Zitate von Friedrich Schleiermacher
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Nur was ich selbst hervorgebracht und immer wieder aufs neue mir erwerbe, ist für mich Besitz.

Wie kann man die Stelle eines Freundes ersetzen; wer glücklich genug ist, deren mehrere zu haben, dem ist jeder einzelne etwas anderes; eine Doublette in der Freundschaft hat gewiß niemand.

Laß dir keine Grenzen setzen in deiner Liebe, nicht Maß, nicht Art, nicht Dauer! Ist sie doch dein Eigentum: Wer kann sie fordern? Ist doch ihr Gesetz bloß in dir: wer hat dort zu gebieten?

Alles Absichtliche ist dem Mißverständnis und dem Mißtrauen besonders ausgesetzt.

Thätigkeit allein, wie ausdauernd und angestrengt sie auch sein mag, gibt dem Menschen keinen bestimmten Wert; dieser hängt lediglich davon ab, worauf den eigentlich seine Thätigkeit gerichtet gewesen ist.

Die Wohltat, die in der Gesinnung des Wohlwollens liegt, kann nur durch die Gesinnung erwidert und vergolten werden.

An meinem Geburtstag ließ sich freilich das Gewicht dieser Zeit nicht ganz abschütteln; aber ich bin damit ganz zufrieden; denn es trägt sich am leichtesten, wenn man es beständig fühlt.

Wir sollten eigentlich gar kein Drama machen, es werden doch alle romantisch.

In Absicht auf das Beten gilt vom Vaterunser, was Omar von der Bibliothek sagt: Was nicht im Koran steht, ist gottlos. Unsere Kirchengebete und Fürbitten sind ganz dagegen.

Praxis ist Kunst, Spekulation ist Wissenschaft, Religion ist Sinn und Geschmack fürs Unendliche.

Je mehr ein System von Strafen organisiert ist, desto mehr wird sich ein knechtischer Sinn entwickeln.

Bei den Franzosen werden die Naturgefühle als Studium betrieben, bei den Deutschen als Observanz.

Wolle ja nicht mäßig sein im Handeln! Lebe frisch immerfort! Keine Kraft geht verloren, als die du ungebraucht in dich zurückdrängst.

Es soll die Sitte der inneren Eigentümlichkeit Gewand und Hülle sein, zart und bedeutungsvoll sich jeder edlen Gestalt anschmiegend und ihrer Glieder Maß verkündend, jede Bewegung schön begleiten.

Gott ist nach Leibniz wirklich, weil nichts seine Möglichkeit verhindert. In dieser Hinsicht ist Leibnizens Philosophie recht gottähnlich.

Man darf um keinen Preis die Gegenwart der Kinder irgendeiner Zukunft opfern.

Sinnen Sie immer auf ein Geschenk für mich? Sind das nicht die schönsten und die einzig wahren Geschenke, deren man nicht bedarf?

Unbilde kommt gewiß nicht von Bild, sondern von derselben Wurzel mit beleidigen.

Freundschaft ist Annäherung zur Individualität ins Unendliche und daher selbst ins Unendliche teilbar und perfektibel.

Es ist ein Imperativ, daß die Menschen von allen Seiten angeregt werden müssen.

Die Weisheit ist diejenige Qualität, durch welche alles Handeln des Menschen einen idealen Gehalt bekommt.

Wo die Obrigkeit den Vertrag verletzt, da ist kein Staat mehr und ein Ausbruch roher Gewalt.

Die freie Muße ist meine liebe Göttin, da lernt im unbefangenen Sinne der Mensch sich selber begreifen und bestimmen, da gründet der Gedanke seine Macht und herrscht dann leicht über alles, wenn die Welt Taten von ihm fordert.

Es stößt die Freiheit an der Freiheit sich, und was geschieht, trägt der Beschränkung und Gemeinschaft Zeichen.

Mit Klagen und Wünschen zeichnet die Zeit ihre Sklaven und macht dadurch die besten den schlechtesten gleich.

Liebenswürdig ist, wer liebt, das heißt, wer überall im Endlichen das Unendliche findet. Groß, wer das Endliche um des Unendlichen willen wegwirft. Vollendet, wer beides vereinigt.

Ich will nicht sehen die gefürchteten Schwächen des Alters, kräftige Verachtung gelob ich mir gegen jedes Ungemach, welches das Ziel meines Daseins nicht trifft, und ewige Jugend schwör ich mir selbst.

Nicht der hat Religion, der an eine heilige Schrift glaubt, sondern der welcher keiner bedarf und wohl selbst eine machen könnte.

In Beziehung auf das große Heil der Welt bekommt alles Liebe und Gute eine größere Bedeutung.

Was du der Welt bietest sei leicht ablösende Frucht! Opfere nicht den kleinsten Teil deines Wesens selbst in falschem Großmut! Laß dir kein Herz ausbrechen, kein Blättchen abpflücken, welches Nahrung dir einsaugt aus der umgebenden Welt.

In der Kirche können die leeren Bänke noch am besten die Wahrheit vertragen.

Es ist billig, daß die Politiker Schlendrianisten sind, weil der größte Teil der anderen Menschen es auch ist, und der Staat den Charakter der Masse aussprechen soll.

Die Liebe geht darauf aus, aus zweien eins zu machen; die Freundschaft darauf, aus jedem zwei zu machen.

Es trocknen in der Einsamkeit die Säfte des Gemütes; es stockt der Gedankenlauf; ich muß hinaus in mancherlei Gemeinschaft mit den anderen Geistern.

Der Geist nährt sich nur an dem und es wächst nur das, was er verarbeitet. Was er nicht verdaut, ist ein Ballast für ihn, ist schädlich.

Der Mensch kennt nichts als sein Dasein in der Zeit, und dessen gleitenden Wandel hinab von der sonnigen Höhe in die furchtbare Nacht.

Es ist unmöglich, daß einer Religion habe, dabei aber unsittlich; und ebenso unmöglich ist es, daß einer sittlich sein kann ohne Religion oder wahrhaft wissenschaftlich ohne sie.

Das ist des Menschen Ruhm: Zu wissen, dass unendlich sein Ziel ist, und doch nie stille zu stehen im Lauf.

O wüßten doch die Menschen die Götterkraft der Phantasie zu brauchen, sie, die allein den Geist ins Freie stellt, ihn über jede Gewalt und jede Beschränkung weit hinausträgt!

Man kann vom Aristoteles sagen, daß er den Wald vor Bäumen nicht sieht – das Allgemeine nicht vor dem Besonderen, das Innere nicht vor dem Äußeren. So wenigstens sind die Bücher de anima. So ist er der Anfang des Verderbens in der Philosophie.

Um Religion zu besitzen, muß der Mensch erst die Menschheit gefunden haben, und er findet sie nur in Liebe und durch Liebe.

Die Worte verändern doch nach und nach so sehr ihren Sinn, daß Eisenfresser jetzt füglich einen entnervten Schwächling bedeutet.

In nahen Bahnen wandeln oft die Menschen, und kommen doch nicht einer in des andern Nähe; vergebens ruft der ahnungsreiche und den nach freundlicher Begegnung verlangt: es horcht der Andere nicht.