Jean Paul Zitate
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Bloß darum müssen wir soviel lesen, weil wir alles in 10 Büchern lesen müssen, anstatt es aus einem zu merken.
Wo einer Zeit Gott, wie die Sonne, untergehet; da tritt bald darauf auch die Welt in das Dunkel; der Verächter des All achtet nichts weiter als sich und fürchtet sich in der Nacht vor nichts weiter als vor seinen Geschöpfen.
Ungleich dem Süden ist der Deutsche weniger ein redseliges als ein schreibseliges Volk, wie seine Registraturen und Bücherschränke ansagen.
Der Mensch hat hier dritthalb Minuten, eine zu lächeln – eine zu seufzen – und eine halbe zu lieben; denn mitten in dieser Minute stirbt er.
Ein Gelehrter hat keine lange Weile; nur ein Thron-Insaß lässet sich gegen diese Nervenschwindsucht hundert Hof-Feste verschreiben, Gesellschaftkavaliere, ganze Länder und Menschenblut.
Ein berühmter Autor und ein Fürst brauchen nur zu reden, nicht gut zu reden, um zu gefallen.
Die Rechtschaffenen überall machen sich mehr Feinde durch Sprechen, als die Schlimmen durch Handeln.
Viele Zänkereien in der Ehe kommen davon, daß man fordert, der Gatte solle die Liebe erraten, die man auszusprechen zu stolz und schamhaft ist.
Am wichtigsten ist mir das erste Gewitter im Frühjahr und im Ehestand – die andern ziehen alle aus seiner Gegend her.
Das Leben, diese kurze Erdpartie, ist nur ein kurzer schwüler Decembertag – unsere Freuden sind Torso’s – unsere Erinnerungen Ruinen – unsere Liebe ist eine große Sehnsucht und unsere Jugend ist ein süßer Seufzer.
Nicht unser Hirn, sondern unser Herz denkt den größten Gedanken. Unser Herz aber oder unsere Seele oder der Kern unserer Persönlichkeit ist ein Funke aus dem Lebenslichtmeer Gottes.
Die Tugend mancher Damen ist ein Donnerhaus, das der elektrische Funke der Liebe zerschlägt und das man wieder zusammenstellt für neue Versuche.
Mit wieviel tausend kleinen Mitteln muß sich der Mensch abgeben, ehe er mit etwas Großem sich beschäftigen kann.
Bedenkt noch, ihr gekrönten und besternten Machthaber aller Art: ihr tragt in der Zukunft entweder alle Schuld, oder allen Glanz.
Gewiß kein Freund der Gärtnerei wäre zufrieden, wenn auf einmal alles reif gewachsen da stände und er nichts zu tun hätte als zu pflücken.
Die Menschen aber vergeben lieber Pasquill als Satire, lieber Verleumdung als Ermahnung, lieber Spotten über Orthodoxe und Aristokraten als Vernünfteln darüber.
Wer die Menschen nicht mehr liebt, findet wieder Liebe und Interesse an einem, der leidet. Der Schmerz führt uns die alte Liebe des ganzen Geschlechts zurück.
Hat einmal ein Mann alle männliche Tugenden: so verschönert ihn eine kleine weibliche, z. B. Reinlichkeit, unendlich in weiblichen Augen; und so umgekehrt mit Weib.
Kleider sind die Waffen, womit die Schönen streiten und die sie, gleich den Soldaten, nur dann von sich werfen, wenn sie überwunden sind.
Je höher die Stände, desto mehr hat der Mann zu tun und desto weniger die Frau. Der König muß doch wenigstens bedenken und unterschreiben. Die Königin lebt von ihm. In untern Ständen ist es wie bei Wilden fast umgekehrt.
So viel zu geben hat man: Ein Lächeln, ein liebes Wort eine kleine Zuwendung. Dem einen bedeutet’s nichts – dem anderen jedoch alles!
Bei einem Argwöhnischen muß man eine Wahrheit so klug, mit so viel Vorsicht und Feinheit vortragen, als wär sie eine Lüge.
Das Alter wird geizig und sucht Geld, bloß weil es die kühnen Ideale der Jugend nicht mehr hat, und seine Kräfte ausgesprochen und nun nichts weiter braucht, als Ruhe, die ihm Geld am besten gewährt.
Kindergebete sind leer und kalt und eigentlich nur Überreste des jüdisch-christlichen Opferglaubens, der durch Unschuldige statt durch Unschuld versöhnen und gewinnen will.
Auf Kinder wirkt nichts so schwach als eine Drohung und Hoffnung, die nicht noch vor Abends in Erfüllung geht.
Wie sich der ganze Wirrwarr der Gefühle verliert und ordnet, wenn man aus dem fremden Hause heimkehret in seine vier Wände! Nur zu Hause ist der Mensch ganz.