Zitate von Jeremias Gotthelf
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Sie müssen von Jugend auf lernen, daß im Entbehren ein weit soliderer Reichtum liegt als im Besitz.
Die Menschenfurcht, die mächtigste Gewalt auf Erden, ist meist die Gegnerin der Gottesfurcht.
Ein Herz der rechten Art, welches viel Weh erduldet, fühlt den Wert der Liebe am innigsten.
Mutter wird manche ungesinnt, aber eine rechte Mutter sein, das ist ein schwer Ding, ist wohl die höchste Aufgabe im Menschenleben.
Eine Frau mit Charakter, die ihren Platz, sei er, welcher er wolle, zu behaupten weiß, imponiert in der Regel und hat eine eigene Gewalt in ihrem Munde, ihre Worte scheinen zehnmal mehr zu wiegen als Mannesworte, sie demütigen mehr, als daß sie erzürnen.
Je weniger man von einer Sache kennt, desto leichter kommt einem das Erlernen derselben vor, und je weniger Begriff man von einer Kunst oder Wissenschaft hat, desto geringer schätzt man sie.
Es verliert die schwerste Bürde die Hälfte ihres Drucks, wenn man von ihr reden kann.
Lehrgeld muß ein jeder zahlen; wenn er schon meint, er könne es, so muß er es doch immer wieder erfahren, daß auch der schlauesten Katze Mäuse entrinnen.
An den Wolken am Himmel kann der Mensch nichts machen, aber den Wolken über seinem Gemüte zu gebieten, fände da nicht jeder Mensch in sich die Macht, wenn er sie nur suchte?
Mit dem ABC kann man richten, Krieg und große Sachen schlichten. Mit erfrorenen Fingern macht man keinen Knoten auf; mit erkältetem Gemüt wird Leichtes schwer vollbracht.
Das ist eben des große Unglück, daß man meint, unter anderem Tuche seien auch andere Herzen, und unter verschiedenem Zuschnitt verschiedene Empfindungen.
Mächtiger als Dolch und Gift ist das böse Wort, das durch die Herzen fährt und in die Seele schleicht.
Der Lauf der Jahre ist der wahre Fortbildungskurs, und Gott der Direktor, der ihn leitet.
So vermag der Groll nur die Dinge zu empfinden, welche ihn berühren, alles andere ist für ihn gar nicht in der Welt. […]
Wie man an Blüten und Früchten den Baum erkennt, so wird der Geist der Ehe offenbart an den Kindern.
Die Bürden, welche alle Menschen tragen, sind nicht so verschieden, als sie scheinen, ihre Schwere oder Leichtigkeit hängt nicht vom eigenen Gewicht ab, sondern von der Gewohnheit und dem Gemüte, welches sie trägt.
Gar feinen Sinn haben die Menschen für die Schwäche der Nächsten; wenn der Sinn in allem so fein wäre, so wären wir sehr feine Menschen.
Denn selbst sehen und erkennen können die meisten Menschen nicht, sie sind blind geboren, den Star muss man ihnen stechen. Mancher, im Unrat geboren, merkt ihn nicht, bis man ihm die Nase darauf stößt und ihm sagt: ‚Das stinkt‘.
Man kann nicht genug daran denken, wenn man ein arm Kind zur Kirche trägt, wie nötig dasselbe Gott habe, wenn das Elend der Sünde es nicht verschlingen soll.
Das ist das Unglück, daß ganze Völker wie einzelne Menschen um sich schlagen, nur um nicht sich schlagen zu müssen, daß sie das Unheil nach außen tragen, weil sie bei sich selbst nicht fertig werden.
Gar zu oft regt der äußere Nutzen uns zu einer guten Tat an, und wenn wir auch aus innerem, schönen Triebe etwas Gutes vollbracht, so kommt hintendrein gezogen die Eitelkeit, der Stolz, der Übermut und beschmutzt die Tat.
Der Mensch behält immer ein Gewissen, auch wenn sich eine Kruste von Granit gebildet hat, der ganze Mensch ein Urgebirge scheint.
Wenn ein jedes seine Fehler sieht und bekennt, jedes die Schuld auf seine Schultern nimmt, dann sind Eheglück und Ehefrieden gesichert.
Wenn doch die Leute dächten, daß nicht Gaben Gott wohlgefallen, sondern das Herz, das die Gaben gibt, und daß Gott dem Menschen Verstand gegeben, daß er ihn anwende auch im Austeilen seiner Gaben!
Das Leben des Menschen ist der von Gott verordnete Fortbildungskurs – ein ganz anderer als der, der hier oder dort von der Obrigkeit angeordnet wird.
Beim Kleinen beginnt alles, und je größer und mächtiger etwas werden soll, desto langsamer und scheinbar mühsamer wächst es.
Gott hat unzählige stille Wege, auf denen er möglich macht, was uns unmöglich erscheint. Gestern war noch nichts sichtbar, heute nicht viel, doch morgen steht es vollendet da.
Es ist eben die schwerste Lebensaufgabe, das Schwere auf sich zu nehmen, vor dem Schwersten nicht zu zagen und zittern. Das meiste Unglück der Menschen besteht eigentlich nur darin, daß sie sich mit Händen und Füßen gegen das Kreuz, das sie tragen sollen und tragen müssen, stemmen und wehren.
Es liegt aber das Glück nicht in den Dingen, sondern in der Art und Weise, wie sie zu unsern Augen, zu unsern Herzen stimmen; und ein Ding ist einem viel wert, was ein anderer mit keinem Finger anrühren möchte.
Nicht in der Verrichtung liegt die Hoheit und die Würde, sondern in der Art, wie sie verrichtet wird.
Was kann der Mensch geben zum Werte seiner Seele? „Geld, Geld, reich, reich“ hätte ihm [Christen] früher immer in den Ohren geklungen. In Zukunft sollte „Friede, Friede, fromm, fromm“ in seinen Ohren sein.
Die Liebe ist weder theoretisch und gottlob auch nicht wissenschaftlich, sondern akkurat noch so, wie sie Gott geschaffen hat, nicht zum Dividieren, Spekulieren, Subtrahieren, sondern sich zu freuen über Freudiges, zu weinen, wenn es wieder dahingeht.
Glücklich ist, wer vom Reisen als beste Beute den Spruch heimbringt: Gottlob, daß ich wieder heim bin!
Auf Erden dauern schöne Träume selten lange, die rauhe Wirklichkeit läßt sich ihre Rechte nicht nehmen, und wenn die Träume am himmlischsten sich gestalten, macht sie einen Strich durch dieselben und streut Sand darauf.