Zitate von Ludwig Börne
page 6
Seid Glühwein oder brunnenkühles Wasser, nur nicht abgestandenes Naß, das jeden anekelt.
Große Geister sind Solospieler im Konzerte der Welt, und ihre Kadenzen unterbrechen den einförmigen Takt der Lebensmusik.
Der Mensch soll alles dulden, – aber auch die Unduldsamkeit? Es ist schwer, sehr schwer.
Wer würfeln muß zwischen Not und Sünde, ist glücklich zu nennen, wenn ihm nur die Not zufällt.
Der Wahn aller Regierenden, vom Minister bis zum Pedell herab, ist, dass das Regieren ein großes Geheimnis sei, welches dem Volke zu seinem Besten verschwiegen werden müsse.
Der Sauerteig eines widersprechenden Geistes scheint mir unentbehrlich, damit das Werk gedeihe und genießbar werde.
Es gibt immer noch wohltätige Menschen, und wer einmal so glücklich ist, unglücklich zu werden, dem wird geholfen. Früher freilich nicht!
In den Meinungskämpfen sei man dann am vorsichtigsten, wenn die Gegner sich uns nähern und uns bestimmen. Die Wahrheit dient oft nur als Leiter zur Lüge, der man den Rücken wendet, sobald die Höhe erreicht ist.
Um zu gefallen, muß man eitel sein. Man lernt der Eitelkeit anderer nur an sich selbst zu schmeicheln.
Die Weiber sind am gefälligsten, wenn sie Furcht haben; darum fürchten sie sich auch so leicht.
Die Regierungen, welche die Freiheit der Rede unterdrücken, weil die Wahrheiten, die sie verbreitet, ihnen lästig sind, machen es wie die Kinder, welche die Augen zuschließen, um nicht gesehen zu werden.
[…] und wer die Liebe zur Freiheit bis zum Wahnsinn steigert, daß er, um aller geselligen Bande los zu sein, wie ein Vogel in der Luft zu fliegen wagt, den trifft des Ikarus Geschick.
Dein Verstand ist schwankend, wird er nicht auf die Sinne gebaut; dein Glaube ist dunkel, wenn ihn die Vernunft nicht beleuchtet.
Und Herr Goethe, was ist das für ein Mensch! Welcher Hochmuth, welche Hoffahrt! Jetzt läßt er alle seine Handzeichnungen, wie sie jeder aus seiner Jugend aufzuweisen hat, im Kupferstiche erscheinen. Der verkauft noch seinen Windeln spannenweise! Pfui!…
Die Polizei müßte ein wachsames Auge auf die Moralisten haben, sie sind das für die Seele, was die Quacksalber sind für den Leib.
Die öffentliche Meinung ist ein See, wenn man ihn dämmt und aufhält, solange steigt, bis er schäumend über seine Schranken stürzt, das Land überschwemmt und alles mit sich fortreißt.
Die Welt ist ein Spiegel: was hineinschaut, schaut heraus; er gibt nur zurück, was ihr ihm geliehen.
Ein deutsches philosophisches System kommt mir vor wie ein Getreidefeld, zu dem man uns hinführt und uns freundlich einladet, uns satt zu essen.
In einem wohlorganisierten Staate muß jedes Glied abhängig vom Ganzen sein. Darum sollten darin keine Bettler und keine Philosophen geduldet werden. Denn beide sind frei: die ersten, weil sie nichts zu verlieren, die andern, weil sie nichts zu gewinnen haben.
Die Heilung eingewurzelter Staatsübel muß mit vieler Vorsicht unternommen werden. Oft werden politische Hautkrankheiten zurückgetrieben und hierdurch innere, weit gefährlichere Übel erzeugt.
Will man einen Menschen kennen lernen, dann sehe man nur, wie er sich benimmt, wenn er Geschenke annimmt oder gibt.
Herrschsucht ist die Freiheitsliebe einzelner, Freiheitsliebe ist die Herrschsucht aller.
Eine schwache Regierung zu stärken, muß man ihre Macht vermindern. Die Staatspfuscher begreifen das nicht.
Die einen wähnen, wenn sie nur Fenster hätten, dann ginge die Sonne nie unter; und die anderen wähnen, würden die Fester nur zugemauert, dann ginge die Sonne nie auf.
Heringe oder Sardellen – das ist der ganze Unterschied zwischen sonst und jetzt. Gesalzen sind sie immer noch und werden es immer bleiben.
Die Haushaltsbücher der Erfahrung sind darum so schwer zu benutzen, weil die Geschichte nur die einzelnen Posten bemerkt, aber nie Summe und Transport zieht.
Unter Mäßigung wird verstanden: die einen wollen den Tag, die andern wollen Nacht, der Minister aber will Mondschein, um beide Parteien zu befriedigen. Er betrachtet sich als die Zunge der Waage, die nur so lange aufrecht steht, als gleiches Gewicht in beiden Schalen liegt.
Warum Shakespeare auf deutschen Bühnen kein Glück macht? Weil man nicht gewohnt ist, mit Vorlegelöffeln zu essen.