Zitate von Matthias Claudius
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Der Mensch hat einen Geist in sich, den diese Welt nicht befriedigt, der die Treber der Materie, die Dorn und Disteln am Wege mit Gram und Unwillen wiederkäut, und sich sehnet nach seiner Heimat.

Der Mensch ist für eine freie Existenz gemacht, und sein innerstes Wesen sehnet sich nach dem Vollkommnen, Ewigen und Unendlichen, als seinem Ursprung und Ziel.

Die wahrsten Empfindungen sind immer die allernatürlichsten, auch in der Religion. Denn es gibt auch in der Religion Kurzweil und Ernst.

Es ist ein großer Gewinn, alles, was man tut, wie vor dem Katheder des Todes und unter seinen Augen zu tun.

Der Mensch lebt und besteht nur eine kleine Zeit und alle Welt vergeht mit ihrer Herrlichkeit. Es ist nur euer ewig und an allen Enden und wir in seinen Händen.

Wenn also der Mensch Ideen und Ahndungen hat von Unsterblichkeit, Unendlichkeit, höchster Weisheit, Gerechtigkeit, Güte; muß denn nicht der Keim zu dem allen in seinem Wesen sein?

Das war aber auch nicht die Furcht Gottes der Altväter, die uns in der Schrift zum Muster dargestellet werden. Denn bei denen war die Gottesfurcht nicht Bedienter hinten auf dem Wagen, sondern Herrschaft und Kutscher zugleich.

Es ist überall gut wohnen, soweit sich Gottes schöner Himmel wölbt, und wo ein frohes Herz im Busen schlägt, da ist des Erdbewohners Eden.

Unschuld hat ihren eignen Engel, der hinter euch hergehet und über euch wacht, solange ihr unschuldig seid. Erzürnet ihn nicht! und glaubet für ganz gewiß, daß wenn er von euch weichet, euer Glück von euch gewichen ist.

Wohltaten, still und rein gegeben, sind Tote, die im Grabe leben, sind Blumen, die im Sturm bestehn, sind Sternlein, die nicht untergehn.

Die Freiheit besteht darin, daß man alles das tun kann, was einem anderen nicht schadet.

Inwendig in uns wohnet der Richter, der nicht trügt, und an dessen Stimme uns mehr gelegen ist, als an dem Beifall der ganzen Welt und der Weisheit der Griechen und Ägypter.

Auch ist, dünkt mich, Gehorsam an sich etwas Löbliches und Liebliches, und man kann ein Kind das aufs Wort gehorcht, und so ein enfant raisonneur nicht nebeneinander sehen, ohne das eine zu lieben, und dem andern die Rute zu gönnen.

Etwas Gutes muß der Mensch haben, daran er zu Anker liege, etwas, das nicht von ihm abhänge, sondern wovon er abhängt.

Der Mensch lebet nicht vom Brot allein, das die Gelehrten einbrocken; sondern ihn hungert noch nach etwas andern und Bessern, nach einem Wort das durch den Mund Gottes gehet.

Lebt wohl. Und wißt, daß alles Quark ist – außer einem fröhlichen Herzen, das seiner bei aller Gelegenheit mächtig ist.

Gestern aber, wie das mit den Erfindungen ist: man findet sie nicht sondern sie finden uns, gestern als ich im Garten gehe und an nichts weniger denke, schießen mir mit einmal zwei neue Festtage aufs Herz, der Herbstling und der Eiszäpfel, beide gar erfreulich und nützlich zu feiern.

Sie meinen wohl auch, daß sie die Sache hätten, wenn sie davon reden können und davon reden.

Frage die Sonne, was sie davon hat, Tag und Nacht um die Erde zu gehen. Und siehe, sie geht! fröhlich wie ’n Bräutigam, und vom Aufgang bis zum Niedergang triefen ihre Fußstapfen von Segen.

Wer je einmal in seinem Leben in Ernst an den bewußten Balken Hand gelegt hat, der weiß wohl, daß denn die Lust: an dem Splitter im fremden Auge zu hantieren, ziemlich zu vergehen pflegt, und daß ein solcher den ersten Stein nur langsam aufhebt.

Ich danke dir wohl, mein Glück in diesem Leben. Ich war wohl klug, daß ich dich fand; Doch ich fand nicht. Gott hat dich mir gegeben.

Die Gottesfurcht sei bei dir nicht Bedienter hinten auf dem Wagen, sondern Herrschaft und Kutscher zugleich.

Gott gebe mir nur jeden Tag, soviel ich darf zum Leben. Er gibt’s dem Sperling auf dem Dach; wie soll er mir’s nicht geben!

Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn.

… und am Ende meiner Reise hält der Ewige die Hände, und er winkt und lächelt leise – und die Reise ist zu Ende.

Es ist etwas Rechtliches und Gutes darin, wenn ein Mensch von Scharfsinn und Talent, am rechten Ort, seine Einsicht aufgibt und für nichts achtet, um einer höhern zu huldigen, zu glauben, und zu vertrauen –

Wie es nun überhaupt mit Geheimnissen ist; wer sie nicht weiß, der erklärt sie, und wer sie erklärt, der weiß sie nicht. Erzwingen und mit Gewalt nehmen lassen sie sich nicht; wer sie aber zu verdienen sucht und sich den Besitzer zum Freunde zu machen weiß, der erfährt sie bisweilen.

Wenn es Dir um Weisheit zu tun ist; so suche sie und nicht das Deine, und brich Deinen Willen, und erwarte geduldig die Folgen.

Verachte keine Religion, denn sie ist dem Geist gemeint, und Du weißt nicht, was unter unansehnlichen Bildern verborgen sein könne.

Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr richten.

Mache nicht schnell jemand deinen Freund, ist er’s aber einmal, so muß er’s gegen den dritten Mann mit allen seinen Fehlern sein.

Ohne Kampf und Verleugnung gibt es keinen Adel und wahren Wert für den Menschen, und ohne Kampf kennet er die Kluft nicht, die in unserm Inwendigen zwischen Wollen und Sein, zwischen Edel und Gut, befestiget ist, und kann sie nicht kennen.

Es ist mit unserer Seele wie mit unserem Körper. Sie hat auch eine Zunge und hat einen Magen. Der Zunge gefällt das Bittere nicht, aber dem Magen ist es heilsam und gesund; und was den Magen verdirbt, gefällt der Zunge wohl.

Hier ruht ein seltner Advokat, Der Unrecht nie verteidigt hat Und Eintracht jedermann empfahl – Er starb im Hospital.

Falsch geht den ganzen Tag die Uhre, Am Morgen falsch gestellt; Der Mensch, verdorben in der Jugend, Bleibt, weil er lebt, ein schlechter Held.