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Man verneigt sich vor der Intelligenz, man kniet vor der Güte.
Carmen SylvaDenn in der Ehe bilden die Menschen sich ein, sich vollkommen gehen lassen zu dürfen, und denken nicht, daß, sobald sie sich gehen lassen, alle ihre Fehler riesengroß werden und ihre Eigenschaften unbedeutend klein.
Carmen SylvaEs gibt abstoßende Güte und anziehende Bosheit.
Carmen SylvaDu und dein Schmerz, ihr seid ganz allein, in einem einzigen gewaltigen Ringen, in welchem du immer unterliegst.
Carmen SylvaDer einsame Felsen wird immer kantiger, der Kiesel immer runder.
Carmen SylvaEs giebt eine Bescheidenheit, die nur der Mantel des Hochmuths ist.
Carmen SylvaNur in seinem eigenen Heim kann man einen Menschen richtig beurteilen.
Carmen SylvaEs gibt nur ein Glück: die Pflicht; nur einen Trost: die Arbeit; nur eine Freude: das Schöne.
Carmen SylvaMutterliebe ist eine Leidenschaft, die ihre eigene Gewalt und Größe hat, ihre Übertreibungen und sogar ihre Sinnlichkeit.
Carmen SylvaGleichgültigkeit ist eine einsame, duftlose Blume, die auf dem Sumpf erblüht.
Carmen SylvaErziehung heißt, sich in der umgebenden Welt zurechtfinden, und die Freiheiten seiner Nebenmenschen in keiner Weise beeinträchtigen. Inwieweit dies aber gelingt, hängt lediglich von der Natur eines jeden ab, ob er egoistisch oder altruistisch angelegt ist.
Carmen SylvaAngst ist unerträglicher als der Schmerz; die Angst schärft die Empfindungen, während der Schmerz sie abstumpft.
Carmen SylvaFreude ist das Leben durch einen Sonnenstrahl gesehen.
Carmen SylvaDas Wort behält seine Macht nach Tausenden von Jahren. Von großen Völkern bleibt nichts übrig als ihr Wort, wenn sogar ihre Steine zertrümmert sind. Das Wort überdauert alles, wie ein ewig grünender Baum.
Carmen SylvaEs ist eine üble Gewohnheit der Menschen, einander ihre verschiedenen Erfahrungen und Erlebnisse nicht zu glauben.
Carmen SylvaWollen wäre Können, wenn alle Mittel erlaubt wären.
Carmen SylvaMan vergißt nie eine versäumte Wohltat.
Carmen SylvaDer Liebe ist jede kleine Schwäche und Eigentümlichkeit lieb. Der Liebe ist jedes Opfer willkommen, da es gar nicht als solches empfunden wird. Da, wo die Geduld anfängt, ist schon alles verfehlt, und das Leben eine traurige Komödie.
Carmen SylvaDas größte Glück und das größte Unglück ist: wunschlos zu sein.
Carmen SylvaWenn die Hoffnung uns verläßt, geht sie, unser Grab zu graben.
Carmen SylvaDer Aphorismus ist wie eine Biene mit Gold beladen und mit einem Stachel versehen.
Carmen SylvaChristus schlug man ans Kreuz, Sokrates wurde vergiftet, Phidias des Diebstahls angeklagt - es ist nachgerade eine Ehre, von Zeitgenossen misshandelt zu werden.
Carmen SylvaWissen wir, was die Seele tut, während wir schlafen?
Carmen SylvaDie sogenannte Frauenfrage geht die Seele gar nichts an. Der Frauenberuf heißt in der Natur: "Gebähren" und in der geistigen Welt: "Mutter sein". Das ist der Frauen Beruf, und wer das Gegenteil beweisen kann, beweise es.
Carmen SylvaEin Geheimnis ist wie ein Loch im Gewande. Je mehr man es zu verbergen sucht, desto mehr zeigt man es.
Carmen SylvaWenn es eine Hölle geben kann, so ist sie ganz gewiß nur eine Zeit namenloser Angst.
Carmen SylvaJe mehr man lebt, desto mehr gelangt man dazu, den Himmel als die letzte und grausamste Enttäuschung zu fürchten.
Carmen SylvaDu hörst auf, ein Kind zu sein, an dem Tage, da du das Wort Pflicht verstanden hast.
Carmen Sylva