Jean Paul Zitate
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Verdienste reizen zu nichts als zur Haussuchung nach Sünden, und man erfüllt gerade das Gegenteil des preußischen Gesetzes, das bloß Unteroffiziere, welche Verdienstmedaillen haben, von der Fuchtel freispricht.
Die Leidenschaften, sagt Plato, sind die Pferde am menschlichen Wagen; o und wie leicht schwingt sich ein Weib auf den Kutschbock, um spazieren zu fahren!
Leiden sollen läutern, sonst hat man gar nichts von ihnen. Zurückgeschlagen werden sie nicht durch Freude – diese führen sie ergrimmter zurück – sondern durch tapfere Arbeit und Anstrengung.
Bloß eine Träne, eine drückende Hand und eine Singstimme gab der Welt-Genius der Liebe und der Entzückung und sagte: „Sprecht damit!“
Nicht durch Angreifen, sondern durch Behaupten zeigt man die eigne Kraft und Individualität am besten. Bei jenem muß man sich zu sehr nach den andern richten und verliert bei Sieg und Niederlage.
Das Volk kennt nur die offene Tafel der Fürsten, aber nicht ihre einsame Unverdaulichkeit; und nur ihre öffentlichen Freuden, nicht ihre geheimen Schmerzen.
Genialische Menschen haben so viele Festtage als andere Werkeltage, und daher ertragen jene so schwer einen Trivial- und Schlendrians-Schalttag und vollends an solchen Jünglingstagen!
Was verlor Deutschland in seinem Staube? Eben was der Diamant in dem seinigen: die dunkle Schlackenrinde; und dann erschien der Glanz.
In der Jugend wird fast jedes Bedürfnis zum Genuß, im Alter jeder Genuß zu einem Bedürfnis.
Ein Mensch kann so wenig den ganzen Geschmack haben als ein Mensch die Wahrheit – die Menschheit hat beides.
Der Mensch gehet allezeit, wenn er sich noch so lange gegen eine Meinung gesträubt, endlich zu ihr mit großer Leidenschaft über.
Das schöne am Frühling ist, daß er immer dann kommt, wenn man ihn am dringendsten braucht.
Um zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen versuchen.
Wer im Alter ganz die Liebe missen kann, hatte in der Jugend die rechte nicht, für welche es keine Jahre gibt.
Die bloße Empfindung schafft nicht den Dichter, aber der bloße Dichter auch nicht jene. Im ersten Irrtum ist der Jüngling, im zweiten der Kritiker.
O Kindheit, Jugend! Wie viel hat man, eh‘ man etwas ist! – Und wie kehrt sich nachher alles um!
Das Gespräch der meisten Gelehrten untereinander ist weiter nichts als ein gegenseitiges heimliches, höfliches Examinieren.
In unsern Gesprächen verweilen wir bei einem witzigen Gedanken und bestreiten den ernsthaften, anstatt es umzukehren.
Wenn man beim Erzählen eines fremden Scherzes selbst sehr lacht, so gewinnt er; bei dem eines eignen, so verliert er.
In der Liebe wird der Ernst der Jungfrau bezaubern; in der Ehe, die selber ein langer Ernst ist, möchte leichtes Scherzen und Bescherzen der Welt besser einschlagen.
Die Frau liebt den Mann reiner; sie liebt in ihm den gegenwärtigen Gegenstand ihres Herzens, er in ihr öfters das Gebilde seiner Phantasie; daher sein Wanken kommt.
Unter den Menschen und Borsdorfer Äpfeln sind nicht die glatten die besten, sondern die rauhen mit einigen Warzen.
Die Frauen sind so voll Verstellung und Unveränderlichkeit, daß man ihnen einen schlechten Gefallen tut, wenn man gerade das tut, was sie wollen.
Das Dasein Gottes beweisen, so wie bezweifeln, heißt das Dasein des Daseins beweisen oder bezweifeln.
Gib dem kleinen Kind einen dürren Zweig, es wird mit seiner Phantasie Rosen daraus sprießen lassen.