Zitate von Giacomo Leopardi
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Unsere Fehler und Gebrechen sind nicht lächerlich an sich, aber lächerlich ist unser Versuch, sie verstecken zu wollen.

Die Natur selbst ist eine Betrügerin: Sie macht dem Menschen das Leben liebenswert oder erträglich durch nichts anderes als durch Einbildung und Täuschung.

Jener Grieche trachtete mehr danach, gut zu sein als es zu scheinen, die Welt aber befiehlt uns, gut zu scheinen und es nicht zu sein.

Gefragt, was auf Erden das Seltenste sei, antwortet einer: was allen gehört, der gemeine Verstand.

Glauben ist so weit davon entfernt, mit der Unwissenheit unvereinbar zu sein, daß man ruhig behaupten kann, er sei im Gegenteil mit der Unwissenheit eher vereinbar als mit dem Wissen.

Wir können weder alle zählen, denen Unheil widerfahren ist, noch auch nur einen von ihnen würdig beklagen.

Auch in dieser Hinsicht ist die Welt den Weibern ähnlich: Mit Schüchternheit und Zurückhaltung erreicht man nichts.

Die Menschen schämen sich nicht des Unrechts, das sie tun, sondern dessen, das sie leiden.

Der anständige Mensch wird im Laufe der Jahre wohl unempfindlich gegen Lob und Ehren, niemals aber, wie ich glaube, gegen Tadel und Verachtung.

Die Menschen sind nur dann lächerlich, wenn sie das scheinen oder sein wollen, was sie nicht sind.

Schweigsamkeit ist die Sprache aller starken Gefühle: der Liebe (und gerade in ihren schönsten Augenblicken), des Zornes, der Verwunderung, der Furcht usf.

Es verursacht größere Schmerzen, einen quälenden oder gar furchtbaren Gedanken, der sich festgesetzt hat, mit Gewalt aus dem Hirn zu reißen, als bei ihm zu verweilen.

Die Langeweile gleicht der Luft, welche alle Zwischenräume zwischen den Gegenständen ausfüllt und deren Platz einnimmt, wenn sie ihn freigeben und kein anderer Gegenstand an ihre Stelle tritt.

Das Menschengeschlecht und, abgesehen von Einzelnen, auch ein noch so kleiner Teil von ihm zerfällt in zwei Gruppen: die einen üben Willkür, und die anderen erdulden sie.

Einer, der gefragt wurde, was auf der Welt das Seltenste sei, erwiderte: Das, was alle besitzen sollten, nämlich der gesunde Menschenverstand.

Viele verlangen, während sie einem übel mitspielen, daß man bei Strafe ihres Hasses so klug sei, ihrer Niedertracht keine Hindernisse in den Weg zu stellen, und zu gleicher Zeit sie nicht als niederträchtig erkenne.

Der Mensch ist nicht vervollkommnungsfähig, aber korrumpierbar. Er ist nicht vervollkommnungsfähiger als die anderen Lebewesen, aber leichter zu verderben als andere Tiere.

Man sieht es alle Tage, daß die Menschen den, der sie liebt oder ihnen gar Wohltaten erweist, hassen und fliehen.

Gleiche Zaubermacht übt Schönheit wie Musik, die uns so oft von unbekannten Paradiesen hehres Geheimnis zu enthüllen scheint.

Kein Jahrhundert reiner Barberei hat sich je für barbarisch gehalten, sondern jedes hat noch immer geglaubt, die Blüte der Jahrhunderte und das vollkommenste Zeitalter des menschlichen Geistes und der Gesellschaft zu sein.

Wer wenig mit Menschen gemein hat, ist nur selten ein Menschenfeind. Wahre Menschenfeinde gibt es nicht in der Einsamkeit, sondern nur innerhalb der Welt: denn die Wirklichkeit des Lebens und nicht etwa die Philosophie ist es, was einen lehrt, die Menschen zu hassen.

Die Aufrichtigkeit kann dann von Nutzen sein, wenn man sie als Kunstgriff verwendet, oder wenn sie einem, dank ihrer Seltenheit, nicht geglaubt wird.

In der Welt ragen jene Menschen schon als Rechtschaffene hervor, von denen du bei näherem Verkehr zwar keine guten Dienste zu erhoffen hast, aber auch keine schlechten Dienst zu befürchten brauchst.

Die Vernunft ist eine Leuchte; und die Natur will Licht durch sie erhalten, aber nicht von ihrer Flamme verzehrt werden.

