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Idee bezeichnet immer den in seiner Wirklichkeit rein und mangellos gegenwärtigen Begriff.
Friedrich Theodor VischerWer gar zu sehr für den Anstand ist, dem wäre denn doch zu sagen, daß es auch unanständig sei, geboren zu werden.
Friedrich Theodor VischerWenn die Menschheit nur zum Gemeinen noch lacht, Dann ist's Zeit, daß sich alles verkracht.
Friedrich Theodor VischerIch habe durch das Studium der Theologie hinter die Kulissen, ich habe der Kirche und dem Dogma in die Karten gesehen; dies ist ein Vorteil, der durch keine andere Art wissenschaftlicher oder weltmäßiger Befreiung des Denkens ganz ersetzt wird.
Friedrich Theodor VischerSelbst in der Liebe darfst du dich nie gehen lassen. Das liebreichste Weib möchte dich beherrschen. Nie ist Waffenstillstand.
Friedrich Theodor VischerWo immer die Kunst blühte, ruhte sie auf dem fruchtbaren Boden des Handwerks.
Friedrich Theodor VischerWie griff die holde Clelia Aus blinder Liebe fehl! O, sie ist ganz Camelia und er ist ganz Kamel!
Friedrich Theodor VischerDie wahre, reine Poesie hat als solche seinen Zweck; sie will nicht erziehen, sondern einfach die Welt in idealem Licht zeigen.
Friedrich Theodor VischerDu möchtest der Zeit nach immer leben, mein lieber Piepmeyer? Aber wenn du auf immer neuen Planeten ewig ein neues Zeitleben lebst, so kommt es in jedem derselben immer nur darauf an, ob du vermagst, ins Zeitlose emporzusteigen. Von der endlosen Zeit, mein Lieber, hast du gar nichts.
Friedrich Theodor VischerZynismus ist nicht ein Schmutzigsein, nicht einfach ein Leben im Schmutze, sondern bedeutet eine Art des Aufdeckens, mit dem Schmutzigen umzugehen, es mit Bewußtsein so zu traktieren, daß ein gewisser Accent darauf fällt.
Friedrich Theodor VischerJede Sprache hat... noch Nektar im Keller. Da sind die Dichter, die Schenken, ideale Kellner.
Friedrich Theodor VischerBehandle den Menschen als frei und selbständig, so wird er es; achte seine Menschenrechte, so lernt er sich selbst achten.
Friedrich Theodor VischerRührung, die durch das Lachen selbst hindurchschimmert, ja wohl Tränen und Lächeln in einem Momente verbindet, ist das Charakteristischste des Humors.
Friedrich Theodor VischerZwischen der zur Kirche verhärteten Religion und zwischen dem Staate gibt es so wenig irgendein gesundes Verhältnis, als zwei Füße in einem Schuh stecken.
Friedrich Theodor VischerOrakel, Wünschelrute, Pendel und meinetwegen auch Tarotkarten sind bloß die Verstärker, die Lautsprecher für etwas, das bereits in uns schlummert, aber dessen Impulse zu ungewohnt sind, als daß wir sie inmitten des Lärms in unseren Köpfen wahrnehmen würden.
Friedrich Theodor VischerMan kann das Schöne definieren durch: Einheit von Harmonie und Beseeltheit.
Friedrich Theodor VischerMan sollte eigentlich Unterricht darin nehmen, in Gemeinplätzen zu reden; hätte man es gut gelernt, so wäre man in Gesellschaft besser gelitten. Es kann den Menschen nicht angenehm sein, wenn man ihnen zumutet, auf dem Kopfe zu gehen.
Friedrich Theodor VischerDie Reformation vertauschte eigentlich nur eine Autorität mit der anderen: die Tradition mit der Bibel.
Friedrich Theodor VischerDas Leben der Menschen ist eine Fläche mit vielen farblosen breiten Stellen und vielen dunklen Flecken. Das sind die Tage, wo man nichts Bedeutendes tut oder erlebt, und die Tage des Übels.
