Zitate von Ludwig Börne
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Eine unbeschränkte Herrschaft gleicht einem Garten ohne Zaun. Der Besitzer kann freilich überall hinaustreten, aber der Fremde kann von allen Seiten hereinkommen.

Nur in der Jugend ist man wahrer Weltbürger; die besten unter den Alten sind nur Erdenbürger.

Zu jeder Zeit hat die Religion auf die Verfassungsurkunden der Staaten ihr Siegel gedrückt, und die Priester waren immer die Siegelbewahrer.

Unsre Seele, wenn sie die sterblichen Erfahrungen ablegt und allein nur lebt in heiliger Ruhe, ist sie nicht wie ein unbelaubter Baum? Wie ein Haupt ohne Locken?

Es gibt keinen Menschen, der nicht die Freiheit liebte; aber der Gerechte fordert sie für alle, der Ungerechte nur für sich allein.

Die Deutschen bilden sich so viel auf ihre Bescheidenheit ein; das kommt mir vor, als wollte ein Hase mit seiner Furchtsamkeit prahlen.

Die Wahrheit dient oft nur als Leiter zur Lüge, der man verächtlich den Rücken wendet, sobald man die Höhe erreicht hat.

Die Deutschen sind in einem unseligen Wahne befangen. Sie meinen immer noch, es käme darauf an, Recht zu haben.

Der wahre Mut ist nicht bloß ein Luftball der Erhöhung, sondern auch ein Fallschirm des Herabsinkens.

Die Macht aber, die eine Regierung zum Vorteil des Volkes übt, ist eine Pflicht, kein Recht!

Nichts ist herrenlos auf dieser Erde, nicht einmal der Herr, nichts ist frei, nicht einmal die Luft, man kann sie dir nehmen.

Die Fürsten hätten sich und ihren Völkern viel Unglück ersparen können, wenn sie die Hofnarren nicht abgeschafft hätten. Seit die Wahrheit nicht mehr sprechen darf, handelt sie.

Es läßt sich’s berechnen, daß die Spitzbuben weit mehr Vorteile von der bürgerlichen Gesellschaft ziehen als die ehrlichen Leute.

Welche Sprache darf sich mit der deutschen messen, welche andere ist so reich und mächtig, so mutig und anmutig, so schön und mild als unsere?

Nadelstiche sind schwerer zu parieren als Schwerthiebe – das haben sie endlich gelernt, die Verfechter der alten Zeit.

Die Hoffnungen guter Menschen sind Prophezeiungen, die Besorgnisse schlechter sind es auch.

Nicht allen Revolutionen gehen Zeichen und Warnungen vorher, es gibt auch eine politische Apoplexie.

Die Deutschen lassen sich leicht unter eine Hut bringen; aber unter einen, schwer. Sie sind nur einig, wo es etwas zu leiden gibt, wo zu tun, niemals.

Der Mensch ist wie eine Spieldose – ein unmerklicher Ruck, und es beginnt eine andere Melodie.

Es ist Heuchelei oder Torheit, zu behaupten, das Volk müsse erst gebildet werden, um Freiheit ertragen zu können; die Freiheit muß der Bildung vorausgehen, sie ist Mutter und Lehrerin.

Nichts ist dauernd als der Wechsel; nichts beständig als der Tod. Jeder Schlag des Herzens schlägt uns eine Wunde, und das Leben wäre ein ewiges Verbluten, wenn nicht die Dichtkunst wäre.

In Deutschland schreibt jeder, der die Hand zu nichts anderem gebraucht, und wer nicht schreiben kann, der rezensiert.

Schädliche Ideen werden oft nur durch Mitteilung unschädlich gemacht. Manche Gedanken in der engen dunklen Brust eines Menschen sich entzündend, haben Zerstörung um sich her verbreitet, und würden, hätten sie bei Tag und frei sich entladen dürfen, gefahrlos und lächerlich verpufft sein.

Der Frühling, die Nachtigall, das Morgenroth, des Mädchens holder Blick – es ist Nichts. Alles ist die Jugend.

Beschränkten Menschen ist es eigen, daß sie die wenigen Ideen, die in dem engen Kreise ihrer Fassungskraft liegen, mit einer Klarheit ergreifen, die uns in der Schätzung ihres Geistes oft irre macht. Sie sind wie Bettler, die das Gepräge und die Jahreszahl jedes ihrer Kreuzer kennen.

Das Weib lebt nur, wenn es liebt, es findet sich erst, wenn es sich in einem Mann verliert.

Es ist mit der Freiheit wie mit der Herrschaft. Wie die Machthaber immer nach größerer Macht streben müssen, um die zu schützen, die sie haben: so haben die Bürger nie Freiheit genug, wenn sie nicht zuviel Freiheit haben.

Nicht die Jahre, die Erfahrungen machen alt; darum wäre der Mensch das unglücklichste aller Geschöpfe, wenn er ein fleißiger Schüler der Erfahrung wäre. Daß jedes neue Geschlecht und jede neue Zeit von der Wiege ausgehe – das ist es, was die Menschheit in ewiger Jugend hält.

Hätte die Weltgeschichte ein Sachregister, wie sie ein Namensregister hat, könnte man sie besser benutzen.

Ein konstitutioneller Thron ist ein Armsessel, ein absoluter Thron ist ein Stuhl ohne Lehne.

Die Liebe ist jene Flamme, welche die Götter den sterblichen mißgönnen, und die Eifersucht ist der fressende Geier, der den Diebstahl furchtbar rächt.

Die wahre feine Lebensart, welche mehr tut, als mit Blitzesschnelle eine gefallene Stricknadel aufheben, entspringt entweder aus der Tiefe des Geistes oder aus der Fülle des Herzens, und weder der Tanzmeister lehrt sie noch Chesterfield.

Wer zu den Köpfen redet, muß viele Sprachen verstehen, und man versteht nur eine gut. Wer mit dem Herzen spricht, ist allen verständlich.

Anekdoten sind die Henkel großer Seelen, durch welche diese faßlich werden für den Hausverstand.

Doch hat es jeder Tyrannei an Unverschämtheit gefehlt, wenn sie aus Spott eine Rechtfertigung sucht, über die sie ihre Gewalt erhob?

Den deutschen Schriftstellern ergeht es jetzt oft wie jenem jungen Offizier in seiner ersten Schlacht, der sich tötete aus Todesfurcht – sie zensieren sich selbst aus Furcht vor der Zensur. Es ist eine unselige Schwäche!