Zitate von Karl Julius Weber
page 4

Jedes Jahrhundert hat seinen eigenen Geist der Zeit, folglich auch seine eigenen Lächerlichkeiten, die noch dem nachfolgenden erst klar und zum Lachstoff werden.

Ein Narr macht zehn Narren, dieses Sprichwort ist falsch. – Ein Narr kann tausend machen – eine Modehändlerin Millionen Närrinnen.

Der Handel war es, der eigentlich die Welt – die Alte wie die Neue – aus ihrer Barbarei gezogen hat.

In der Kindheit beschränkt sich unsere Liebe auf Eltern, Geschwister und Schulkameraden, in der Jugend aufs Geschlecht. Im mittleren Alter lieben wir Vaterland, Ehren, Studien, im Alter die Menschheit.

Die Bücher entzünden uns, wenn das Glück uns lacht, sie trösten uns, wenn das Ungemach uns zu quälen scheint.

Zwischen Unglück haben und unglücklich sein ist, Gott sei Dank, ein himmelweiter Unterschied.

Unter dem Monde ist jede Vollkommenheit ein negativer Begriff und die vollkommenste Verfassung doch nur die, welche die wenigsten Fehler hat.

Das Bier ist flüssiges Brot, der Branntwein verklärtes Brot, aber schon Jesus sagte: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ – Wein her!

Die gesellige Überfeinerung, die verlangt, daß Jeder sei wie der Andere, gesellig schone, Allen gefalle – dieses tyrannische, aber den Schwachen höchst willkommene Gesetz unterdrückt alle Eigenthümlichkeiten des Charakters.
![Karl Julius Weber - Welcher Despot hätte sie [Wissenschaft und Gelehrte] je geliebt? Liebt der Dieb die Nachtlaternen?...](https://www.netzitate.com/bilder/470/zitate-von-karl-julius-weber-164.jpg)
Welcher Despot hätte sie [Wissenschaft und Gelehrte] je geliebt? Liebt der Dieb die Nachtlaternen?

Schweigen können zeugt von Kraft, schweigen wollen von Nachsicht, schweigen müssen vom Geist der Zeit.

Das Leben wird gegen Abend, wie die Träume gegen Morgen immer klarer und geordneter.
![Karl Julius Weber - Sie [die Zeitungsschreiber] füllen jetzt die Lücken mit lieblichen Raisonnements, und dann und wann kom...](https://www.netzitate.com/bilder/473/zitate-von-karl-julius-weber-167.jpg)
Sie [die Zeitungsschreiber] füllen jetzt die Lücken mit lieblichen Raisonnements, und dann und wann kommt denn auch ein Faktum.

Der Protestant Martini antwortete dem Jesuiten Gretschers in der Versammlung zu Regensburg auf die Frage: Quid Saul inter prophetas? – Quaerit asinos patris sui : was tut Saul unter den Propheten? – Er sucht die Esel seines Vaters.

Religion ist reine Sache des Gemüts und der Phantasie wie der Poesie, und man zerstört das Wesen beider, wenn man sie unter Vernunftsregeln bringen will.

Wer den Lebensbecher bis auf den Grund ausleeren will, muß sich vernünftigerweise auf die gewöhnliche Hefe gefaßt machen oder auf Kaffeesatz.

Viele halten die Unparteilichkeit ihres Herzens für die ihres Kopfes, und leider noch weit mehrere affektieren bloß Herzensgefühle.

In England und Holland wägt man den Mann nach seinem Gelde, bei uns nach Ahnen und Titel, in Frankreich nach Witz und Manieren; unsere Alten aber wogen nach Stärke und Tapferkeit.

In das Kabinett der Großen geht der beste und nächste Weg durch die Garderobe, neben dem Nachtstuhl vorbei.

… seitdem finden wir die größten Ichlinge gerade da, wo die wenigste Bildung herrscht.

Nur Kinder und Narren reden die Wahrheit, und Gott hätte schon längst wieder eine zweite Sündflut über uns verhängt, hätte die erste etwas geholfen.

Verstellungskunst macht noch allein diese Welt erträglich und paßt ganz in die Zeit, wo das Repräsentativsystem an der Tagesordnung ist.

Die meisten Selbstmörder stammen aus der traurigen Familie der Melancholiker, und Melancholiker sind es wahrscheinlich, die Hölle, Teufel und Gespenster erfunden haben.

Wir sitzen zuviel und die besten Ämter, die wir zu vergeben haben sind Stühle: der Richterstuhl, der Predigerstuhl und der Lehrstuhl.

Oft habe ich in Gesellschaft oder Theatern Männer von berühmten Namen beobachtet, worüber sie lachten oder nicht lachten, und mich selten in ihrem wahren Charakter geirrt.

Die Liebe ist die singende, sich in der Luft tummelnde Lerche. In der Ehe muß der Vogel gebraten auf der Schüssel liegen.

Der Geiz ist die kälteste aller Leidenschaften; wenn die andern mit den Jahren abnehmen, nimmt diese zu, daher sie auch wohl die verächtlichste und lächerlichste unter allen ist.

Gott wird mich bewahren vor der Schwäche oder dem Stolze vieler Alten, die jeden für einen Esel halten, der nicht grau ist.

Eine heillose Theologie führte viele zum Atheismus, die gesunde Philosophie wieder zurückbrachte, und daher zählen wir jetzt weit weniger Atheisten.

Romane sind der Barometer des Zeitgeistes und der Kultur einer Nation, der Spiegel der Zeit, der Sitten und noch mehr der Krankheiten der Seele und charakterisieren ihre Nation.

Erholung besteht weder in Untätigkeit noch in bloßem Sinnengenuss, sondern im Wechselgebrauch unserer Körper- und Geisteskräfte, den die Vernunft veredelt.