Michel Tournier Zitate

Das Geschlecht ist die Zentrifugalkraft, die einem hinaustreibt.

Es ist verblüffend zu sehen, wie soviel Schwachheit und Einfalt es schaffen, dass alle Widerstände, alle zweifelnden Bedenken sich vor ihnen beugen zu einem großen, herrlichen Ziel.

Jedem die Dosis Wahrheit, die er verträgt, die er verdient.

Sympathisch und intelligent anstatt hübsch und elegant: Ich habe Jahre gebraucht, um mich mit diesem Schicksal abzufinden, letzten Endes habe ich akzeptiert, dass es, wenngleich nicht viel mehr wert, auch nicht unbedingt ein Fluch ist.

Was ist Ehebruch anderes, als eine Art Sich-Öffnen – freilich in recht schüchternen Grenzen.

Der Politiker will Ordnung, der Künstler Unordnung. Er muss in einem unordentlichen Milieu leben, sonst kann er nicht schöpfen.

Man gründet eine Politik nicht auf Wunder.

Der Machtwille mancher Frauen lässt sich nur auf einen reduzierten Mann ein, der schlapp wie ein leerer Handschuh ist.

Eine Nation ist zuerst einmal ein gemeinsamer Wille.

Mein Leben ist ein kontinuierliches Lernen.

Nirgends wuchert das Mögliche so üppig, wie auf den Trümmern des Realen.

Ich entdeckte, dass Größe das einzig wahre Heilmittel für unglückliche Liebe war.

Der Mensch leidet mehr und mehr unter Einsamkeit, weil er immer größeren Reichtum und immer mehr Freiheit genießt.

Die DDR existiert, sie hat ihre Persönlichkeit. Wenn eine Wiedervereinigung kommt, muss das ganze Deutschland eine qualitative Änderung erfahren.

Was sie die Welt unter dem Schnee nennt: alles, was vergraben ist, aber pulsiert und was man lernen muss, um zu begreifen.

Ich hatte begriffen, dass höchste Herrschertugend die Fähigkeit ist, tüchtige und rechtschaffene Männer um sich zu scharen und ihnen Vertrauen zu schenken.

In einem Land, das Dichter einsperrt oder ins Exil treibt, müssen zwangsläufig auch die Hausfrauen vor den Läden Schlange stehen.

Wir sind eingefleischte Egoisten, und wenn wir über einen anderen zu weinen glauben, beweinen wir bloß uns selber.

Die maßlose Vorliebe der Intellektuellen für Wort und Schrift verdirbt ihnen oft ihre bernsteingefädelten Projekte.

Legenden leben von dem, was in uns ist. Sie haben ihre Wahrheit nur daher, dass unserer Herzen Komplizen sind.

Wo zwei Menschen vereint sind, ist der, der am meisten liebt, gerade dadurch stets der Schwächere, Ungeschicktere, Verletzliche und weniger Glückliche.

Ich errötete vor Zorn und Scham, wenn ich daran denke, zu welcher Verächtlichkeit ich durch die Liebe herabgesunken war.

Die Wiedervereinigung Deutschlands ist eines der glücklichsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts.

Meine Landsleute wollen geistig, geistvoll, leichtfertig und graziös sein, dabei sind sie die plumpesten Leute der Welt, total verrückt an Größenwahn und Willen zur Macht.

Mein Vater und mein Großvater sind mit 76 gestorben. Da fände ich es ganz richtig, das auch zu tun.

Ein stockbesoffener Wüstling, bis an die Zähne bewaffnet und trunken im Bewusstsein, straflos zu bleiben, ist für die Menschheit weniger gefährlich als manche Chirurgen.

Aktiv am Widerstand teilzunehmen und darauf pochen, daran teilgenommen zu haben, entspricht höchst unterschiedlichen, ja unvereinbaren Grundeinstellungen.

Ohne ein Mindestmaß an Indifferenz gegenüber dem Leiden anderer kann man nicht gesund und aus dem Vollen leben.

Das Grauen vor dem Tod und die Befürchtung, jedem Moment zu sterben, schließen sich aus.

Das Absolute fällt der Verderbnis, das Ewige der Veränderung anheim.

Was ist das Geheimnis von so vielen Tugenden? Das es die Wirrnisse von Liebe und Fortpflanzung nicht kennt.

Die Franzosen sind literarischer als andere Völker.

Veit Harlan war ein kleiner Filmregisseur. Sehr amüsant, aber mehr ein Clown als ein großer Schöpfer.

Der schützende Firnis, mit dem sich der gute, kaltblütige Praktiker umgibt, um der inneren Auslaugung widerstehen zu können, bekommt Sprünge, wenn der Schlag zu heftig ist.

Der gesittete Staat ist ein Betrug, denn die Ordnung, die von der Polizei geschützt wird, ist das Diktat der herrschenden Gruppe.

Ich glaube, ein Romancier muss Personen erfinden, die ihm total fremd sind. Wenn er das nicht tun kann, ist er kein Romancier.

Das ist bei ausgebeuteten Klassen immer so. Kummer und Elend machen ihre Angehörigen roh und grausam gegeneinander, doch wissen sie alle, das dieser Kummer und dieses Elend dem ganzen Räderwerk und seinen Herren zuzuschreiben sind.

Der König herrscht, aber er regiert nicht. Bei den banalen Tagesaufgaben lässt er seinen Premierminister sich die Hände schmutzig machen.

Zu Hause besitzt man nichts, aber es fehlt einem auch an nichts.

Gewalt und Furcht sind unerbittlich die Ingredienzien irdischen Königtums und nicht nur Gewalt und Furcht, sondern ein Aussatz, der den Charakter befällt, und entsetzlich ansteckend ist und Gemeinheit, Doppelzüngigkeit und Treulosigkeit heißt.

Es gibt zwei Sorten von Menschen, die einen, die bleiben, wo sie geboren sind, und die anderen, die fort müssen.

Die Deutschen berufen sich auf Ordnung, Arbeit und Methode, dabei ist das Chaotische ganz typisch für sie.

Das Tragische ist, dass viele von uns weder in ihrer Heimat noch in der Fremde leben können.

Glück zu haben heißt, dass dahinter gleich die Falle kommen musste.

Komischerweise – und das ist sehr schlimm – bringen die unglücklichsten Erfahrungen der Kindheit und der Jugend am meisten Gewinn für die Zukunft.

Nicht jedes Wissen ist gut.

Was ist ein Ehekrach? Es ist der Triumph der Frau. Dann hat die Frau dem Manne solange zugesetzt, bis es ihr gelungen ist, ihm sein Schweigen zu entreißen.

Die menschliche Feigheit kennt keine Grenzen.

Zwischen der gesellschaftlichen Einordnungsfähigkeit und der Intelligenz einerseits und der Stufe der Sprachentwicklung anderseits besteht eine eindeutige Beziehung.

Ich hege für Günter Grass die größte Bewunderung.