Das durch und durch zivilisierte Europa wird eines Tages die Beute jener Halbbarbaren, die es aus den Weiten des Nordens bedrohen; und wenn diese Eroberer dann zivilisiert werden, kehrt die Weit wieder in ihr Gleichgewicht zurück.

Das Reizvolle entsteht meistens dadurch, dass ein Gran Hässliches dem Schönen hinzugefügt wird.

Nichts auf der Welt ist so falsch und sinnlos, daß es nicht die klügsten Leute für wahr hielten, in allen Fällen, wo es dem Menschen unmöglich ist, sich mit dem Gegenteil abzufinden und zufrieden zu geben.

Zwei Wahrheiten wollen die Menschen im allgemeinen durchaus nicht ernst nehmen: die, dass sie nichts wissen, und die zweite, dass sie nichts bedeuten.

Der Mensch ist fast immer so niederträchtig, wie es für ihn nötig ist. Wenn er redlich ist, kann man immer feststellen, daß er Niedertracht nicht nötig hat.

Die fortschreitende Vernunft zielt im wesentlichen darauf hin, die Gattung Mensch, also das Wesen, das imstande ist, zu denken und sich eine natürliche Ordnung zu schaffen, nicht nur unglücklich zu machen, sondern auszurotten.

Schweigsamkeit in der Unterhaltung wird nur dann für gut befunden und gelobt, wenn man weiß, daß der Schweigsame, wenn man ihn dazu herausfordert, den Mut und das Zeug zum Reden hat.

Wenn du etwas nicht ungeschehen machen kannst, so rechne damit, daß man es erfährt, wenn du dich dessen am wenigsten versiehst.

Wenn einer die Illusion bekämpft, so ist das das sicherste Zeichen seines unvollkommenen und unzureichenden Wissens – eben ein Zeichen dafür, daß er einer Illusion zum Opfer gefallen ist.

Ein schwerer Irrtum, dem die Menschen tagtäglich verfallen, ist der Glaube, daß ihnen ihre Geheimnisse gewahrt würden.

Wer gut beobachtet, wird sehen, daß unsere Mängel und Fehler nicht an sich lächerlich sind, sondern nur der Eifer es ist, den wir daransetzen, sie zu verheimlichen und das So-Tun, als ob wir sie nicht hätten.

Eigentümlich, daß Menschen von großen Verdiensten stets einfach sind, und daß Einfachheit für ein Zeichen von geringer Tüchtigkeit gilt.

Die Welt lacht über Dinge, die sie eigentlich bewundern sollte, und sie tadelt, genau wie der Fuchs bei Äsop, alles das, worauf sie neidisch ist.

Eher findet man einen, der für seinen Freund sein Leben opfert, als einen, der für den Freund einen Taler aufs Spiel setzt, geschweige denn ausgibt.

Die Menschen schämen sich nicht über Beleidigungen, die sie anderen zufügen, wohl aber über solche, die ihnen angetan werden. Wenn man jedoch erreichen will, daß die Beleidiger sich schämen, dann bleibt einem dazu kein anderer Weg, als ihnen mit gleicher Münze heimzuzahlen.

Geduld ist die heldenhafteste aller Tugenden, weil sie eben kein Anzeichen von Heldentum trägt.

Die Welt ist wie die Frauen: Mit Sittsamkeit und Zurückhaltung holt man nichts aus ihr heraus.
![Giacomo Leopardi - Man kann [...] kein nutzbringendes Geschäft mit seinem Elend treiben, wenn es echt ist. Keiner ist jemal...](https://www.netzitate.com/bilder/210/zitate-von-giacomo-leopardi-97.jpg)
Man kann […] kein nutzbringendes Geschäft mit seinem Elend treiben, wenn es echt ist. Keiner ist jemals geachteter oder willkommener gewesen, weil er unglücklicher war als andere.

Wie fast alle Frauen lassen sich oft auch die Männer, besonders die stolzen, durch Gleichgültigkeit und Mißachtung gewinnen, oder sogar, wenn nötig, durch vorgetäuschte Gleichgültigkeit und Mißachtung.

Die Philosophen sollen sich klarmachen, dass es nicht auf das Leben an sich ankommt, sondern darauf, dass es gut und glücklich oder besser gesagt, nicht gar zu schlecht und unglücklich verläuft.

Die Grenzen des eigenen Wissens verhehlt man den anderen am besten, indem man sie nie überschreitet.