Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Die der Eltern Güter und nicht ihre Tugenden erben, sind bloß halbe Erben.

Alles Wohlbehagen, alle Zufriedenheit ist einfach, sie mögen, woher es auch sei, entspringen.

Wenn Selbstgefühl sich in Verachtung andrer, auch der geringsten, ausläßt, muß es widrig auffallen.

Alles, worein der Mensch sich ernstlich einläßt, ist ein Unendliches, nur durch wetteifernde Tätigkeit weiß er sich dagegen zu helfen…

Mit Mädchen sich vertragen, Mit Männern ‚rumgeschlagen, Und mehr Kredit als Geld, So kommt man durch die Welt.

Ein durchgreifender Advokat in einer gerechten Sache, ein durchdringender Mathematiker vor dem Sternenhimmel erscheinen beide gleich gottähnlich.

Dass Sie zur Heiterkeit des Lebens gelangen, und dazu eben ist die Bearbeitung kleiner Gegenstände das beste Mittel.

Mir ist das All, ich bin mir selbst verloren, der ich noch erst den Göttern Liebling war; sie prüften mich, verliehen mir Pandoren, so reich an Gütern, reicher an Gefahr; sie drängten mich zum gabeseligen Munde, sie trennen mich und richten mich zugrunde.

Zum Ergreifen der Wahrheit braucht es ein viel höheres Organ als zur Verteidigung des Irrtums.

Und so ist mir das Dasein eine Last, Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.

Denn was man schwarz auf weiß besitzt, Kann man getrost nach Hause tragen.

Jedem Tier und jedem Narren haben die Götter seine Verteidigungswaffen gegeben.

Das Interim Hat den Schalk hinter ihm. Wie viel Schälke muß es geben, Da wir alle ad interim leben.

Geschichten schreiben ist eine Art, sich das Vergangene vom Halse zu schaffen.

Mir scheinen List und Klugheit nicht den Mann zu schänden, der sich kühnen Taten weiht.

Nichts im Leben, außer Gesundheit und Tugend, ist schätzenswerter als Kenntnis und Wissen; auch ist nichts so leicht zu erreichen und so wohlfeil zu erhandeln; die ganze Arbeit ist Ruhigsein und die Ausgabe Zeit, die wir nicht retten, ohne sie auszugeben.

Aber ein jeder, der in der Ferne ein Land studieren will, er habe es früher nun selbst gesehen oder nicht, wird immer soviel Zeugen aufsuchen, als er nur kann.

Es läßt sich nur etwas Bedeutsames produzieren, wenn man sich isoliert! Der einzelne Künstler kann sich freilich nicht isolieren, und doch gehört Einsamkeit dazu, um in die Tiefe der Kunst zu dringen und die tiefe Kunst in seinem eigenen Herzen aufzuschließen.

Das Gewissen bedarf keines Ahnherrn, mit ihm ist alles gegeben; es hat nur mit der innern eigenen Welt zu tun.

Eigentlichster Wert der sogenannten Volkslieder ist der, daß ihre Motive unmittelbar von der Natur genommen sind. Dieses Vorteils aber könnte der gebildete Dichter sich auch bedienen, wenn er es verstünde.

Man kann niemand lieben, als den, dessen Gegenwart man sicher ist, wenn man seiner bedarf.

Keiner ist mehr hoffnungslos hörig als die, die fälschlicherweise glauben, sie seien frei!

Drei Dinge sind bei einem Gebäude zu beachten: daß es am rechten Fleck stehe, daß es wohl gegründet, daß es vollkommen ausgeführt sei.

Man mag noch so eingezogen leben, so wird man, ehe man sich’s versieht, ein Schuldner oder ein Gläubiger.

Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen; ein Werdender wird immer dankbar sein.

Nur wenige Tage sind alten, geprüften Freunden hinreichend, um sich vollkommen wieder zu erkennen und sich auch einmal über den Bestand der menschlichen Dinge zu freuen.

Es ist mit den Jahren wie mit den sibyllinischen Büchern: Je mehr man ihrer verbrennt, desto teurer werden sie.

Jeder Mensch fühlt sich privilegiert. Diesem Gefühl widerspricht: 1. die Naturnotwendigkeit, 2. die Gesellschaft.

Alle Galanterie freilich, wenn sie nicht als Blüte einer großen und weiten Lebensweise hervortritt, muss beschränkt, stationär und aus gewissen Gesichtspunkten vielleicht albern erscheinen.

Wir wissen von keiner Welt, als im Bezug auf den Menschen; wir wollen keine Kunst, als die ein Abdruck dieses Bezuges ist.

Wüchsen die Kinder in der Art fort, wie sie sich andeuten, so hätten wir lauter Genies.
![Johann Wolfgang von Goethe - Was die Franzosen tournure [Körperhaltung] nennen, ist eine zur Anmut gemilderte Anmaßung. Man...](https://www.netzitate.com/bilder/668/zitate-von-johann-wolfgang-von-goethe-3394.jpg)
Was die Franzosen tournure [Körperhaltung] nennen, ist eine zur Anmut gemilderte Anmaßung. Man sieht daraus, daß die Deutschen keine tournure haben können: ihre Anmaßung ist hart und herb, ihre Anmut mild und demütig; das eine schließt das andere aus und sind nicht zu verbinden.

Es ist das beneidenswerte Glück der Jugend, die Eindrücke in aller Frische und Kraft zu empfangen und zu genießen. Bei zunehmender kritischer Erkenntnis versiegt allgemach die Quelle jener ungetrübten Freuden.

Allein im Grunde ist alles polemische Wirken gegen meine eigentliche Natur, und ich habe daran wenig Freude.

Der Mensch erfährt, er sei auch, wer er mag, ein letztes Glück und einen letzten Tag.

Ja, es ist zugleich mit dem Kunstsinn der sittliche, welcher große Erneuerung erleidet.

Jedes Bedürfnis, dessen wirkliche Befriedigung versagt ist, nötigt zum Glauben.

Die Wissenschaften zerstören sich auf doppelte Weise selbst: Durch die Breite, in die sie gehen, und durch die Tiefe, in die sie sich versenken.