Zitate von Giacomo Leopardi
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Daß die Vernunft eine Feindin jeder Größe ist, ist eine Erkenntnis, die man nicht wichtig genug nehmen kann.

Der Mensch ist so sehr auf Lob aus, dass ihm auch ein unverdientes Lob schmeichelt.

Selig, wer ohne Wunsch ist; wer sich von kleinen Freuden nährt und sich mit ihnen begnügt; wer stets auf ein Gutes hofft, dabei seine schlechten Erfahrungen vergißt und sogar stets das Gegenteil von dem tut, das er tun sollte!

Wer steigen will, wenn auch durch wahre Verdienste, der lasse die Bescheidenheit fahren. Auch darin gleicht die Welt den Weibern: mit Scham und Zurückhaltung erreicht man nichts bei ihr.

Auf die Dauer gefällt uns nur die Gemeinschaft mit solchen Menschen, deren steigende Achtung uns dienlich oder wünschenswert ist.

Ich sage, daß die Welt eine Liga von Schurken gegen die Rechtschaffenen ist, und von Verächtlichen gegen die Edelmütigen.

Die Vernunft ist ein Licht. Davon will und soll die Natur erleuchtet, jedoch nicht in Brand gesteckt werden.

Der sicherste Weg, andern die Grenzen des eigenen Wissens zu verbergen, ist, diese nicht zu überschreiten.

Es ist seltsam, zu beobachten, daß fast alle Menschen, die etwas gelten, sich einfach benehmen, und daß einfaches Benehmen fast immer als Zeichen von geringem Wert gilt.

Solange es jedoch auf dieser Welt Barbaren geben wird oder Völker mit starken, vollen, überzeugenden, standhaften und von der Vernunft noch nicht berührten Wahnvorstellungen, müssen die zivilisierten Völker ihnen zum Opfer fallen.

Gleichfalls kann man sagen, dass alle Gewohnheiten, und damit alle menschlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nichts anderes sind als Nachahmung.

Als würdige Erfindung Unsterblich weiser Geister Und letztes Übel gaben uns die Götter Das Alter, wo die Sehnsucht Noch währet, doch vernichtet ist die Hoffnung.

Ich müsste mich sehr täuschen, wenn in unserem Jahrhundert solche Leute wirklich selten wären, die man allgemein lobt und deren Lob nicht in ihrem eigenen Munde einen Anfang genommen hat.

Ein eifersüchtiger Mann zu der Ehefrau: Ist dir denn nicht bewußt, du Teufel, daß du schön bist wie ein Engel?

Der Tod ist kein Unglück, denn er befreit den Menschen von allem Schlimmen, und mit den Gütern des Lebens nimmt er ihm auch die Wünsche.

Es sieht fast so aus, als ob die Menschen, die sonst in allem verschiedener Ansicht sind, nur in einem einträchtigen Sinnes wären: in der Schätzung des Geldes, oder als ob das Geld im Grunde den Menschen ausmache, das Geld ganz allein.

Der Mensch wird im geselligen Umgang und im Leben soweit gern gesehen und macht in dem Maße sein Glück, wie er zu lachen versteht.

Die Schlauheit, die ein Zubehör des Geistes ist, wird sehr häufig dazu benutzt, um der Dürftigkeit dieses Geistes abzuhelfen, oft auch, um bei anderen einen reicheren Geist zu bekämpfen.

Rachelust ist ein so angenehmes Gefühl, daß wir uns oft eine Beleidigung wünschen, nur um einen Grund zur Rache zu haben; und zwar nicht nur von einem, der nun einmal unser Feind ist, sondern von irgend jemandem – zumal in den Augenblicken der Verstimmtheit – sogar von einem Freund.

So von hinnen Flieht aller Schein und Schatten Holdsel’gen Wahns; die hoffenden Gedanken, Die uns vertröstet hatten Auf eine Zukunft, sinken und verblassen.

Herrschaft und Gewalt, ob du sie wen’gen wünschest oder vielen, mißbrauchen wird sie stets, wer sie besitzt.

