Zitate von Ludwig Börne
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Ein Kind in der Hütte ist mehr als ein Greis auf dem Throne. Schon darum muß man suchen, Vater zu werden, um Kinder ohne Neid betrachten zu können.
Es gibt Fußpfade, die zu dem Geiste und Herzen der Menschen schneller und anmutiger führen als jene staubigen Heerstraßen einer feindlichen und grämlichen Lehre, auf welchen die Hartnäckigkeit den Angriff erwartet, sich verteidigend in den Weg stellt oder uns mit ihren Ausfällen zuvorkommt.
Mir ist keine Frau bekannt, die ein dummer Mann unglücklich gemacht hätte, und keine, die mit einem, genialen Mann glücklich gelebt
Das Vaterland der Gedanken ist das Herz; an dieser Quelle muß schöpfen, wer frisch trinken will.
Die meisten Menschen sind unzufrieden, weil die wenigsten wissen, daß der Abstand zwischen Eins und Nichts größer ist als der zwischen Eins und Tausend.
Es gibt nur eine verwerfliche Meinung, die verwerfende, welche keine andere, als die ihr gleichen, duldet.
Von jeder Staatseinrichtung, welche das Wohl der Bürger zum Zwecke hat, ist derjenige Teil, der von der Menge begriffen wird, immer der wichtigste.
Was ist der Mensch für ein sonderbares Geschöpf! Aber gut, daß er so ist, daß er den Verzerrungen des Schmerzes eine possierliche Grimasse, der furchtbarsten Leidenschaft ihre Lächerlichkeit abzugewinnen versteht.
Um die Menschen klug zu machen, muß man klug sein; sie dumm zu machen, muß man dumm scheinen.
So ein eitles Tier ist der Mensch, daß er lieber sich selbst herabwürdigt als sein philosophisches System.
Es ist nichts angenehmer, als aus einem Übel, das uns begegnet, Vorteil ziehen – und man kann das immer. Dieses ist in einem andern als dem gewöhnlichen, aber in einem schönern Sinne eine Schadenfreude. Man kann den Teufel nicht feiner prellen.
Kennst du den Scherz nicht, so kennst du den Ernst nicht; denn der Scherz ist der Staubfaden des Ernstes, sein Geschlecht anzeigend.
Philosophen sind nicht mehr als die Schmiede, die den Pflug verfertigen; da muß noch gar vieles geschehen, bis man das Brot an den Mund bringen kann.
Nur die Glücklichen kommen ins Paradies. Die Unglücklichen sind verdammt, in jenem wie in diesem Leben.
Verleumder gleichen den Windbüschen; man hört sie nicht, man sieht nur ihre Opfer fallen, die Sperlinge.
Um einer Wahrheit Dasein wird selten gestritten, auch nicht zwischen den feindlichsten Gesinnungen; gekämpft wird nur um die Grenzen einer Wahrheit.
Der Mensch wird in der Fremde geboren; leben heißt die Heimat suchen, und denken heißt leben.
Gewöhnlich schreibt man dem das Werk zu, der die letzte Hand daran legte. Daher trägt ein Tölpel so oft den Preis davon, wenn er geschickt genug ist, zu einer Geige den mangelnden Bogen zu verfertigen.
Sie wollen keine Preßfreiheit, weil sie glauben, der Wind drehe sich nach der Wetterfahne.
Es gibt Menschen, die wohnen auf dem Cimborasso der Gemeinheit. Es ist unmöglich, ihnen beizukommen – sie behalten immer recht. Der Witz, der sie aufsucht, sinkt schon am Fuße des Berges entatmet nieder und bekennt mit Scham, daß ein Prügel besser sei als eine Lanze.
Wie das Aufwühlen des Pfluges die Erde empfänglich macht, ebenso wird das Menschenherz durch die scharfe Schneide des Mißgeschicks empfänglich gemacht.
Ein Blutstrom fließt durch achtzehn Jahrhunderte und an seinen Ufern wohnt das Christenthum.
Was nützen uns oft die wärmsten Freunde? Sie lieben uns höchstens wie sich selbst – aber wie lieben sie sich selbst!
Sinnliche Ausschweifung ist viel öfter die Folge als die Ursache einer zerrütteten Gesundheit.
Wie man sagt: der Gedanke schafft den Ausdruck, kann man auch sagen: der Ausdruck schafft den Gedanken.
Das Herz kommt jeden Morgen warm und mürbe aus dem Backofen des Bettes, und abends ist es kalt, hart und trocken, wie eine alte Semmel. Der Morgen, der Frühling des Tages, schmilz die Bosheit des vorigen Abends weg. Ach, wenn der Schlaf nicht wäre!
Um Kindern Moral in Beispielen zu lehren, dazu gebraucht man die Geschichte. Das heißt, ihnen Schwert und Lanze als Messer und Gabel in die Hände geben.
Liebe ist eine Schmeichelei, die allen gefällt, Hohen wie Niederen, Kindern wie Erwachsenen, Guten wie Bösen – und sie ist auch Gott gefällig.
Ich bin Deutscher und bin stolz darauf, es zu sein, doch immer erröte ich ich dessen, wenn ich höre, daß Deutsche selbst ihr Vaterland verachten.
Ein Briefwechsel ist wie ein Ehebund. Die Stille und die Einsamkeit erlaubt und verleitet viel zu sagen, was man andern verschweigt, ja was man mitteilend erst von sich selbst erfährt.
Die öffentliche Meinung bildet eine Volksbewaffnung, die unbesiegbar ist, und welcher das stehende Heer der Regierungsgedanken früher oder später unterliegen muß.
Wenn große Reichtümer durch viele Geschlechter einer Familie herab erben, dann führt die Gewohnheit zur Mäßigkeit des Genusses; die Fülle wird geordnet und um jeden Glanz der Vorhang des Geschmacks gezogen.
Es ist die größte Dummheit der Maus, daß sie, einmal in der Falle gefangen, nicht wenigstens noch den Speck, der sie hineingelockt hat, verzehrt.
Ein deutscher Journalist verkauft sein Gewissen, ein französischer verkauft seine Aktien… Ein deutscher Journalist stellt sich an den Pranger, ein französischer begnügt sich, ihn zu verdienen.
Das Philosophieren ist eine angeerbte Krankheit des menschlichen Geistes, der Fluch des mit Schmerzen Gebärens.