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Das Menschengeschlecht von heute: Es ist kein Mannesmark, es ist ein Teig, mit Fäusten tapfer, an Charakter feig. Es fehlt der Mut, der im Gewissen sitzt, der freie Geist, der frisch die Wahrheit blitzt.
Carl SpittelerDadurch unterscheidet sich der Mensch vom Maultier, daß er einen gescheiten Rat annimmt.
Carl SpittelerMan muß wahrlich eine geringe Meinung von der Einbildungskraft hegen, um zu glauben, das, was der Dichter aus seiner Seele hervorgeholt, könnte nicht von der Seele aufgenommen, die Bilder, die jener mit produktiver Vision schaute, könnten nicht mit rezeptiver Vision wiedergeschaut werden...
Carl SpittelerAber ein Jubilar, was hat denn der heute Jubelnswertes erreicht? Das siebenzigste Altersjahr. Ein verwünschter Gewinn! Das heißt einen Erlaubnisschein auf Magenkrebs oder Gehirnerweichung.
Carl SpittelerIch hatte lange gemeint, der Hohn wäre das Schlimmste. Es gibt aber etwas noch Schlimmeres: die boshaft kichernde Schadenfreude.
Carl SpittelerDie atmosphärische Luft in jedem Augenblick zur schmeichelnden Freundin statt zur Feindin zu haben, das ist schon ein unermeßlicher Gewinn, den auch jener, der ihn nicht mit dem Bewußtsein ermißt, mitempfindet.
Carl SpittelerDie Phantasie ist die schönste Tochter der Wahrheit, aber etwas lebhafter als die Mama.
Carl SpittelerEine mit politischen Hintergedanken gespickte Humanität aber ist weder eine reine noch eine ganze Humanität. Sie hört nur mit dem linken Ohr, auf dem rechten ist sie stocktaub. Mit dem linken Ohr aber hört sie, was ihr in den politischen Kram paßt, schon zum voraus.
Carl SpittelerMan kann beobachten, daß eines jeden Menschen Sehnsucht nach derjenigen Gegend reist, in welcher er das meiste und kräftigste Licht und die sattesten Farben wahrgenommen hat.
Carl SpittelerEin einfacher grüner Rain, dessen Horizont sich gegen den blauen Himmel abzeichnet, bedeutet ein wahres Sprungbrett der Phantasie.
Carl SpittelerDie richtige Haltung zu bewahren, ist nicht so mühsam, wie sichs anhört, wenn mans logisch auseinanderlegt. Ja! wenn mans im Kopf behalten müsste! Aber man braucht es gar nicht im Kopf zu behalten, man kann es aus dem Herzen schöpfen.
Carl SpittelerKein Schicksal ist auf Erden noch so graus, die Liebe schöpft ein Körnchen Glück daraus.
Carl SpittelerDie Kraft liegt nicht im Keuchen viel und Schwitzen, sondern daß man etwas treibt zum Ziel.
Carl SpittelerDoch fragt man euch: Wie heißt der herbste Schmerz auf Erden? So sagt: Im Liebsten, was man hat, enttäuscht zu werden!
Carl Spitteler