Zitate von Manfred Poisel
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Die Schamröte ist die Farbe der kindlichen Unschuld: das betörendste Rouge an einer erwachsenen Frau!
In der besitzergreifenden Umarmung symbiotischer Vereinigung erwürgen wir das, was uns am Wertvollsten ist: Die Liebe des andern.
Je älter man wird, desto wertvoller wird einem das Leben. Wie alles eben, das man im Begriff ist zu verlieren.
Wenn wir tiefer über den Sinn unseres Lebens nachdenken, werden wir auch einen finden. Doch dieser ist aus uns selbst geboren. Wir haben sprichwörtlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Stellen Sie sich vor, Ihr PC begrüßt Sie nach dem Einschalten mit den Worten: „Ich bin Ich – und du bist du!“
Erst dann, wenn wir akzeptieren, daß die scheinbar unbegrenzte Freiheit unseres Willens einer Illusion unseres Bewußtseins entspringt, werden wir in Demut zu dem humanen Wesen werden, von dem man sagen könnte, daß es die höchstmögliche Stufe irdischer Evolution erreicht hat.
ENDE: das magische Wort am Schluß alter Filme, bei dem wir uns noch schnell ein Tränchen aus dem Gesicht wischten, bevor das Licht anging.
Mit Worten, die ich aus dem Zusammenhang reiße, kann ich eine Waffe gegen den Verfasser schmieden.
Die Ohnmacht des Augenblicks darf uns nicht töten. Schon ein Wimpernschlag weiter – und das Entsetzliche erscheint uns in milderem Licht.
Die Falten und Runzeln in der Hand eines alten Menschen sind die Blindenschriften in seinem Lebensbuch. Durch sanftes Darüberstreicheln können wir darin lesen.
Wenn wir uns in tiefster Finsternis befinden, sollten wir auch nur den geringsten Lichtspalt wahrnehmen wollen, der irgendwo durch eine Ritze unseres Seelenhauses blitzt. Er könnte uns das Leben retten.
Ein zärtliches Streicheln an der richtigen Stelle vermag eine Frau sinnlicher zu stimmen, als das teuerste Collier.
Zu unserer chemischen Umweltverschmutzung kommt die akustische hinzu. Die Unterhaltungsindustrie unternimmt alles, um Privates lautstark öffentlich zu machen.
Wenn narzißtischen Männern die Flamme erlischt, trauern sie mehr um das illusionäre Weibs-Bild, das sie von ihr in sich tragen, als um den Menschen, den sie dabei vielleicht verloren haben.
Eine Frau mit blühendem Narzißmus ist unersättlich: Der Mann muß ihrem vermeintlichen Liebreiz den Tribut einer Königin zollen – er ist das Menschenopfer auf dem Altar ihrer Liebe.
Es kann vorkommen, daß Gedanken in uns aufblitzen, die so scharf wie die Klinge eines Dolches sind: der Beweis für den Mörder in uns, der sich in diesem Moment aus seinem Gefängnis befreien wollte.
Fragen Sie doch mal einen von den jungen Typen im Bus oder in der S-Bahn ganz spontan, was ihm bei dem Wort „Herzensbildung“ gerade mal so einfällt. Ehrlich gesagt: Ich hätte auch nicht den Mut dazu.
Bei Abfahrt eines Zuges blitzt im winkenden Abschied schemenhaft das Weh endgültiger Trennung auf, obwohl wir in Gedanken ganz fest Händchen halten.
Ein Kind im Schlaf durch den plötzlichen Tod zu verlieren ist unermeßliches Leid. Zu dem unfaßbaren Verlust zwingt sich der Schmerz der eigenen Schuldzuweisung hinzu: ein Lebenslänglich, das kein gerichtlicher Freispruch zu nehmen vermag.
Das zutiefst ersehnte Wiedersehen mit einem geliebten Menschen ist ein Sonnenaufgang in unseren Herzen, dessen Morgenröte uns einen strahlenden Tag verspricht.
Verliebte kennen in ihrer Anmaßung keine Grenzen: wollen ihrer Geliebten die Sterne vom Himmel holen.
Da also wohnen wir – am Rand der Milchstraße: Galaktische Provinz; ausgestoßen und hingewürfelt.
Gewalt im Film ist zugleich Gewalt im Kopf des Zuschauers. Es kommt zu inneren Verletzungen.
Die brennende Leidenschaft des Fremdgängers schenkt der Erwählten das Glück, welches rechtmäßig seiner Frau zusteht. Er macht sich demnach des Orgasmus-Diebstahls schuldig.
Im Glas der geleerten Schnapsflasche schneidet uns unser Spiegelbild häßliche Grimassen.
Frauen brauchen Männer, um Kinder zu bekommen. Männer brauchen Frauen, um bemuttert zu werden.
In den Gesetzen des Universums muß etwas Spielerisches verborgen sein; ansonsten wäre es in seiner Schwere schon kollabiert.
Romantiker, Galane, Poeten: Sie gewinnen der Frauen Herz und Sinnlichkeit im Übermaß, während so mancher Muske(l)tier und Säbelfechter das Weib als Körper nur erobert.
Typisch weiblich ist es, ihm zuerst die Vase nachzuwerfen, um ihm dann im Bett eine langstielige Rose zu zaubern.
Der Mann, der einer Frau aus der Hand frißt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er in ihren Augen der Piepmatz bleibt.
Wenn wir Anfang und Ende des Lebens mit dem Überqueren eines imaginären Meeres vergleichen, so machen wir nach Jahren des heiteren und unbegrenzten Hingleitens auf einmal die schmerzhafte Entdeckung, daß es ein unaufhaltsam näherrückendes Ufer gibt.
Die Gesetze der Liebe und der Planeten sind im Prinzip gleich: Der periodische Wechsel von Annäherung und Entfernung der jeweiligen Körper untereinander verbindet sie in beständiger Harmonie.
Gott ist für mich das Mehr, das Unvorstellbare und Unbegreifbare, welches über die Gesamtheit allen Seins hinausragt und in das ich als Mensch, vergleichbar einem Sandkorn in der Wüste eingebettet bin.