Zitate von Luc de Clapiers
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Die Menschen werden die wahren Freuden erst erkennen, wenn man ihnen die trügerischen genommen, so wie der Same nur keimen kann, wenn man das Unkraut gejätet hat.
Wir vernachlässigen oft die Menschen, über die uns die Natur einen Einfluß verliehen hat. Gerade sie müßten wir an uns fesseln, denn die anderen sind ja doch nur anhänglich aus Eigennutz, schwankend und unverläßlich.
Die kurze Dauer des Lebens kann uns nicht von seinen Freuden abbringen, noch über seine Mühsal trösten.
Alles hat seine Ursache und geschieht, wie es geschehen muß. Es gibt keine Instanz, die man gegenüber Gefühl oder Natur anrufen könnte. Ich verstehe mich, aber es kümmert mich nicht, ob die anderen mich verstehen.
Die Schriftsteller nehmen unser Gut und verkleiden es, damit wir das Vergnügen haben, es wiederzuerkennen.
Die wahren Meister in Politik und Moral streben in ihren guten Plänen nach Zielen, die erreichbar sind, und nicht darüber hinaus.
Verachtung für Betrüger ist gewöhnlich nichts anderes als die Angst, selbst betrogen zu werden. Daher hassen die Schwachköpfe nicht nur die Künste der Verführung, sondern auch die Verschwiegenheit und Vorsicht der Klugen.
Die meisten Menschen altern in einem kleinen Kreis von Gedanken, die sie nicht einmal selbst gefunden haben. Vielleicht gibt es nicht so viele beschränkte als unfruchtbare Menschen.
Will man seinen Geist weder verschenken noch verbergen, setzt man gewöhnlich seinen guten Ruf aufs Spiel.
Die Schriftsteller nehmen uns unsern geistigen Besitz und verkleiden ihn, um uns die Freude des Wiederfindens zu machen.
Anerkannte Meinungen sollte man nicht lächerlich machen, denn damit verletzt man nur ihre Anhänger, ohne sie zu überzeugen.
Oft vernachlässigen wir die Menschen, auf die wir von Natur aus Einfluß haben. Und gerade sie sollten wir für uns zu gewinnen suchen, denn alle anderen sind nur aus Eigennutz anhänglich – und welch wandelbarer Grund ist dies!
Für den Starken, der den Schwierigkeiten zwar mit ungleichen Kräften, aber mutig begegnet, ist eine Situation selten wirklich verzweifelt.
Geistesgegenwart ist für den Diplomaten meist nötiger als für den Minister – nicht selten entbindet das hohe Amt selbst von den geringsten Talenten.
Wenn der berühmte Autor der Maximen (La Rochefoucauld) so gewesen wäre, wie er alle Menschen zu schildern versucht hat, verdiente er dann unsere Achtung und den abgöttischen Kult seiner Anhänger?
Schnell arbeitender Verstand ist kein Vorteil, wenn er nicht auch gründlich ist. Die Vollkommenheit einer Uhr besteht nicht darin, schnell, sondern richtig zu gehen.
Wir sind weniger gekränkt, von Dummköpfen verachtet, als von bedeutenden Menschen auf Mittelmaß eingeschätzt zu werden.
Es ist leichter, etwas Originelles zu sagen, als bereits gesagte Dinge miteinander in Einklang zu bringen.
Dauernder Wohlstand kann oft im Augenblick zerrinnen, wie die sommerheißen Tage von einem einzigen Gewittersturm verweht werden.
Die Sucht nach Vergnügen und der Hang zur Prahlerei tragen bei vielen den Sieg über das Zweckmäßige davon, denn unsere Leidenschaften richten sich gewöhnlich nach den Bedürfnissen unseres Herzens.
Stets zu unterscheiden zwischen achtenswert und liebenswert ist ein Kennzeichen von Beschränktheit: Die großen Seelen lieben von Natur aus alles, was ihre Achtung verdient.
Wenn Schwäche in der Liebe verzeihlich ist, so sind es vor allem die Frauen, die durch sie herrschen.
Die Gesetze, die erlassen werden, sollen scharf, und die Menschen, die sie handhaben, nachsichtig sein.
Selten ist ein Unglück ausweglos; die Verzweiflung ist trügerischer als die Hoffnung.
Geduld erreicht bisweilen von den Menschen, was sie niemals zu gewähren dachten. Und Gelegenheit kann selbst die ärgsten Betrüger zwingen, ihre falschen Versprechungen zu halten.
Gute Bücher sind die Quintessenz der tüchtigsten Geister, der Inbegriff ihrer Kenntnisse, die Frucht ihrer langen Nachtwachen.
Der Mensch entschließt sich zur Ruhe, nur um Arbeit und Verpflichtung zu entfliehen. Und doch kann er das Leben nur handelnd genießen, nur so liebt er es.
Liebt man Altertümer nicht, so macht man sich nicht viel aus einer Denkmünze; ebenso legen die, welche kein Gefühl für wahres Verdienst haben, keinen sonderlichen Wert auf die größten.
Nur wenige Menschen sind bescheiden genug, um zu ertragen, dass man sie richtig einschätzt.
Die Philosophie ist eine veraltete Mode, die noch manche Liebhaber findet, so wie andere rote Strümpfe tragen der Welt zum Trotz.
Dem menschlichen Geist gelingt es eher, Einzelheiten genau zu erfassen, als sie folgerichtig aneinander zu reihen, und er umspannt meist mehr, als er vereinigen kann.
Gewöhnlich haben die Menschen den guten Willen zu helfen nur bis zu dem Augenblick, da sie es könnten.