Friedrich Theodor VischerEs gibt keinen besten Staat, weil es keinen guten gibt. Es kann nur einen möglichst wenig schlechten geben.
Friedrich Theodor VischerDer menschliche Geist muß seine Heimat in dem geheimen Schoß aller Wesen haben und daraus sein Schaffen holen. Es ist ihm, als ob er es noch von daher wisse, wie ihre Gestalt ursprünglich hätte werden sollen.
Friedrich Theodor VischerEine gründliche Revolution müßte sich auch dadurch bewähren, daß sie der Barbarei der modernen Kulturformen ein Ende machte.
Friedrich Theodor VischerEs sei! Des Lebens volle Schalen Hab' ich geneigt an meinen Mund, Und auch des Lebens ganze Qualen Hab' ich geschmeckt bis auf den Grund.
Friedrich Theodor VischerWenn du ein Weib ganz kennst und noch liebst, so hüte dich, sie das erstere merken zu lassen. Durchschaut zu sein, erträgt ein Weib nicht. Im Grunde mit Recht. Sie wissen, daß sie nur durch Zauber wirken.
Friedrich Theodor VischerFrauenmode Die letzte Kleidermode war Noch immer nur so so; Jetzt erst, jetzt sind wir ganz und gar Ein wandelnder Popo.
Friedrich Theodor VischerEs gibt auch eine mittlere Gattung ahnende Weiber mit einzelnen scharfen Gedankenblitzen - die geistreichen. Es kann scheinen, dies wäre das Rechte. Aber da sie es zum Ordnen der Gedanken doch nicht bringen und da sie übrigens sehr gesalzen sind, so sind sie beunruhigend und öfter bös als gut.
Friedrich Theodor VischerDer Humorist treibt immer Metaphysik. Wo der Naive ein Übel als einzelnes verschmerzt, der Witzige den Ärger los wird durch einen Witz, da denkt der Humorist weiter und sieht das allgemeine Elend und Übel, daß in Wahrheit nichts rein ist.
Friedrich Theodor VischerWir sind Teile von Gott, doch so klein, daß keine Zahl es ausdrückt. Also überhebe man sich nicht. Wer tüchtig ist, tut vielen gut, daher wächst seinem Teile von Gott so viel zu, daß er keine Niete mehr ist, sondern ein Zähler wird.
Friedrich Theodor VischerDer Witz ist eine Fertigkeit, mit überraschender Schnelle mehrere Vorstellungen, die nach ihrem inneren Gehalt und dem Nexus, dem sie angehören, eigentlich fremd sind, zu einer (Vorstellung) zu verbinden.
Friedrich Theodor VischerEin denkender Mensch... weiß, daß das Vergnügen nicht erjagt, nur gestohlen oder gefunden wird.
Friedrich Theodor VischerDas Leben ist schwer, das will Bedacht; Vor dir besonders nimm dich in acht!
Friedrich Theodor VischerDie Geschlechter mögen einander necken, schließlich aber soll der Mann das Weib ehren, weil er aus Weibes Schoße stammt.
Friedrich Theodor VischerDer echte Volkstribun, wenn er einem Polizeidiener begegnet (ohne dessen Wachsamkeit er täglich ausgestohlen würde), so sagt er: Da haben wir's: der Polizeistaat!
Friedrich Theodor VischerDas ist doch wahr, daß das Verhocken, die Stubenluft, die Verweichlichung in raffinierten Bedürfnissen und Genüssen, die Trennung des Gehirnlebens vom Muskelleben an der Brechung der Charaktere, an der schrecklich wachsenden Blasiertheit unserer Generationen die Schuld mitträgt.
Friedrich Theodor VischerKein Bild, kein Wort kann das Eigenste und Innerste des Herzens ansprechen wie die Musik, ihre Innigkeit ist unvergleichlich, sie ist unersetzlich.
Friedrich Theodor VischerÜbrigens hat man, wenn man es zeitweise bei den Menschen nicht mehr aushält, die Tiere.
Friedrich Theodor Vischer