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Die Freiheit, für die man kämpft, ist eine Geliebte, um die man sich bewirbt; die Freiheit, die man hat, ist eine Gattin, die uns unbestritten bleibt. Glauben Sie, daß ein braver Mann sein Weib nicht liebt, weil sein Herz still und friedlich ist?
Ludwig BörneLuther hatte es verstanden, als er dem Teufel das Tintenfaß an den Kopf geworfen! Nur vor Tinte fürchtet sich der Teufel; damit allein verjagt man ihn.
Ludwig BörneBeim Beginne einer Unternehmung und unweit des Zieles ist die Gefahr des Mißlingens am größten. Wenn Schiffe scheitern, so geschieht es nahe am Ufer.
Ludwig BörneWie Geizige Schätze sammeln, ohne sie zu gebrauchen, so häufen die Deutschen Grundsätze an, ohne sie anzuwenden.
Ludwig BörneJeder hat in seinem Leben einen schönen Kindertag, wo er, wie die ersten Menschen im Paradiese die Früchte des Feldes, so auch Liebe ohne Sorge und Mühe findet. Ist dieser Tag aber vorüber, erwirbst du, wie dein Brot, so auch Liebe nur im Schweiße deines Angesichts.
Ludwig BörneDie Zufälle, als sinnentstellende Druckfehler im Geschichtsbuche der Menschheit, werden zwar wie in den andern Büchern hinter dem Werke verzeichnet; aber sie können nicht wie in jenen auch verbessert werden.
Ludwig BörneEs ist zum Verzweifeln, daß ein Volk sich erst berauschen muß in Haß, ehe es den Mut bekommt, ihn zu befriedigen; daß es nicht eher sein Herz findet, bis es den Kopf verloren.
Ludwig BörneDem Sturme, und kommt er noch so plötzlich, geht doch ein warnendes Lüftchen vorher; aber wie schützt man sich gegen die Launen der Weiber?
Ludwig BörneWo wir unfähig sind, die Gesetze der Notwendigkeit zu erkennen, da glauben wir frei zu sein.
Ludwig BörneOb wir spotten oder ernst sind, kriechen oder hüpfen, zaudern oder fortstürmen, hoffen oder fürchten, glauben oder zweifeln, am Grabe begegnen wir uns alle.
Ludwig BörneFür Erfahrungen muß man teuer bezahlen, und trotzdem will niemand sie haben, wenn man sie verschenken möchte.
Ludwig BörneAuf der Weltbühne ist das Schicksal der Souffleur, der das Stück ruhig und leise abliest, ohne Gebärden, ohne Deklamation, und ganz unbekümmert, ob es ein Lustspiel oder ein Trauerspiel ist. Das Zappeln, das Schreien und übriges tun die Menschen hinzu.
Ludwig BörneDen Hochmut aus den Schlupfwinkeln eines menschlichen Herzens zu vertreiben, dazu ist selbst die himmlische Polizei nicht schlau genug.
Ludwig BörneDie Trostbedürftigen zu trösten und als befruchtender Himmel dürstende Seelen zu erquicken - dazu allein ward der Dichter nicht gesendet. Er soll auch der Richter der Menschheit sein und Blitz und Sturm, die eine Erde voll Dunst und Moder reinigen.
Ludwig BörneEin Drama aber muß ein ganzes, abgeschlossenes, lebendiges Wesen sein, das vor unsern Augen geboren wird und stirbt; das sein eignes Herz hat, seine eigenen Glieder, das sich bewegt nach eigenem Gesetze, seinen eigenen Dunstkreis hat und die Welt nur berührt, sie als Nahrung zu erfassen.
Ludwig BörneDie deutsche Geschichte gleicht einem ungebundenen Buche; so beschwerlich und verdrießlich ist sie zu lesen. Man muss oft die Bogen umwenden, verliert den Zusammenhang darüber, und Titel und Register liegen nicht selten in der Mitte versteckt.
Ludwig BörneEine angeborene Neigung und Richtung kann keiner ändern, und um zufrieden zu leben, muß jeder, was ihm lieb ist, auf eigenem Wege suchen.
Ludwig BörneEin Mann von Geist wird nicht nur nie etwas Dummes sagen, er wird auch nie etwas Dummes hören (wollen).
Ludwig BörneNicht wenn du liebenswürdig bist, wirst du geliebt; wenn man dich liebt, wirst du liebenswürdig gefunden.
Ludwig BörneEs ist in jedem Menschen eine Kraft gleich der des Dampfes, und wer diese zu finden und zu gebrauchen versteht, kann mehr vollbringen, als tausend andere vereinte Menschen.
Ludwig BörneAls Gott die Welt erschuf, da schuf er den Mann und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden und Christen, nicht Arme und Reiche.
Ludwig BörneGeistreiche Menschen geraten öfter in Verlegenheit als dumme; denn man muß Geist besitzen, um die Geistesgegenwart verlieren zu können.
Ludwig BörneDas Studium war mir das vorzüglichste Remedium gegen Lebensüberdruß; nie hatte ich Kummer, den eine Stunde, im Lesen zugebracht, nicht verscheuchte.
Ludwig BörneEs ist mit den Gesetzen der Mode wie mit denen des Staates: jene werden für die Häßlichen wie diese für die Ruchlosen gemacht, und die schönen Weiber wie die guten Bürger müssen sich ihnen, um der Ordnung willen, mit unterwerfen.
Ludwig BörneDem Trägen und Feigen aber leiht Gott nicht seine Kraft, sondern er verläßt ihn. Hilf dir selbst, dann wird der Himmel dir helfen!
Ludwig BörneAufrichtigkeit ist die Quelle aller Genialität, und die Menschen wären geistreicher, wenn sie sittlicher wären.
Ludwig BörneMan nimmt keinen Marmor zu dem Grundstein eines Gebäudes. Darum verlange man von starken Menschen nicht die Spiegelglätte einer Toilettenpuppe.
Ludwig BörneEitelkeit ist die sicherste Wächterin der öffentlichen Ruhe. Sie ist die Omphale des Ehrgeizes und legt ihm Rosenketten an. Wer am Schimmer des Goldes eine Freude findet, wird das Eisen nicht achten, und im Tanzschritte ist noch keiner auf den Thron gestiegen.
Ludwig BörneEs hat immer, solange die Welt besteht, Reiche und Arme gegeben, predigen uns die Moralphilister. Gut, so wollen wir einmal einige Abwechslung in die Weltgeschichte bringen.
Ludwig BörneDie Nachtigall singt nur im Dunkeln. So lernen wir die himmlische Melodie eines edlen Herzens erst kennen, wenn es trauert.
Ludwig BörneDie Lebenskraft eines Zeitalters liegt nicht in seiner Ernte, sondern in seiner Aussaat.
Ludwig BörneSo not tut es den lebenssüchtigen Menschen, sich eine Ewigkeit zu denken, daß sie, wenn ihnen die Brücke der Hoffnung verwehrt ist, auf der Brücke der Furcht hinübergehen.
Ludwig BörneDer Mensch muß innerhalb eines Totallebens irgendein Organ zum höchsten Leben individualisieren, daß es das Herrschende werde für die übrigen
Ludwig BörneDie nächsten Jahrhunderte werden weder den Deutschen noch den Franzosen, noch sonst einem anderen Volke oder einem Fürsten gehören, sondern der Menschheit.
Ludwig BörneDas Unglück ist der Ballast, der uns auf dem Ozean des Lebens im Gleichgewichte erhält, wenn wir keine Glücksgüter mehr zu tragen haben.
Ludwig Börne