Zitate von Peter Rudl
page 9
Krankenhäuser: dahin sollte es einen im Leben keine zweimal verschlagen und das eine Mal sollte allenfalls bei der Geburt sein.
Der Zeiten laute Kränklichkeit heilt nichts so gut wie das leise Glück der Vergänglichkeit.
Wie sollte eine Religion wohl etwas wert sein, die der Liebe mehr Platz einräumt als der Gerechtigkeit?
Tod: ein Spannungsabfall, der von den Akkumulatoren des Geistes, mag man sie Gottvater, Gottsohn, Teufel oder Seele nennen, zeitlos „überbrückt“ oder besser ausgepuffert wird. Der Widerstand spielt daher freilich keine kleine Rolle.
Der Sinn des Lebens, um einmal diese ganz irreführende und nackt und scheußlich zur totalen Singularität entstellte Begrifflichkeit zu gebrauchen, mag ja durchaus darin bestehen, Gnade vor oder besser in der Schönheit zu finden.
„Die Zeit drängt“ sagt das Leben, „die Zeit hängt“ sagt das Ende, „doch ineins sie henkt, so sie euch schenkt“ spricht der Tod und geht Licht auf eine kleine Weile.
Die Familie ist, worauf der Wortstamm famulus ja schon weist, das weit-verbreitete Wunschziel aller Sklavennaturen und Machthyänen.
Schuld: anerkennen, daß keiner frei davon ist, und nicht zuletzt ehrlich dazu stehen. Dreh- und Angelpunkt jedweder Charakterbildung. Hierbei gibt es keinen schlechten noch guten. Entweder man hat einen oder man hat keinen.
Es geht dem Menschen dank und trotz seines Geistes wo und wie immer er lebt viel zu gut, als daß er auch nur an einen Anspruch auf den Himmel denken dürfte.
„Die Liebe ist der Wunsch, geliebt zu werden.“ Wie recht Giraudoux damit hat und wie erbärmlich, wie abstoßend dieser Wunsch bei nackter Betrachtung doch anmutet.
Die Gärten der Lust kosten alle Sinne bis zur Neige aus und doch machen sie erst in ihrer Gesamtheit Sinn, wo sie dem Geist allerdings verdammt nahe kommen.
Man sollte das Leben nicht zu schwer nehmen, sonst zieht es sich unweigerlich. Es ist Leichtigkeit, mit der es verfliegt.
Wenn man auch nur einen Gedanken daran verschwendet, ob es überhaupt zu schaffen ist, wird man es in der Regel nicht schaffen.
Wer ständig die Ungerechtigkeiten beklagt, die einem widerfahren sind und bestimmt noch widerfahren werden, ist ganz sicher weit davon entfernt, auch nur im geringsten begriffen zu haben, was Gerechtigkeit überhaupt bedeutet.
Natürlich ist der Dichter auch immer ein Streiter wider die Vernunft und sei’s bloß aus Notwehr, weil sie seine Kunst ja erstickt.
So wie Uma die Gattin Shivas war, so gehen bis heute Wissen und Zerstörung eine immerwährende Ehe ein.
Naivität ist in ihrem besten Sinne nicht nur ein Privileg der Jugend sondern in ihrem fatalen Sinne auch Brutstätte der Liebe, des Glaubens und der letztendlich nur denkbar übelsten Sorten von Subordination.
Der moralische Zeigefinger gehört in der Regel immer zu einer Hand, die es sich auf Kosten anderer gutgehen läßt.
Eine der zugleich vollkommensten und unzulänglichsten Formen der Freiheit ist die Gewaltfreiheit, schließt sie doch den Freitod aus.
Güte erschließt sich in ihren beiden Bedeutungen oft erst am Ende eines langen Weges mit allerlei bitteren Rück- und Nieder-, aber auch notwendigen Brückenschlägen.
Das Vertrauen ist von seiner Würdigkeit durch den tiefen Abismo der Vernunft getrennt. Emotionen sind meist vertrauensselig. Das sicherste Fundament des Vertrauens aber gründet auf Gleichgültigkeit.
Der Agnostiker, den nichts hält, ist auch nur wieder ein Denker, der nichts und alles für möglich hält.