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Geistig betrachtet ist was oft so gemeinhin als Besonnenheit daherkommt nur eine Art Benommenheit.
Peter RudlVerlustangst: zweifellos einer der schmierigsten Egoismen.
Peter RudlVita. Mors. Tertium datur.
Peter RudlJemanden zum Lächeln zu bringen oder von jemandem zum Lächeln gebracht zu werden heißt schon sehr viel. Mehr kann und sollte man von einem anderen Geschöpf nicht erwarten, heißt existieren doch vor allem eins: immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen, einsam sein.
Peter RudlEin Realist hält alles für möglich.
Peter Rudlexistenz: ein Begriff der tunlichst nach Kleinschreibung verlangt.
Peter RudlDer Geist ist verführbar, aber nicht führbar.
Peter RudlKein Aufgeben verzeiht das Leben. Der Tod allein kann es entschuldigen.
Peter RudlWas wäre wohl geistloser zu denken als alle Eindeutigkeit, die sich meist noch mit dem Feigenblatt der Klarheit schmückt?
Peter RudlSchönheit ist eine sinnlose Metapher für das Wunder des Todes.
Peter RudlErleuchtung: trüber Denker Traum.
Peter RudlNichts ist erschütternder als die Schönheit.
Peter RudlLiebe? Eine Art Fallsucht.
Peter RudlSelbst im Hirn des geläutertsten weiblichen Wesens gibt es einen gebärwütigen Winkel.
Peter RudlRomantik: abgenutzter Euphemismus für gerade geistige Biederkeit.
Peter RudlDen Menschen bereits vor einem durch ihn bedingten Trauma zu verabscheuen, zeigt die wahre Intuition und Größe des Misanthropen.
Peter RudlLiebe: nichts für Anfänger und Alphatiere. Auf jeden Fall macht sie die Pupillen der Seele lichtstarr und weit. Koma garantiert.
Peter RudlAuf der anderen Seite des Lichts herrscht unhaltsame Nacht. Vielleicht ist es die Aufgabe des Geistes dessen Spiegel zu sein.
Peter RudlIllusion: die übliche Endstation aller Sehnsucht.
Peter RudlDie Wahrheit hat kein Sitzfleisch.
Peter RudlGeist exklusive gilt: Wirklichkeit ist trügerisch. Liebe inklusive.
Peter RudlNie findet sich bei ansonsten umsichtigen und besonnenen Menschen ein ärgerer Tunnelblick als im Zustand einer beschönigend so genannten Liebe oder besser Geilheit.
Peter RudlLiebe: ein Tummelplatz für Biedermänner und Brandstifter, mitunter auch ein Lehrstück über sie.
Peter RudlPhantasie: lustvolles Perineum. Nicht zwischen Genital und After, sondern zwischen Seele und Geist.
Peter RudlDas Leben ist eine Erfindung, die der eine früher, der andere später macht. Lüge steckt immer darin.
Peter RudlMan messe dem Leben nicht mehr Bedeutung als der kurzen Unterbrechung eines schönen Traums bei, die darum doch eo ipso dennoch nicht minder gut Traum sein kann.
Peter RudlNichts ist gerechter als die Gleichgültigkeit, nicht zuletzt wohl deshalb, weil sie in der Regel nachgerade das Produkt zahlreicher Ungerechtigkeiten ist.
Peter RudlWenn der Geist etwas verabscheut, dann ist es Schonung.
Peter RudlOmnia vincit silentium.
Peter RudlKunst ist wie eine Blutwäsche fürs Gehirn.
Peter RudlNirgends kommen wir dem Surrealismus so nahe wie im Orgasmus und im Tod.
Peter RudlSinn: in der Regel ein künstlich geglaubter Mangel an Alternativen.
Peter RudlGeist kennt keine Zeit.
Peter RudlMan muß immer wieder den Glauben verlieren, vielleicht und gerade weil man gläubig ist.
Peter RudlEs sind keine schlechten Künstler, die das Talent zum Leben eingebüßt haben.
Peter RudlDie den Tod fürchten, können nicht mit ihm träumen. Geistesmenschen hingegen träumen allein mit ihm und immerfort, er ist ihr wahrscheinlich bester Freund und teilt ihre hohe Hingabe und Geduld.
Peter RudlDer Skeptiker begeht keinen Selbstmord, weil auch dieser sogenannte Ausweg für ihn längst jede Glaubwürdigkeit verloren hat.
Peter RudlDenken, das den Namen verdient, setzt niemals Sitzfleisch an.
Peter RudlReue: sich bei seinem Schatten entschuldigen, daß die Sonne scheint.
Peter RudlDas Leben verfliegt nirgends so schnell wie an der Oberfläche, am großen Äquator der Dinge, wo die Rotationsgeschwindigkeit bekanntlich relativ am höchsten ist.
Peter RudlTräume sind die verwunschenen Inseln des Geistes. Richtig verstanden, schöpft er hier die größte Kraft.
Peter RudlNie ist ein Mensch erträglicher, als wenn er geht.
Peter RudlDer unbedingte Wille ist vor allem in der Liebe absolut tödlich.
Peter RudlWenn eins dagegen spricht, daß der Mensch ein Affe ist, so allein die Tatsache, daß es sich hier zweifellos um ein Raubtier handelt, was man der Unterordnung der Simiae nun wirklich nicht nachsagen kann.
Peter RudlDu glaubst zu leben, und Du wirst gelebt.
Peter RudlGeist: das Warten Gottes - auf den Menschen? Wohl kaum.
Peter RudlAusweglosigkeit? Vielleicht dieses Gefühl, wenn die Quelle versiegt... fortgetragen vom Strom... Ohnmacht... Ohnmacht... uferlos...
Peter RudlInsubordination: das Fundament allen Geistes.
Peter RudlNichts ist lebendiger und zugleich tödlicher als Vertrauen.
Peter RudlNeugier ist etwas ganz und gar Widerliches, solange ihr nicht ein aufrichtiges Gespür der Freude und Vorfreude innewohnt, wo sie sich, um nur ein Beispiel zu nennen, etwa jeder Idee der Angst entfremdet dem Tod in der gezeitengleichen Gleichmut stiller Geduld widmet.
Peter Rudl