Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Es kommt vor, daß Berge Mäuse gebären; manchmal tritt aber auch der entsetzliche Fall ein, daß einer Maus zugemutet wird, einen Berg zu gebären.
Das gibt sich, sagen schwache Eltern von den Fehlern ihrer Kinder. O nein, es gibt sich nicht, es entwickelt sich!
Ein Vergleich Der Maulwurfshügel sprach zum Vulkan: Du Weichling! Was tobst Du und machst die Welt zum Zeugen Deiner inneren Kämpfe? Auch ich habe de meinen, – wer aber hat mich jemals Feuer speien gesehen.
Zwei sehr verschiedene Tugenden können einander lange und scharf befehden; der Augenblick bleibt nicht aus, in dem sie erkennen, daß sie Schwestern sind.
Ich bin im Leben wohl auch manchem Menschen begegnet, aber spazieren sind wir miteinander nicht gegangen.
Ein Mann, der sich im Gespräch mit einer Frau widerlegt fühlt, fängt sogleich an, sie zu überschreien. Er will und kann beweisen, daß ihm immer, auch wenn er falsch singt, die erste Stimme gebührt.
Nichts ist schwerer, als den gelten zu lassen, der uns nicht gelten läßt.
Unser Stolz auf den Besitz einer guten Eigenschaft erleidet einen argen Stoß, wenn wir sehen, wie stolz andere auf das Nichtbesitzen der selben guten Eigenschaften sind.
In den meisten Fällen ist die Familie für ein junges Talent entweder ein Treibhaus oder ein Löschhorn.
Wenn der Mann das Amt hat und die Frau den Verstand, dann gibt es eine gute Ehe.
Die Männer sind auf allen Gebieten die Führenden, nur auf dem Weg zum Himmel überlassen sie den Frauen den Vortritt.
Ich bin ein Kind meiner Zeit und will es sein; aber ein Kind meiner Tage will ich nicht sein.
Autoren, die bestohlen werden, sollten sich darüber nicht beklagen, sondern freuen. In einer Gegend, in der Waldfrevel nicht vorkommt, hat der Wald keinen Wert.
Der Umgang mit einem Egoisten ist darum so verderblich, weil die Notwehr uns zwingt, allmählich in seinen Fehler zu verfallen.
Das ist eine arme Frau, die nichts mehr zu geben hat wenn sie sich hingegeben hat.
Die größte Gleichmacherin ist die Höflichkeit; durch sie werden Standesunterschiede aufgehoben.
Das Erfundene kann vervollkommnet, das Geschaffene nur nachgeahmt werden.
Wer es versteht, den Leuten mit Anmut und Behagen Dinge auseinander zu setzen, die sie ohnehin wissen, der verschafft sich am geschwindesten den Ruf eines gescheiten Menschen.
Nicht teilnehmen an dem geistigen Fortschreiten seiner Zeit, heißt, moralisch im Rückschritt sein.
Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir meinten, nichts getan zu haben.
Wer hat nicht schon das, was er sich zutraut, für das gehalten, was er vermag?
„Ich bin die Mächtigste“, sprach die Natur, und – die Mode lachte: „Komm du nur in meine Hände, und wir wollen sehen, wie ich dich zurichte!“
Wahre Dichtungen halten der Zeit den Spiegel nur insofern vor, daß sie die Zeit in der Ewigkeit sich spiegeln lassen.
Mit Dornen ist zum Quell der Gnadengaben Der dunkle Weg bestreut, Gerungen mußt du, mußt gelitten haben, Gesündigt und bereut.
Der alte Satz: Aller Anfang ist schwer, gilt nur für Fertigkeiten. In der Kunst ist nichts schwerer als beenden und bedeutet zugleich Vollenden.
Den alten Aposteln Fast gleichen die jungen, Nichts fehlt ihnen mehr Als feurige Zungen.
Charakter eines Menschen: seine gebändigte, zugehauene, zugeschliffene, oder seine wild wuchernde Natur.
Jeder Dichter und alle ehrlichen Dilettanten schreiben mit ihrem Herzblute, aber wie diese Flüssigkeit beschaffen ist, darauf kommt es an.
Das Vernünftige ist durchaus nicht immer das Gute, das Vernünftigste jedoch muß auch das Beste sein.
Um in eine Versammlung feiner Leute treten zu dürfen, muß man den Frack tragen, die Uniform oder – die Livree.
Nichts entfernt zwei innerlich wenig verwandte Menschen mehr voneinander, als das Zusammenleben.
Geduld mit der Streitsucht der Einfältigen! Es ist nicht leicht zu begreifen, dass man nicht begreift.
Lacht nur über das Alter, ihr Jungen, ihr lacht nur über eine Vergangenheit, die eure Zukunft ist!
Feiere jeden Geburtstag als ob es der letzte wäre und bedenke, daß Liebe das einzige Geschenk ist, das wirklich die Mühe wert ist, zu geben.