Zitate von Luc de Clapiers
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Wir sind nicht damit zufrieden, findig zu sein, wenn man nicht weiß, daß wir es sind, und um nicht unsern Ruhm davon einzubüßen, bringen wir uns oft um die Früchte.
Um ein Huhn zu braten, braucht man nicht viel zu überlegen, und trotzdem gibt es so viele schlechte Köche: so notwendig ist für jeden Beruf ein besonderer, von der Vernunft völlig unabhängiger Instinkt.
Wir begehen meist dadurch einen moralischen Irrtum, daß wir die Menschen behandeln, als wären sie entweder vollkommen oder ganz verdorben.
Der Wechsel der Erdenreiche, das ewig sich wandelnde Antlitz der Zeit, die Völker, die geherrscht haben, und alles, was ihr Geschick bestimmt hat, die Vorstellungen und Gebräuche der Religionen, die den Glauben der Völker gespaltet haben, Kunst, Moral, Wissenschaft – all dies, was kann es sein?
Es sieht nicht so aus, als ob die Natur die Menschen zur Unabhängigkeit geschaffen habe.
Man muß Kopf und Herz auf dem rechten Fleck haben, um Aufrichtigkeit sogar dann zu lieben, wenn sie kränkt, oder sich ihrer zu bedienen, ohne zu beleidigen. Wenige Menschen haben Kraft genug, die Wahrheit zu ertragen und zu sagen.
Man kann schlecht von einem Menschen denken und doch wahrhaft sein Freund sein. Wir sind nicht so zartbesaitet, daß wir nur die Vollkommenheit lieben könnten; es gibt sogar Laster, die uns gefallen, sogar an andern.
Kann uns etwas nicht schaden, so dürfen wir denen keine Aufmerksamkeit schenken, die uns davor schützen wollen.
Viele Vorbehalte und Hoffnungen, die im Prinzip gerechtfertigt waren, wurden in Abrede gestellt.
Was wir mit dem ehrenvollen Namen Frieden bezeichnen, ist oft nicht mehr als ein kurzer Waffenstillstand, in dem der Schwächere auf seine Ansprüche, seien sie nun gerecht oder ungerecht, verzichtet, bis er die Gelegenheit für günstig hält, sie mit neu erstarkter Waffengewalt wieder zu fordern.
Man erzieht die Kinder zur Folgsamkeit und zur Furcht, geizige, stolze oder ängstliche Väter machen aus ihnen sparsame, hochmütige oder unterwürfige Menschen, ja, man verleitet Kinder sogar zum Nachplappern. Niemandem aber kommt es in den Sinn, sie unabhängig, originell und selbstständig zu machen.
Es ist ein großer Unterschied, die Tugend leichtzunehmen, um sie sich anzugewöhnen, oder sie dem Laster gleichzustellen und sie dadurch zu zerstören.
Es ist leichter, sich mit einer Unzahl oberflächlicher Kenntnisse herauszuputzen, als weniges gründlich zu wissen.
Niemand glaubt sich geeigneter, einen Menschen von Geist zu hintergehen, als ein Dummkopf.
Es schmeichelt uns, wenn man uns als Mysterium eröffnet, was wir ganz natürlich gedacht haben.
Zähle nicht unbedingt auf die Achtung und das Vertrauen eines Menschen, der sich in deine Angelegenheiten mischt, ohne von den seinen zu sprechen.
Das Gefühl, nicht die Achtung eines Menschen erwerben zu können, treibt leicht dazu, ihn zu hassen.
O blinde Bosheit des menschlichen Geistes! Es gibt keine Widersprüche, deren sich der Neid nicht bediente, wenn es gilt, jemandem zu schaden.
Es würde wenig Glückliche geben, wenn es anderen zustünde, unsere Beschäftigungen und Vergnügungen uns vorzuschreiben.
Stille und Nachdenken verzehrt die Leidenschaften, wie Arbeit und Fasten die Launen bricht.
Wenn man sich nur ein wenig frei über Religion und das Elend des Menschen ausläßt, läßt man sich ohne Widerstand unter die überlegenen Geister einreihen.
Man zwingt die jungen Leute, ihr Vermögen zu verwenden, als ob es sicher wäre, daß sie alt werden müßten.