Zitate von Friedrich Theodor Vischer
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Das Genie kennt gewissermaßen die Welt ohne Weltkenntnis, es findet viele Weltansätze in sich selbst und in seinem Erlebnis und besitzt die Gabe, aus diesen Ansätzen das zu dividieren, was sich bei anderen daraus entwickelt.
Eine berechtigte Revolution kann mit ihren Helden scheitern, aber sie überlebt ihren Untergang, sie wirkt unsichtbar fort und bricht wieder hervor.
Menschen, die einander ohne tatsächlich klaren Grund nicht trauen, trauen sich selbst nicht.
Hinnehmen, was nicht anders ist, und nicht brummen, weil man damit nur sich selber leid tut!
Die Deutschen können das Glück und die Größe nicht recht vertragen. Ihre Art Idealität beruht auf Sehnsucht.
Du hast Langeweile? Mußt nach Unterhaltung jagen? Hast du denn an dir keine Gesellschaft? Kannst du dich gar nicht entzweispalten, und hat, wenn du es kannst, der eine de anderen gar nichts zu sagen?
Dem Gesetze: Jedes Kunstwerk soll sich selbst erklären, genügt keine Kunst so ganz und eigentlich, wie die Poesie.
Die Menschen wissen doch auch von nichts als von Alternativen! Entweder – oder, so steht’s in ihren Zwischenwandköpfen!
Die Menschheit braucht Tyrannen, aber gerechte. Diese lassen sich nicht finden. Daher alles Elend; so wird in Revolutionen „die Menge ihr eigener Tyrann“.
Arme Maultiere und Esel! Seufzende Kreatur! – Ihr stammt von dem Gesindel, ihr Tierschinder, das einst dort in der Arena (in Verona) die scheußlichsten Kämpfe ansah. – Für was lauft ihr in die Kirchen?
Außer dem Lächeln haben die Pessimisten auch ausgelassen: das Lachen. Sie sind ganz humorlos.
Alles Erhabene muß in eine gewisse Dunkelheit gehüllt, der gemeinen Tätigkeit entrückt sein.
Der Mensch lebt in einem beständigen Krieg mit dem Zufall. Wir wandern auf Glatteis und sind keinen Augenblick sicher, daß wir nicht fallen.
Die Grausamkeit gegen die Tiere ist eine großgezogene Kinder-Teufelei, wie alle Laster.
Jung sein ist Glück und vergeht wie Dunst, jung bleiben ist mehr und ist eine Kunst.
Ich bin so ganz der Meinung, eine Rede, die eine Rede ist, lebe nur im Vortrag, daß ich sie gedruckt eigentlich gar nicht sehen mag.
Wir lernen leichter durchs Leben wandeln, lernten wir nur uns selbst behandeln.
Das Komische, und zwar das wahrhaft, das humoristisch Komische, ist der über seine Schwäche sich ertappende und zur Besinnung kommende Mensch.
Das Moralische versteht sich immer von selbst. Ein rechter Kerl sucht, strebt und beschwert sich nicht darüber, sonder ist glücklich mit diesem Unglück der aufsteigenden und nie anlangenden Linie des Lebens. Das ist unser oberstes Stockwerk.
Geschmack haben heißt ein Schönheitsgesetz fühlen und anerkennen, heißt finden, begreifen, thun, was zusammenpaßt, auch in der Region, die dem Zufall des freien Beliebens überlassen ist, in der Region wo keine Kunstrichter Sitzungen halten.
Der Hund hat etwas der Religion Analoges in sich, indem er getreuer Knecht ist. – Um dieses Besten willen ist schändlicherweise sein Name ein Schimpfwort geworden.
Du darfst kein Menschenverächter werden, weil du nie wissen kannst, wer aus der schlechten Mehrheit fähig, empfänglich ist, in die Minderheit heraufgehoben zu werden. Die Grenze zwischen beiden ist flüssig.
Gutmütigkeit bedeutet gar nichts, ist nur ein Zustand; die Gutmütigen sind so lange gut, bis sie bös werden, und dann sind sie recht bös.