Zitate von Luc de Clapiers
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Kann keine auch nur ein wenig mutige Seele Glück, Gelassenheit oder nur Mäßigung sich wünschen, wenn sie dafür die Kraft ihrer Empfindungen, den Schwung ihres Geistes hingeben muß?
Trägheit ist die Furcht, sich bloßzustellen, haben die Wissenschaftler die Ehrlichkeit gelehrt.
Die Kunst zu gefallen, die Kunst zu denken, die Kunst zu lieben, die Kunst zu sprechen – lauter gut gemeinte Regeln, aber unnütz, wenn die Natur sie nicht lehrt.
Um festzustellen, daß ein Schriftsteller sich widersprochen habe, muß jeder Versuch gescheitert sein, ihn mit sich in Übereinstimmung zu bringen.
Es gibt manche Menschen, über die man besser schweigt, als daß man sie nach Verdienst lobt.
Die Faulen haben immer den Wunsch, etwas zu tun, und wenn es eine Partie Domino im Kaffeehaus wäre!
Will man Wesentliches sagen, gewöhne man sich zunächst daran, nichts Falsches zu sagen.
Der Grund, warum man die Philosophen nur mäßig schätzt, ist, daß sie uns nicht genügend reden von dem, was wir wissen.
Gekünstelter Stolz ist kindisch. Stützt er sich auf vorgegebene Eigenschaften, ist er auch lächerlich, und sind diese Eigenschaften gar frivol, ist er gemein. Das Wesen des echten Stolzes ist es, stets am Platz zu sein.
Je weniger man sein Glück verdienen will, um so mehr Mühe muß man sich geben, um es zu machen.
Jedermann denkt von einem Prosawerk, daß es weit schlechter sei, als wenn er es selbst gemacht hätte. Hättet ihr doch nur einmal einen Gedanken, der des Niederschreiben lohnte!
Wie wenig können doch die besten Ratschläge helfen, wenn unsere eigenen Erfahrungen uns so wenig belehren.
Wenn ein Gedanke oder ein Werk nur wenige interessieren, werden auch nur wenige davon sprechen.
Ich bin immer aufs Neue erstaunt, daß Könige nie die Probe wagen, ob Schriftsteller die großen Gedanken, die sie niederschreiben, auch auszuführen imstande sind. Aber das mag wohl daher kommen, daß sie nicht die Zeit finden, sie zu lesen.
Der Herrscher, der sein Volk nicht liebt, mag ein interessanter oder großer Mensch sein, ein bedeutender Herrscher ist er nicht.
Die Helden Corneilles ergehen sich in hochtrabenden Sinnsprüchen und großartigen Reden über sich selbst, und diese Aufgeblasenheit wird von jenen für Tugend genommen, denen das eigene Herz nicht sagt, daß zwischen echter Seelengröße und Prahlerei ein Unterschied besteht.
Nehmen wir uns die Mühe, einem Gedanken nachzuspüren, der uns besonders tief erscheint, merken wir nur allzuoft, daß er ein Gemeinplatz ist.
Ein origineller Geist begnügt sich nie mit der Bedeutung des Wortes, wenn er die Meinung des Autors erkennen will.
Was einer auch schreibt: für das breite Publikum sagt er nie genug und für die klugen Leser immer zuviel.
Man kann von den Menschen kaum verlangen, sie sollten aus Achtung für unseren Rat etwas tun, was sie aus sich selbst heraus nicht tun wollten.
Fremde Erkenntnisse und Erfahrungen nützen wenig. Jeder ist selbst seines Glückes Schmied.
Die Einzelheiten in ihrer Beziehung zueinander zu erfassen, ist Verstandesschärfe. Für viele und bedeutende Dinge die Verbindung zu finden, ist die Gabe der umfassenden Vernunft. Verstandesschärfe scheint demnach die erste wesentliche Voraussetzung des umfassenden Geistes zu sein.
Ein Dummkopf mit gutem Gedächtnis steckt voller Gedanken und Fakten, die er gehört oder gelesen hat, aber er weiß aus ihnen nichts zu folgern: und darauf allein kommt es an.
Manche Menschen verlangen von einem Autor, daß er sie in ihren Meinungen und Gefühlen festige, und andere bewundern ein Werk nur, wenn es alle ihre Ideen umstürzt und keines ihrer Prinzipien gelten läßt.
Beobachtet man die Art, in der man in den Spitälern mit den Kranken umgeht, so möchte man glauben, die Menschen hätten diese traurigen Zufluchtsstätten nicht erfunden zum Wohl des Kranken, sondern um den Glücklichen den Anblick zu ersparen, der sie in Ihrem Vergnügen stören könnte.