierung dieses Hebräers ist.
Wer mit seinen Geistesschöpfungen lange überdauern will, der sollte Vorurteile schaffen: Nichts besteht länger.
Wer Geistesblitze für cerebrale Energieverschwendung hält, mag sein Leben weiter auf Sparflamme brennen lassen.
Dem Geist macht es nichts aus, einen Teil seines Lebens in Zellen verbringen zu müssen.
Am Anfang war das Wort, heißt es. Aber was ist mit den Buchstaben? Waren die nicht schon vorher da? Eine alte und immer noch ungelöste kabbalistische Frage.
Gott ist gut und gerecht! Jubelte dankbar die Samenzelle, als sie als einzige unter Millionen ihr Ziel erreicht hatte.
Die Realität der Realität. Man darf der Wirklichkeit vieles vorwerfen, aber nicht, daß sie wirkt.
Wer glaubt, für eine gerechte Sache zu kämpfen, empfindet es schnell als Beleidigung, wenn man ihn auf die Opfer seines Kampfes hinweist. Gute Gewissen lieben keine unschuldigen Opfer.
Man könnte den Eindruck gewinnen, daß Religionen und Ideologien uns nur deshalb vom Elend befreien wollen, um selbst dessen Platz einnehmen zu können.