Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Der Künstler versäume nie, die Spuren des Schweißes zu verwischen, den sein Werk gekostet hat. Sichtbare Mühe ist zu wenig Mühe.
Das ist meine Weltanschauung, wer aber die gegenteilige hat, kann weise sein, sagt der Weise. Das ist meine Weltanschauung, und wer eine andere hat ist ein Tor, sagt der Tor.
Was noch zu leisten ist, das bedenke; was Du schon geleistet hast, das vergiss.
Mit einem Buche: Mit schlimmsten Namen darfst mich nennen, Darfst mit mir gehn ins strengste Gericht, Darfst mich zerreißen, verlieren, verbrennen, Nur mich verleihen, das darfst du nicht.
Dass so viel Ungezogenheit gut durch die Welt kommt, daran ist die Wohlerzogenheit schuld.
Wenn der Mensch etwas verschweigen will, dann gibt es keine Macht auf Erden, die ihm sein Geheimnis entreißt.
Ausnahmen sind nicht immer Bestätigungen der alten Regel; sie können auch die Vorboten einer neuen Regel sein.
Man bleibt ein Tor bis ins höchste Alter, aber man hat nicht mehr das Recht, ein Tor zu sein. Oh, jung sein, jung sein, und das Recht haben, ein Tor zu sein!
Wenn zwei Menschen zugleich anfangen, einander zu lieben, das ist ein großes Glück. Ein noch größeres Glück aber ist, wenn beide auch zu gleicher Zeit aufhören, einander zu lieben.
Ein wahrer Freund trägt mehr zu unserem Glück bei, als tausend Feinde zu unserem Unglück.
Der Schmerz ist der große Lehrer der Menschen. Unter seinem Hauche entfalten sich die Seelen.
Die meisten Menschen ertragen es leichter, daß man ihnen zuwider handelt, als daß man ihnen zuwider spricht.
Es gibt nichts Böses, aber auch kaum etwas Gutes, das nicht schon aus Eitelkeit getan worden wäre.
Der Schwächling ist immer bereit, sogar seine Tugenden zu verleugnen, wenn sie Anstoß erregen sollten.
Glücklich, der nach seinem Sinn leben kann, ohne dabei eine Pflicht zu verletzen.
Am weitesten in der Rücksichtslosigkeit bringen es die Menschen, die vom Leben nichts verlangen als ihr Behagen.
Die Gewohnheit ist langlebiger als die Liebe und überwindet manchmal sogar die Verachtung.
Die Menschen, die wir am meisten verwöhnen, sind nicht immer die, die wir am meisten lieben.
Die Hoffnung auf den Sperling fern am Dachesrand Ist schöner als die schönste Taube in der Hand.
Gedanken, die schockweise kommen, sind Gesindel. Gute Gedanken erscheinen in kleiner Gesellschaft. Ein göttlicher Gedanke kommt allein.
So reich unser Leben an wohlausgenützten Gelegenheiten war, vortrefflichen Menschen nahezustehen, so reich ist es überhaupt gewesen.
Es geschieht zu jeder Zeit etwas Unerwartetes; unter anderem ist auch deshalb das Leben so interessant.
Welch ein Unterschied liegt darin, wie man’s macht, und wie sich’s macht!
Ein Nichts vermag das Vertrauen in die eigene Kraft zu erschüttern, aber nur ein Wunder vermag es wieder zu befestigen.
Scribe sagt in seiner Erzählung „Le roi des carreau“: „Ich will mich jetzt beeilen, sein dickes, sehr geistreiches Buch zu schreiben, um dann das Recht zu haben, während meines ganzen Lebens dumm zu sein.
Zu jeder Zeit liegen einige große Wahrheiten in der Luft; sie bilden die geistige Atmosphäre des Jahrhunderts.
Das eine ist: bewundert zu werden, ein anderes: ein Leitstern zu werden, der den Geängstigten rettet.
Solange es mehr faule als fleißige Menschen gibt, bleibt der sozialistische Staat eine Utopie.
Wer in der Gegenwart von Kindern spottet oder lügt, begeht ein todeswürdiges Verbrechen.
Die Natur hat leicht verschwenden; auch das scheinbar ganz nutzlos Verstreute fällt zuletzt doch in ihren Schoß.
Die stillstehende Uhr, die täglich zweimal die richtige Zeit angezeigt hat, blickt nach Jahren auf eine lange Reihe von Erfolgen zurück.
Der Arme will nicht für arm, der Reiche nicht für reich gelten, der erste fürchtet verachtet, der zweite ausgebeutet zu werden.
Die Eitelkeit weist jede gesunde Nahrung von sich, lebt ausschließlich von dem Gifte der Schmeichelei und gedeiht dabei in üppigster Fülle.