Zitate von Luc de Clapiers
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Es ist falsch, daß Gleichheit ein Naturgesetz sei. Die Natur hat nichts Gleiches erschaffen. Ihr oberstes Gesetz ist Unterordnung und Abhängigkeit.
Das Laster schürt zwar den Krieg, aber nur die Tugend kämpft. Wenn es eine Tugend gäbe, würden wir Frieden für immer haben.
Ob man den Tod standhaft oder jammernd erleidet, hängt von der Krankheit ab, an der man stirbt.
Die Untertanen erweisen ihre Huldigungen mit weit mehr Eifer, als die Fürsten sie hinnehmen. Die Zweckhaftigkeit ist ein stärkeres Motiv als der bloße Genuß.
Wie viel Eitelkeit man uns auch vorwirft, von Zeit zu Zeit haben wir es nötig gelobt zu werden.
Wenn es eine von Natur hilfsbereite und mitfühlende Selbstliebe gibt und eine Selbstsucht ohne Menschlichkeit, ohne Recht, ohne Maß und ohne jede Vernunft – muß man sie denn durchaus miteinander verwechseln?
Was den Wert des einen ausmacht, ist im andern nicht einmal als Schwäche ein Charaktermerkmal.
Man beklagt einen Menschen nicht, weil er ein Dummkopf ist, und vielleicht mit Recht. Aber es ist komisch, sich einzubilden, es sei seine Schuld.
Große Menschen unternehmen große Dinge, weil sie groß sind, und die Narren, weil sie sie für leicht halten.
Laster schließt Tugend nicht aus. Man darf den Menschen nicht leichtfertig zurückstoßen, zu dem uns noch etwas zieht. In einem solchen Fall muß man dem Herzen folgen, das uns hindrängt, und nicht dem Verstand, der uns fernhält.
Manche Werke veralten um derselben Vorzüge willen, um derentwillen sie nachgeahmt wurden.
Man vergißt aber auch eine Schande oft so leicht, daß man durch diese Gleichgültigkeit, wenn auch unbewußt, neue auf sich häuft.
Wie oft höre ich die Menschen doch behaupten, dieser oder jener Gedanke eines Werkes sei gar nicht neu. Fragt man sie aber, ob er der Wahrheit entspräche, schweigen sie betroffen.
Die erwachende Tugend eines jungen Menschen ist anmutiger als die ersten Tage des Frühlings.
Wenn Schönheit über die Augen herrscht, herrscht sie wahrscheinlich auch noch anderswo.
Der gewöhnliche Vorwand jener, die die andern unglücklich machen, ist, daß sie sein Bestes wollen.
Verzweiflung macht nicht nur das Maß unseres Unglücks voll, sondern auch das unserer Schwäche.
Nichts ist so natürlich im Menschen wie die Eitelkeit und nichts entfremdet ihn so sehr der Natur.
Man hat ein großes Schauspiel vor sich: Insgeheim grübeln die Menschen, wie sie sich gegenseitig schaden könnten, und doch müssen sie, wider Absicht und Verlangen, einander helfen.
Aller Gewinn, den man durch Verleihung hoher Posten an manche Menschen erzielt, beschränkt sich darauf, festzustellen, ob sie geschickt seien.
Wenn die Menschen nicht einander schmeichelten, könnten sie kaum in Gemeinschaft leben.
Wir mißtrauen dem Tun und Treiben der bedeutensten Menschen eher als unseren eigenen Ratschlägen.
Wir sind viel eifriger, die oft eingebildeten Widersprüche eines Schriftstellers aufzufinden, als aus seinen wahren Einsichten oder Trugschlüssen zu lernen.