Das sein wollen, was wir nicht sind, das vernichtet ganz im allgemeinen alles in der Welt: und aus keinem anderen Grunde wird eine gewisse Anzahl Menschen unerträglich, die sehr liebenswert sein könnten, wenn sie sich nur mit ihrem Wesen zufriedengeben wollten.

Das sind auf dieser Welt schon wahre Wunder von Biederkeit, von denen man bei vertrautem Umgang keinen üblen Dienst zu fürchten braucht, ohne natürlich je den geringsten Freundesdienst erwarten zu dürfen.

Langeweile ist der unfruchtbarste aller menschlichen Zustände. Sie ist die Tochter der Vergänglichkeit und die Mutter des Nichts. Und sie ist nicht nur an sich unfruchtbar; alles, was sich ihr nähert und was sie durchdringt, wird ihr darin gleich.

Wenn ich nach einigen Jahren eine Person wiedersah, die ich jung gekannt hatte, kam es mir beim ersten Blick immer vor, als begegnete ich jemand, der ein großes Unglück erlitten habe.

Welches Ding in der Welt hat nur einen Schatten oder ein Tausendstel von der Vollkommenheit, die ihr an Frauen zu finden wähnt?

Niemand möge glauben, daß er zu leben gelernt habe, wenn er nicht zugleich auch gelernt hat, alle Anerbieten, von wem sie auch kommen mögen, für nichts anderes als lauter leere Worte zu halten…

Der Betrug ist sozusagen die Seele des gesellschaftlichen Lebens und eine Kunst, ohne die in Wahrheit keine Kunst und kein Talent wenn man nur ihre Wirkung auf die Menschen im Auge hat, vollkommen ist.

Keine menschliche Eigenschaft verdient im gewöhnlichen Leben weniger Duldung und wird auch tatsächlich weniger geduldet als die Unduldsamkeit.

Das Leben und das absolute Fehlen von Illusionen und damit von Hoffnung sind widersprüchliche Dinge.

Man kann das Gefühl zu gefallen genießen, solange man sicher ist, nicht nur vor allem sich selbst zu gefallen.

Dass die Natur der Vernunft überlegen ist, wird auch dadurch bewiesen, dass aus bloßer Vernunft nie etwas mit Wärme und Leidenschaft getan wird.

Es muß einen wunder nehmen, daß fast allen Männern von großer Tüchtigkeit einfache Sitten eigen sind und daß immer einfache Sitten als Zeichen von geringer Tüchtigkeit gelten.

Am längsten und wirklich erfreulich ist nur die Abwechslung aus dem einfachen Grunde, weil auf die Dauer nichts wirklich erfreulich ist.

Die Welt ist voll von Leuten, die nicht hersehen, wenn du hinsiehst, und nicht danken, wenn du grüßt, und fliehen, wenn du ihnen nachläufst; zeig ihnen aber den Rücken und mach eine finstere Miene, gleich kehren sie um, neigen sich untertänigst und laufen nun ihrerseits hinter dir her.

Die Kindheitsjahre sind in der Erinnerung eines jeden Menschen gleichsam die mythischen Zeiten seines Lebens, so wie in der Erinnerung der Völker die mythischen Zeitenalter die Zeiten ihrer Kindheit sind.

Die Menschen hassen nie so sehr den, der Böses tut, noch das Böse selbst, wie den, der es beim Namen nennt.

Um deiner Wonne willen, o Gedanke, ist’s wert, die Last des Leidens auf sich zu nehmen und des Lebens Bürde.

Keine Furcht und keine Feigheit ist imstande, einen vor den heimlichen Verfolgungen, den hinterhältigen Nachstellungen zu bewahren, wenn sie von feigen Feinden ausgehen.

Die Welt gehört, wie die Frauen, dem, der sie verführt, genießt und mit Füßen tritt.

Zwei Wahrheiten, die die Menschen nie glauben werden: daß sie nichts wissen und daß sie nichts sind. Man füge eine dritte hinzu: daß es nach dem Tod nichts zu hoffen gibt.