Zitate von Friedrich Rückert
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Nur nichtig ist der Schein, doch wichtig die Erscheinung; vollkommen ist allein des Seins und Scheins Vereinung.

Mein Baum war schattendicht, o Herbstwind, komm und zeige, indem du ihn entlaubst, den Himmel durch die Zweige.

Im Herzen stehest Du und bist der Liebe Geist. Und Dich erkennt das Herz, das Dich mit Liebe preist.

Aufmerksamkeit, mein Sohn, ist, was ich dir empfehle; bei dem, wobei du bist, zu sein mit ganzer Seele.

Mit Andacht lies, und dich wird jedes Buch erbauen; mit Andacht schau, und du wirst lauter Wunder schauen; mit Andacht sprich nur, und man hört dir zu andächtig; mit Andacht bist du stark, ohn Andacht ohnmächtig.

Wehe dem, der zu sterben geht und keinem Liebe geschenkt hat, dem Becher, der zu Scherben geht und keinen Durstigen getränkt hat.

Wenn der Mensch im Menschen den Menschen stets erkennte, so manche Schranke nicht von Menschen Menschen trennte, es würde weniger Mensch gegen Menschen stehn, es würde sich kein Mensch am Menschlichen vergehn.

Zwischen Welt und Einsamkeit ist das rechte Leben. Nicht zu nah und nicht zu weit will ich mich begeben.

Wer immer reicher nur will werden, ist nie reich, Wer besser werden will, ist und wird es zugleich.

Ein Wunder ist die Welt, das nie wird ausgewundert, das niederschlägt den Geist und wieder ihn ermuntert.

Wer Gott finden will, der muß ihn mit sich bringen, nur wenn er in dir ist, siehst du ihn in den Dingen

Das Leben ist nur dem an steten Wonnen reich, der froh bewußt es sich und andern lebt zugleich.

Der Teufel hat die Welt verlassen, die weil er weiß, die Menschen sich auch ohn‘ ihn hassen und machen sich die Hölle heiß.

Der Armen Anblick ist ein stummer Vorwurf dir, O Reicher, frage dich: wer gab den Vorzug mir?

Die Zwei ist Zweifel, Zwist, ist Zwietracht, Zwiespalt, Zwitter; die Zwei ist Zwillingsfrucht am Zweige süß und bitter.

Auf Künft’ges zähle nicht und zähl‘ nicht auf Versprochenes; klag um Verlornes nicht und denk nicht an Zerbrochnes.

Ein Weiser ist, wer Scherz und Ernst zu sondern weiß, Und sich am heiteren Spiel neu stärkt zu strengem Fleiß.

Da zu gefallen den Leuten mir niemals wollte gelingen, Faßt ich am Ende den Mut, mir zu gefallen allein.

Gibst du dem Feinde nach, so gibt er dir den Frieden; Und gibst du dir nicht nach, so ist dir Sieg beschieden

Ew’gen Segen bringt dir, was du mild verstreust, nicht, was karg du magst zusammenklittern.

Sei freundlich beflissen In deinem Hause den Pilger zu laben, Weil ohn‘ es zu wissen, Schon manche so Engel bewirtet haben.

Wenn Freiheit du begehrst, des Menschen höchste Zierde, Herrsch‘ über Leidenschaft und Neigung und Begierde.

Ein gut Wort, gut gesagt und auch gut aufgenommen, dazu gut angewandt, mag uns zugute kommen.

Mit Unvollkommenheit zu ringen, ist das Los des Menschen, ist sein Wert und nicht sein Mangel bloß; Was unvollkommen ist, das soll vollkommen werden, Denn nur zum Werden, nicht zum Sein, sind wir auf Erden.

Bild‘ auf den eignen Werth dir nur nicht zuviel ein So wird ein mäß’ges Lob schon groß genug dir sein.

Nie stille steht die Zeit, der Augenblick entschwebt, und den du nicht benutzt, den hast du nicht gelebt.

Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm, Waren Kisten und Kasten so schwer. Als ich wiederkam, als ich wiederkam, war alles leer.

Wer beide Hände voll hat und noch mehr will fassen, Wird das auch, was er hat in Händen, fallen lassen.

Tu, was du kannst, und laß das andre dem, der’s kann; zu jedem ganzen Werke gehört ein ganzer Mann.

Ein Ärgernis ist nur, wo man es nimmt gegeben; Dir vorgeworfnes brauchst du ja nicht aufzuheben!

Vom Aberglauben ist Unglauben stets begleitet, Und Aberglauben hat zum Glauben oft geleitet. So im Unglauben ist der Glaube schon enthalten; Durch Gottes Kraft erweckt, wird er sich draus entfalten.
![Friedrich Rückert - [...] Ich sah es, wie man schmachtet Nach Gold; ich sah es wie man stirbt nach Golde, Wie man um Gold v...](https://www.netzitate.com/bilder/343/zitate-von-friedrich-ru3ckert-38.jpg)
[…] Ich sah es, wie man schmachtet Nach Gold; ich sah es wie man stirbt nach Golde, Wie man um Gold verkauft sich und verpachtet.

Das kleine Pfefferkorn sehe für gering nicht an, versuch es nur und sieh, wie scharf es beißen kann.

Solange man schweigt, kann man für weise gelten. Aber wenn man spricht, ist lauter Weisheit selten.

Der Wetzstein schneidet nicht, doch macht er scharf das Messer. Durch einen schlechten Mann wird oft ein guter besser.

Die Vorsicht geht zu sacht, die Zuversicht zu keck; Vorsicht, mit Zuversicht vereint, gelangt zum Zweck.

O Väter, Mütter, o Erzieher, habet acht des wichtigen Berufes, wie groß ist eure Macht. Der Menschheit Aufgab‘ ist, die Menschheit zu erziehn; Bedenkt, daß euch daran ein Anteil ist verlieh’n. O wirkt gewissenhaft dazu an eurem Teil, damit der Menschheit kommt ihr Heiland oder Heil.

Gleich von unbegrenztem Sehnen, Wie entfernt von träger Ruh‘, Müsse sich mein Leben dehnen, Wie ein Strom dem Meere zu.

Unwürdig deiner Gab ist keiner, der’s bedarf, Wer ist, der – außer Gott – ihn schuldig sprechen darf.

Am Ende einer Bahn ist gut Zufriedenheit; doch wer am Anfang ist zufrieden, kommt nicht weit.