Zitate von Peter Rudl
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Geistig betrachtet ist was oft so gemeinhin als Besonnenheit daherkommt nur eine Art Benommenheit.
Jemanden zum Lächeln zu bringen oder von jemandem zum Lächeln gebracht zu werden heißt schon sehr viel. Mehr kann und sollte man von einem anderen Geschöpf nicht erwarten, heißt existieren doch vor allem eins: immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen, einsam sein.
Was wäre wohl geistloser zu denken als alle Eindeutigkeit, die sich meist noch mit dem Feigenblatt der Klarheit schmückt?
Den Menschen bereits vor einem durch ihn bedingten Trauma zu verabscheuen, zeigt die wahre Intuition und Größe des Misanthropen.
Liebe: nichts für Anfänger und Alphatiere. Auf jeden Fall macht sie die Pupillen der Seele lichtstarr und weit. Koma garantiert.
Auf der anderen Seite des Lichts herrscht unhaltsame Nacht. Vielleicht ist es die Aufgabe des Geistes dessen Spiegel zu sein.
Nie findet sich bei ansonsten umsichtigen und besonnenen Menschen ein ärgerer Tunnelblick als im Zustand einer beschönigend so genannten Liebe oder besser Geilheit.
Liebe: ein Tummelplatz für Biedermänner und Brandstifter, mitunter auch ein Lehrstück über sie.
Phantasie: lustvolles Perineum. Nicht zwischen Genital und After, sondern zwischen Seele und Geist.
Das Leben ist eine Erfindung, die der eine früher, der andere später macht. Lüge steckt immer darin.
Man messe dem Leben nicht mehr Bedeutung als der kurzen Unterbrechung eines schönen Traums bei, die darum doch eo ipso dennoch nicht minder gut Traum sein kann.
Nichts ist gerechter als die Gleichgültigkeit, nicht zuletzt wohl deshalb, weil sie in der Regel nachgerade das Produkt zahlreicher Ungerechtigkeiten ist.
Die den Tod fürchten, können nicht mit ihm träumen. Geistesmenschen hingegen träumen allein mit ihm und immerfort, er ist ihr wahrscheinlich bester Freund und teilt ihre hohe Hingabe und Geduld.
Der Skeptiker begeht keinen Selbstmord, weil auch dieser sogenannte Ausweg für ihn längst jede Glaubwürdigkeit verloren hat.
Das Leben verfliegt nirgends so schnell wie an der Oberfläche, am großen Äquator der Dinge, wo die Rotationsgeschwindigkeit bekanntlich relativ am höchsten ist.
Träume sind die verwunschenen Inseln des Geistes. Richtig verstanden, schöpft er hier die größte Kraft.
Wenn eins dagegen spricht, daß der Mensch ein Affe ist, so allein die Tatsache, daß es sich hier zweifellos um ein Raubtier handelt, was man der Unterordnung der Simiae nun wirklich nicht nachsagen kann.
Ausweglosigkeit? Vielleicht dieses Gefühl, wenn die Quelle versiegt… fortgetragen vom Strom… Ohnmacht… Ohnmacht… uferlos…
Neugier ist etwas ganz und gar Widerliches, solange ihr nicht ein aufrichtiges Gespür der Freude und Vorfreude innewohnt, wo sie sich, um nur ein Beispiel zu nennen, etwa jeder Idee der Angst entfremdet dem Tod in der gezeitengleichen Gleichmut stiller Geduld widmet.