seite 2
Es ist nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzet, und ich habe manchen Stern vom Himmel fallen und manchen Stab, auf den man sich verließ, brechen sehen.
Matthias ClaudiusDem Menschen muß etwas wahr und heilig sein! Und das muß nicht in seinen Händen und nicht in seiner Gewalt sein; sonst ist auf ihn kein Verlaß, weder für andre noch für ihn selbst.
Matthias ClaudiusDas Heiraten kommt mir vor wie eine Zuckerbohne: Schmeckt anfänglich süßlich, und die Leute meinen dann, es werde ewig so fortgehen. Aber das bißchen Zucker ist bald abgeleckt, und dann kommt inwendig bei den meisten ein Stück Rhabarber, und dann lassen sie das Maul hängen.
Matthias ClaudiusWir wissen alle, daß in dem Äußern nichts liege; aber Zeremonien können gute Rührungen veranlassen, und auf gute Gedanken bringen. Auch sind sie bisweilen ein Fähnlein über dem Wasser, das uns anzeigt, wo der Schatz gewesen und versunken ist.
Matthias ClaudiusNicht die frömmelnden, aber die frommen Menschen achte, und gehe ihnen nach. Ein Mensch, der wahre Gottesfurcht im Herzen hat, ist wie die Sonne, die da scheinet und wärmt, wenn sie auch nicht redet.
Matthias ClaudiusSchön rötlich die Kartoffeln sind und weiß wie Alabaster, Sie däun sich lieblich und geschwind und sind für Mann und Frau und Kind ein rechtes Magenpflaster.
Matthias ClaudiusDie Herren Menschen könnten von dem Elefanten etwas lernen, und sollten, wenn sie sich doch 'nmal rächen wollten, ihren Rüssel, wie er, nur voll Wasser nehmen; das wäre nicht ganz geschenkt, und Arm' und Beine blieben ganz.
Matthias ClaudiusEs freut mich jedesmal in die Seele, wenn ich von einem Menschen höre, der bei einer Leidenschaft den Kopf immer noch oben behält, und Braut und Bräutigam für etwas Bessers vergessen kann.
Matthias ClaudiusEs gibt freilich gute Gründe: für alles was ein Kind tun muß; aber selten kann das Kind die verstehen, und oft darf es sie nicht wissen, wenn nicht mehr verdorben als gutgemacht werden soll.
Matthias ClaudiusEs legte Adam sich im Paradiese schlafen; da ward aus ihm das Weib geschaffen. Du armer Vater Adam, du! Dein erster Schlaf war deine letzte Ruh'!
Matthias ClaudiusDer Brief, den du geschrieben, er macht mich gar nicht bang; Du willst mich nicht mehr lieben, aber Dein Brief ist lang. Zwölf Seiten, eng und zierlich! Ein kleines Manuskript! Man schreibt nicht so ausführlich, wenn man den Abschied gibt.
Matthias ClaudiusWas du sehen kannst, das siehe, und brauche deine Augen, und über das Unsichtbare und Ewige halte dich an Gottes Wort.
Matthias ClaudiusEs ist eine Wahrheit, und nur eine. Die läßt sich mit Gewalt nichts nehmen und dringt sich niemand auf; sie teilt sich aber mit, mehr oder weniger, wenn sie mit Demut und Selbstverleugnung gesucht wird.
Matthias ClaudiusO du Land des Wesens und der Wahrheit, Unvergänglich für und für! Mich verlangt nach dir und deiner Klarheit, Mich verlangt nach dir.
Matthias ClaudiusNiemand ist weise von Mutterleibe an; Zeit und Erfahrung lehren hier, und fegen die Tenne.
Matthias ClaudiusStolz, Selbstsucht und Eigendünkel sind dem Glauben zuwider; er kann nicht hinein, weil das Faß schon voll ist.
Matthias ClaudiusEs ist etwas im Menschen das sich vor keiner Gewalt beugt und fürchtet und durch keine Gewalt überwältigt werden kann. Es bleibt unbeschädigt und frei, wie auch die Sachen gehen, und spricht der Gewalt Hohn.
Matthias ClaudiusVoltaire und Shakespeare: der eine Ist, was der andere scheint. Meister Arouet sagt: ich weine, Und Shakespeare weint.
Matthias ClaudiusWer recht behält, wird von den meisten gelobt und angesehen, als ob er auch recht habe.
Matthias ClaudiusIn uns ist zweierlei Natur, Doch ein Gesetz für beide: Es geht durch Tod und Leiden nur Der Weg zur wahren Freude.
Matthias ClaudiusMeine Meinung ist denn, daß man der Wahrheit nur dadurch näher komme, daß man sich von dem Unwahren losmacht.
Matthias ClaudiusWer über diese Welt hinaussieht, und sich der andern bewußt ist, der vergilt nicht Böses mit Bösem, und trotzt nicht; aber er fürchtet auch nicht, und erschrickt nicht.
Matthias ClaudiusGottes Wege sind dunkel, aber das Dunkel liegt nur in unseren Augen, nicht auf Gottes Wegen.
Matthias ClaudiusSitze nicht, wo die Spötter sitzen, denn sie sind die elendsten unter allen Kreaturen. Nicht die frömmelnden, aber die frommen Menschen achte und gehe ihnen nach.
Matthias ClaudiusSelig ist der Mensch, der mit sich selbst in Frieden lebt. Es gibt auf Erden kein größeres Glück.
Matthias ClaudiusTue keinem Mädchen Leides und gedenke, daß deine Mutter auch ein Mädchen gewesen ist.
Matthias ClaudiusDer Adel besteht in der Stärke des Leibes bei Pferden, bei Menschen in guter Denkart.
Matthias ClaudiusHat dein Freund an sich, das nicht taugt, so mußt du ihm das nicht verhalten und es nicht entschuldigen gegen ihn, aber gegen den dritten Mann mußt du es verhalten und entschuldigen.
Matthias ClaudiusDer urteilt und hält allemal zu hoch von seinem Landsee, wer noch nie das offene Meer gesehen hat.
Matthias ClaudiusEr läßt die Sonn aufgehen, Er stellt des Mondes Lauf; Er läßt die Winde wehen Und tut die Wolken auf.
Matthias ClaudiusEs sind denn im Menschen die Ruinen eines großen, heiligen Wesens; und es gibt ein Glück für ihn, das der Rost und die Motten nicht fressen, und das die Welt mit aller ihrer Herrlichkeit nicht geben und mit all ihrem Trotz nicht nehmen kann. Wir sind unsterblich!
Matthias ClaudiusHilf und gib gerne, wenn Du kannst, und dünke Dich darum nicht mehr; und wenn Du nichts hast, so habe den Trunk kalten Wassers zur Hand, und dünke Dich darum nicht weniger.
Matthias ClaudiusDie besten Gesetze können sich ja nicht selbst administrieren, sondern müssen wieder von Menschen administriert werden; und ein Mann, der immer und sicher und unverrückt das Rechte wollte, ist ein Gesetz, das sich selbst administriert.
Matthias ClaudiusDu mußt deinen Freund mit allem was an ihm ist in deinen Arm und in deinen Schutz nehmen.
Matthias Claudius