Zitate von Jeremias Gotthelf
page 7
Der Mensch ahnt, was er tut, aber weit über seinen Gesichtskreis hinaus wachsen die Folgen seiner Tat.
Die eigentliche Anspruchslosigkeit ist nichts anderes als der demütige, kindliche Sinn, dem, wie Christus selbst sagt, das Himmelreich gehört, der keiner Verdienste sich bewußt ist, aber ein inniges Danke hat für jede Gabe, jedes Zeichen der Liebe.
[…] [Das] Rechte beugt sich nicht nach den Umständen, es ist nicht ein Bohnenstecken, den man abbrechen kann, wenn er lang ist, auch nicht eine Summe Geldes, an der man märten kann.
Es gibt kein Ding auf der Welt, welches nicht zu etwas gut ist, so sagt ein altes Sprichwort, und richtig gefaßt, hat das alte Sprichwort recht.
Schöne Geschichten und liebliche Worte sind einem Kinde, was im Frühling der Tau. Wo dieser warme, weiche Tau fehlt, gehen die edelsten Keime nicht auf, verkümmern unendlich viele Kinder am Geiste.
Wenn unser Herrgott einem Menschen Unglück geordnet hat, so sind die anderen Menschen nicht dafür da, daß sie nun auch auf ihn losfahren und ihm vollends den Garaus machen, sondern um Geduld zu haben und nach Kräften zu helfen.
Das ist eine Merkwürdigkeit, daß echter Haß sich weit leichter zeigt, als echte Liebe. Der Liebe schämt man sich, des Hasses nicht.
Ausgelacht zu werden, ist schwachen Gemütern ebenso schrecklich als gehängt zu werden; die Furcht, ausgelacht zu werden, hat unendlich viel Böses getan und unendlich mehr Gutes verhindert.
Dieses Ziehen und Bilden des Menschen ist die Hauptsache, nicht das Umschaffen der Zustände der Erde zu einem Himmel.
Ruhe, ein Wort von wunderbarem Klang, welchen aber nur der recht empfindet, der müde gewesen ist bis ins Mark hinein.
Es gibt wenig Leute, welche statt zu besänftigen, nicht Öl ins Feuer gießen. Besänftigen ist eine rare Kunst; um sie zu üben muß man das Herz, welches man besänftigen will, vollständig kennen und aller seiner Schwingungen Meister sein.
Leider bleiben auf der Welt die meisten Herzen sich fremde, sind doch die meisten Menschen sich fremde in den eigenen Herzen.
Es ist sehr kurios, wie verschieden man eine Sache ansehen kann, je nachdem, ob sie uns oder jemand anders angeht.
Welche Kraft kann einflußreicher, anspornender sein als die mütterliche Liebe – die sanfteste und zugleich unerschrockenste Kraft in der ganzen Naturordnung?
Es kömmt mancher auf der Welt unbevogtet davon, aber vor Gott wird er als ungetreuer Haushalter büßen müssen.
Die Liebe teilt das Los aller menschlichen Dinge, je fleischlicher etwas ist, desto rascher geht’s vorüber, je mehr Geistiges ihm beigemischt ist, desto länger dauert es.
Ach, es möchten die Menschen so gerne unentbehrlich sein, und verstehen doch nicht, sich unentbehrlich zu machen.
So, wie man durch sein Tun sich inwendig eine Gewohnheit bereite, so mache man sich auswendig einen Namen. An diesem Namen, an dem Ruf, der Geltung unter den Menschen, arbeite ein jeder von Kindheit an bis zum Grabe. […]
Das „dumm“ ist ein gar seltsam Wort, es gleicht gar oft dem Stein, der den Schleuderer selbst ins Gesicht schlägt.
Es ist wohl keine Stunde bitterer im Leben als die, in welcher der Glaube an die Menschheit bankrott werden will.
Bei wahrem Leid schlägt kein Worttrost an, aber das Kommen, das Nichtverlassensein erhebt, und ein einziger Blick, aus dem Liebe spricht, gibt der Seele Kraft.
Es geschieht oft im Leben, daß Gott einem das Liebste versagt, daß Verhältnisse die schönsten Kräfte zu binden scheinen; aber der Herr will es so, und seine Ratschläge sind unerforschlich, und wenn der Herr Kräfte zu binden scheint, so ist es nur, damit andere und bedeutsamere sich entfalten.
Ist das nicht eine große Gabe, wenn man die Kraft empfangen hat, dem Willen Gottes sich zu unterziehen, um das Genügen, welches übrighaben und Mangel leiden kann und beides unbeschwert?
Ansehen und Respekt müssen von selbst kommen; sie sind der Eindruck, den unsere Person auf andere macht.
Wohl denen, welche in ihren Kindern den Sinn bewahren, daß kleine Dinge sie freuen; wohl denen, welche in ihren Herzen den Sinn bewahren, daß auch sie freut, was die Kinder freut.
Das Leben bildet den Charakter, die Schule gibt nur das Wissen, und weil man die Schule vergöttert, leidet man jetzt an dem schweren Übel, daß man wohl allerlei Wissen hat, aber schrecklichen Mangel an Charakter.
Ein wohltuendes, erwärmendes Gefühl sollte ein Mensch im andern bei dem Zusammensein erwecken; dann wäre es schön auf Gottes schöner Erde.
Es gibt in jeglichem Leben harte Schläge, wie es in jeglichem Sommer Gewitter gibt; und je schöner der Sommer ist, um so mächtiger donnern die einzelnen Gewitter über die Erde.
Sie sind selten, die Augenblicke im Menschenleben, wo in Weh und Wonne die heiligen Fluten weit über alles Denken gehen und den Menschen versenken in den tiefen Brunnen heiliger Andacht, süßen Bangens, heißen Sehnens.
Eine brave Mutter, die ihre Kind selber lehrt, ist immer das, was mich auf Gottes Boden das Schönste dünkt.
In den meisten Fällen tut ein freundlich, zutraulich Wort mehr Wirkung und dringt tiefer ein, als ein strenges, hartes. So geht der Regen tiefer in den Boden hinein als der Hagel; darum läßt der liebe Gott auch mehr regnen als hageln.
Es ist gar wunderlich mit der sogenannten Bildung; sie ist oft gar nichts als ein simpler Kleister über rohe Natur.
Mensch, willst du, daß die Tränen dir versiegen, und es heiter werde in deinem Gemüt, so muß du deine Augen nicht in den Schoß der Erde drücken, du mußt sie aufwärts kehren.
Ist auch das Wirken wenig, so ist doch das Wollen mein, und dieses wird Gott auch ansehen.
Die Weisheit, die von innen heraus kommt, an vernünftigen Gedanken schafft und sie weiht mit höheren Gefühlen, ist aus der Mode gekommen.
Es giebt aber auch selten schönere, herzlichere Predigten, als die, welche quellen aus treuen Mutterherzen.
Wer blind ist, sieht auch die Sonne nicht, und wer taub ist, hört auch den Donner nicht.
Es gibt zwei Schlüssel zum Menschenherzen, die es vor allen andern auftun: Liebe und Zorn.
Mensch, wie wäre dir, wenn einst an einem Morgen keine Sonne aufstiege am Himmelsbogen, wenn es finster bliebe über der Erde? Wie wäre es dir ums Herz?