Zitate von Friedrich Schleiermacher
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Der Mensch ist von der Erde her als Erscheinung; aber als Geist und Bewußtsein ist er vom Geiste her. Er ist also das Sein des Geistes für die Erde und das Sein der Erde für den Geist. Beides ist in ihm ausgesprochen und gleicht sich in ihm aus.

List macht völlig unliebenswürdig, Intrige verhaßt; Klugheit ohne Ironie und Wohlwollen erkältet bis zum Unerträglichen.

Hülfloser Kampf des Bessern, der die Sittlichkeit und Bildung sucht, mit dieser Welt, die statt deren nur Recht und Gebot kennt, statt Lebens nur todte Formeln bietet, statt freien Handelns nur Regel und Gewohnheit liebt.

Das einzige Kunstwerk, was manche Menschen darstellen, ist, daß sie an ihrer Unklugheit flicken.

Die Liebe ist blind, das ist die gemeine Rede, deren Stempel nicht zu verkennen ist; aber ist sie nicht im Gegenteil allein sehend?

Kein Mensch soll nur Mittel zum Zweck für andere sein, jeder Mensch muß, wenn er daneben auch als dienendes Glied für andere Zwecke fungiert, zugleich als Selbstzweck, als Heiligtum für sich anerkannt werden.

Die Leidenschaft kann listig sein, aber nie klug. Und das hat sie mit der Dummheit gemein.

Im Unendlichen steht alles Endliche ungestört nebeneinander, alles ist eins und alles ist wahr.

Den Mut, den wir wünschen und schätzen, ist nicht der Mut, anständig zu sterben, sondern männlich zu leben.

So oft es hinreichende Gründe gibt, etwas zu tun, muß man nach dem Schein dabei nicht fragen. Das ist ganz eigentlich Pflicht.

Keine vertrautere Gabe vermag der Mensch dem Menschen anzubieten, als was er im Innersten des Gemüthes zu sich selbst geredet hat: denn sie gewährt ihm das Geheimste, was es giebt, in ein freies Wesen den offenen ungestörten Blick.

Ein einziger freier Entschluss gehört dazu ein Mensch zu sein: wer den einmal gefasst, wird es immer bleiben; wer aufhört, es zu sein, ist es nie gewesen.

Ich weiß aus Erfahrung, daß nichts mehr bildet, als das Bilden anderer Menschen.

… so ist mir klar geworden, dass jeder Mensch auf eigene Art die Menschheit darstellen soll.

Subjekt, Objekt und Subjekt-Objekt als Betrachtungsarten des Ich sind nur Kategorien der Anwendungen von Eins, Vieles und Alles.

So wie viele sagen: „das verstehe ich nicht, also taugt es nichts“, so sagen andere: „der versteht mich nicht, also taugt er nicht.“ Was ist wohl anmaßender?

Tränen sind das Salz des Lebens, wenn es aber versalzen ist, bleibt ein unauslöschlicher Durst zurück.

Merke auf den Sabbat deines Herzens, daß du ihn feierst, und wenn sie dich halten wollen, mache dich frei, oder gehe zugrunde.

Der Unterschied zwischen Enthusiasmus und Leidenschaft liegt bloß in der Realität des Gegenstandes. Könnte der Enthusiast seine Idee realisieren, so würde er – den besten Fall vorausgesetzt – zu einer gemeinen Leidenschaft herabsinken. Nur die Schlechtigkeit der Welt macht die Enthusiasten groß.

Je mehr einer strebt durch Gewalt auf andere zu wirken, desto deutlicher zeigt er, daß er Vernunft und Liebe, wodurch allein der Mensch gelenkt werden soll, nicht anzuwenden versteht.

Wie manche Ehe mag nach überstandenem Sturme glücklicher und segensreicher geworden sein als sie vorher war.

Nicht von Gottes Strenge kommt es, wenn er viel verlangt vom Menschen, es kommt von seiner großen Milde: weil er will, daß die Seele sich weiter mache, auf daß sie recht viel zu empfangen und er ihr recht viel zu geben vermöge!

Es gibt keinen schöneren Rahmen um einen großen Schmerz als eine Kette von kleinen Freuden, die man anderen bereitet.

Selbstliebe ist insofern sittlich, als sie alle andere Liebe in sich einschließt.

Der Witz ist eigentlich eine Freilassung des Gemüts von den mechanischen Assoziationsgesetzen.

Die Weiber sind oft so eitel, daß die Eitelkeit selbst ihnen nicht eitel genug ist.

Gibt es keine Menschen in eurer Nähe, die bei euch anklopfen und gern ein wenig mit euch leben möchten?

Laßt uns ein Bild schaffen, uns gleich, spricht Gott zur Erde. Darum ist irdischer Gott, göttliche Erde der Mensch.

Von den einseitig Gebildeten kann man sagen, sie sind in ihre Wissenschaft eingekerkert wie in ein Schneckenhaus.

Auf die letzten Tage des Jahres soll man sich allen Genuß und alle Erinnerungen zusammenhäufen, wie Kinder sich den besten Bissen zuletzt verwahren.

Es scheuen die Menschen, in sich selbst zu sehen, und knechtisch erzittern viele, wenn sie endlich länger nicht der Frage ausweichen können, was sie getan, was sie geworden, wer sie sind.

Ein leeres Vorurteil ist das Alter. Die schnöde Frucht von dem trüben Wahn, daß der Geist abhänge vom Körper.

Es ist ganz falsch, daß man viel sein kann ohne den Weltumgang zu verstehen.

Immer gleich zu reagieren ist das Kennzeichen der Schwäche, jenes innre Crescendo der Empfindungen ist die Eigenheit energischer Naturen.

Soll der Knoten der Geschichte so auseinander gehn? das Christenthum mit der Barbarei, und die Wissenschaft mit dem Unglauben?

In der Lotterie liegt eigentlich eine sehr schöne kosmische und ironische Idee, nämlich den günstigen Zufall willkürlich hervorzubringen und sich ihm zu unterwerfen.

Sobald man die Gesellschaft nur als Mittel für den Egoismus braucht, muß alles schief und schlecht werden.

Eigentlich ist alles Handeln Krieg. Der eigentliche Krieg ist nur die roheste Darstellung davon.

Knigge hat wie ein schlechter Wirt gehandelt und das wenige Artige in seinem Buche in die übelste Gesellschaft gebracht.